Am nächsten Morgen kam Jonna nur schwer aus dem Bett, natürlich hatte sie am Abend zuvor nicht direkt schlafen könne, zu viele Gedanken schwirrten ihr durch den Kopf. Sie ärgerte sich über Basti, der so wenig Verständnis für sie und ihr Leben hatte, sie hatte hier Verpflichtungen, Menschen die auf sie zählten, für sie war es nicht so einfach jedes Wochenende in den Zug nach Hamburg zu steigen. Er hatte freitags früh Feierabend, für ihn wäre es ein Leichtes zu ihr zu kommen. Aber er wollte nicht, die Kleinstadt war ihm zu spießig zu klein, er wollte ausgehen, Spaß haben, die Großstadt genießen. Jonna hingegen hatte freitags Bandprobe, samstags besuchte sie ihre Großeltern, half ihnen im Haushalt kochte, kümmerte sich um die Wäsche, den Einkauf. Natürlich gab es da noch ihre jüngere Schwester Katinka, die ihr angeboten hatte sich alleine um die Großeltern zu kümmern, aber Jonna wollte und konnte ihr nicht alles alleine aufhalsen.
Sie quälte sich aus dem Bett und in die Klamotten, heute war Gott sei Dank ein kurzer Tag, heute Mittag würde sie eine Runde laufen gehen, das würde ihr gut tun und dann musste sie dringend packen und das Wochenende mit den Kindern vorbereiten, das hatte sie schon viel zu lange vor sich hergeschoben. Wenn sie eines gut konnte, dann war es Dinge bis auf den letzten Drücker hinauszuzögern. Beim Verlassen des Hauses warf sie einen Blick auf die Tür der Nachbarwohnung, noch war alles dunkel, im Hausflur stapelten sich die leeren Kartons, Jonna hoffte, dass ihr Nachbar es schaffen würde, hier wieder Ordnung zu schaffen.
Kurz überlegte sie, nachmittags Brot und Salz zum Einzug vorbei zu bringen, dann dachte sie mit Grausen an Matthias, ihren letzten Nachbarn. Sie hatte nett sein wollen und ihm ebenfalls zum Einzug Brot, Salz und ein Körbchen mit Süßigkeiten vorbei gebracht. Danach hatte Matthias ein nahezu krankhaftes Interesse an ihr entwickelt, immer wieder hatte er bei ihr geklingelt um mit ihr zu sprechen. Wenn sie nicht schnell genug reagierte saß er meist nach wenigen Sekunden auf ihrem Sofa und dann wurde sie ihn für den Rest des Tages nicht mehr los. Basti hatte sich über ihren Stalker immer nur lustig gemacht, sie hätte selbst Schuld, was musste sie sich auch immer um alle Menschen um sie herum kümmern wollen. Jonna hatte das Ganze nicht so lustig gefunden, wenn sie ehrlich war machte Matthias ihr sogar ziemlich Angst. Sein Schlafzimmer grenzte an das ihre und nachts hatte er irgendwann begonnen ihr Klopfzeichen zu senden. Jonna schüttelte sich immer noch bei den Gedanken.
Als Matthias vor einigen Wochen beiläufig erzählte, dass er ausziehen würde war sie ziemlich erleichtert gewesen. Bei dem neuen Nachbarn würde sie jetzt definitiv vorsichtiger sein, schließlich kannte man sich kaum.
Fröhlich pfeifend kam Jonna nach Hause, der Tag war ruhig gewesen, sie hatte ein positives Gespräch mit der Chefin gehabt, ein dickes Lob kassiert und ihre Kollegin war auch wieder da gewesen, ein rundum guter Tag. Sie beschloss vor dem Packen wirklich eine Runde laufen zu gehen, das Wetter war super und es gab keine Ausrede es nicht zu tun. Sie schlüpfte in ihre Laufklamotten, band sich die langen, dunklen Haare zusammen, zog ihre Laufschuhe an und setzte die Kopfhörer auf, mit Musik auf den Ohren lief es sich gleich viel besser. Während sie noch überlegte, in welche Richtung sie laufen sollte stieß sie plötzlich mit jemandem zusammen.
„Hoppla junge Frau, wohin so stürmisch? Willst du laufen gehen?"
Kurz lag Jonna ein bissiger Kommentar auf der Zunge, was tat man wohl sonst, wenn man in Laufklamotten auf dem Weg nach draußen war. Doch dann besann sie sich ihrer guten Manieren und nickte nur.
„Cool! Wo kann man denn hier gut laufen gehen? Ich bräuchte auch etwas Bewegung."
Irritiert sah sie ihn an, in den letzten 24 Stunden hatte er hier Karton um Karton geschleppt, sie hatte ihn rennen und schleppen sehen und er meinte, er bräuchte Bewegung.
DU LIEST GERADE
Nachbarn die bellen beißen nicht
FanfictionDer neue Nachbarn scheint direkt aus der Hölle zu kommen. Laut, unfreundlich, nachtaktiv und irgendwie komisch, das findet zumindest Jonna, die nebanan wohnt und sichmit ihm die Schlafzimmerwand teilt.