32. Unentschlossenheit

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Ich überwand mich, was mich wirklich viel Mut kostete, und flüsterte: "Es geht um deine Mutter!"

Sie erstarrte. Langsam aber sicher wurden ihre Augen feucht. "Was ist mit ihr?" fragte sie mit zitternden Stimme. "Die Beerdigung wäre morgen Nachmittag in Spanien. Und wenn du dorthin möchtest, dann würden wir morgen in aller Früh mit dem Auto losfahren!" erklärte ich. Stille... Bis ich die Ruhe brach und die eigentliche Frage stellte. "Möchtest du zu der Beerdigung?" fragte ich meine Tochter. Sie blinzelte leicht, wodurch 3 Tränen ihren Weg über ihre Wange fanden. Sie zitterte und ihr Atem war flach. Ich erkannte, dass sie nicht bereit war, mir eine Antwort zu geben, weshalb ich einen Kompromiss schloss. "Liebling, du musst das aber nicht jetzt entscheiden. Ich bin morgen im Thronsaal. Also wenn du zu der Beerdigung möchtest, dann komm einfach um kurz vor 4.00 Uhr in den Saal. Ich würde mit dir fahren. Und wenn nicht, dann musst du auch nicht!" erklärte ich ihr. Stumme Tränen rannen über ihre blassen Wangen. "Darf ich dich in den Arm nehmen?" fragte ich. Sie zögerte, schüttelte dann aber den Kopf. "Ich akzeptiere es. Also wenn du reden möchtest, dann bin ich immer für dich da!" versprach ich Liv. Sie schluchzte, klappte das Buch zu und erhob sich. "Soll ich das Buch wegstellen?" bot ich an. Sie sah mich aus ihren eh schon roten, verweinten Augen an und nickte. Ich nahm es und sie rannte schluchzend aus der Bibliothek.

Warum musste das so kompliziert sein? Ich versuchte alles, aber ich komme nicht über diese Grenze weiter an sie ran. Was mache ich falsch? Schnell verstaute ich das Buch an seinem Platz und rannte in Vampirgeschwindigkeit in den Thronsaal. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich Marcus unbeabsichtigt komplett ignorierte, als ich den Saal betrat... Ich setzte mich auf meinen Thron und verweilte einige viele Stunden dort...

"ARO VERDAMMT!" schrien Caius und Marcus. Sie rissen mich aus meinen eigenen Fragen, sodass ich leicht zusammen zuckte. "Was?" fragte ich leicht genervt. "Was hat sie gesagt?" fragte Caius. "Gar nichts!" murmelte ich, doch jeder verstand es. "Wie gar nichts?" fragte er irritiert. "Sie hat angefangen stumm zu weinen. Ihr ganzer Körper hat gezittert und sie war unglaublich blass. Ich habe erkannt, dass sie mir keine Antwort geben kann. Also habe ich gesagt, dass sie, wenn sie zu der Beerdigung möchte, morgen früh um kurz vor 4.00 Uhr hier her kommen soll. Wenn nicht, wäre es auch Okay... Sie sah schrecklich aus in diesem Zustand. Ich habe gefragt, ob ich sie in den Arm nehmen darf, doch sie verneinte nach kurzem Zögern. Sie hat mich zwar ihr Buch wegbringen lassen, aber ist so schnell wie möglich weinend aus der Bibliothek geflohen", erklärte ich und raufte mir verzweifelt dir Haare. "Ich habe es nicht anders erwartet!" gab Marcus zu. "WAS?" rief ich und sah ihn geschockt an. "Ja, Aro was erwartest du von ihr? DASS SIE EIN PAAR WOCHEN NACH DEM TOD IHRER MUTTER FREUDESTRAHLEND ZU IHRER BEERDIGUNG GEHT? DAS SIE SICH IN DEINE ARME SCHMEISST? ARO DAS IST ALLES ANDERE, ABER NICHT LEICHT, WENN MAN JEMANDEN VERLOREN HAT! UND DAS MACHT DIE TATSACHE, DASS DU FÜR SIE KOMPLETT NEU UND FREMD ALS VATER UND PERSON BIST, AUCH NICHT BESSER!" schrie Marcus außer sich. Ich starrte ihn an. Er hatte Recht. Er hatte schon wieder Recht. Ich hatte gedacht, dass sich die Trauer nach einiger Zeit legt und sie wieder fröhlich wird. Doch das würde es niemals sein. Liv würde für immer und ewig um ihre einzige Mutter trauern. Sie wurde von Marry großgezogen. Und die beiden hatten eine enge Bindung. Liv würde immer einen Riss in ihrem Herzen tragen. Für immer würde sie Traurigkeit beim Thema Eltern und Familie verspüren. Liv würde für immer ein finsteres schwarzes Loch in ihrer Seele tragen müssen...

Liv:
Schluchzend hatte ich mich auf mein Bett geworfen und mich bis jetzt auch nicht bewegt. Immer wieder rannen mir Tränen über mein Gesicht, keine Aussicht auf Halt. So verbrachte ich die Stunden. Meine Augen brannten unglaublich und waren leicht geschwollen. Es war Mitternacht und ich rang mit mir selbst. Sollte ich zu der Beerdigung, oder nicht? Sollte ich zum Thronsaal oder, nicht?

Diese Frage quälte mich 3 weitere Stunden. Was, wenn ich am Grab in Tränen ausbrach? Was, wenn ich einen Nervenzusammenbruch erlitt? Ich hatte keinen Plan! Mich regte es auf, dass die Beerdigung in Spanien war. Was oder wem bringt das denn was? Ich wollte sie in meiner Nähe haben! Ich wollte zu ihrem Grab gehen und dieses täglich mit Blumen schmücken. Ich wollte ihr von meinem Leben erzählen! Ich wollte sie an meinem neuen Leben teilhaben lassen!

Doch das konnte ich nicht, denn das Grab war in Spanien. Und ich war nun in Italien...

Es klopfte. Ich reagierte nicht. Doch dann klopfte es wieder und ich vernahm eine bekannte Stimme: "Liv, ich Bins. Darf ich bitte rein kommen?" "FELIX!" schrie ich schon halb. Ich rannte zur Tür und öffnete sie. Dort stand er und ich fiel ihm sogleich um den Hals. "Hey Loki ganz langsam!" schmunzelte er leicht. "Ich habe doch vermisst!" schluchzte ich. "Ich dich auch!" flüsterte er und trug mich hinein. Felix schloss die Tür und sah mir in die Augen. Ich erwiderte seinen Blick...

"Geh hin!" sagte er plötzlich. Ich wusste, was er meinte. Ich schüttelte leicht den Kopf. "Wieso nicht?" fragte er besorgt. Ich senkte meinen Blick. "Ich habe Angst!" gestand ich. "Wovor?" fragte er und legte mir eine Hand auf die Schulter. "Dass ... Dass ich es nicht schaffe", flüsterte ich, "dass ich einen Nervenzusammenbruch oder ähnliches erleide!" Er zog mich sanft in seine Arme und strich mir über den Rücken. "Hey! Du bist stark! Und es ist vollkommen normal, dass du weinst! Es ist normal, dass du traurig bist! Aber du bist nicht allein! Auch wenn es manchmal anders rüberkommt, aber dein Vater liebt dich über alles! Er ist bei dir! Er möchte dich trösten! Verstehst du ihn?" fragte Felix. "Ja", nickte ich, "er möchte für mich da sein!" "Genau! Und du musst ihn an dich ran lassen. Du musst ihm die Möglichkeit dazu geben!" erklärte er und wartete auf eine Antwort...

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