„So Frau Müller, dann wollen wir uns mal anschauen, wie es ihrem Baby geht!", lächelnd schob die Gynäkologin Jonnas Shirt ein wenig nach oben und verteilte mit dem Ultraschallkopf das kühle Gel auf ihrem Bauch.
„Ah schauen Sie hier, da ist die Gebärmutter und da hat sich der Embryo eingenistet, alles sieht gut aus! Wollen Sie mal schauen?"
Jonna schüttelte den Kopf, sie wollte nichts sehen, nichts wissen, nichts mit dem Baby zu tun haben.
„Okay, Sie können sich wieder anziehen. Ich mache Ihnen die Bescheinigung für Ihren Arbeitgeber fertig, Sie arbeiten als Erzieherin oder?"
Jonna nickte, sie wusste, was eine Schwangerschaft bedeutete, sofortiges Beschäftigungsverbot und ihr Arbeitgeber machte keine Ausnahmen, mit dem Feststellen einer Schwangerschaft war man raus, zwar bei voller Bezahlung, aber ihr graute jetzt schon vor den kommenden Monaten, wenn sie sich noch nicht einmal mit der Arbeit ablenken können würde.
„Ich möchte das Baby nicht behalten!", sagte Jonna, als sie kurz darauf der Ärztin gegenübersaß.
„Sie denken über einen Abbruch nach?"
„Nein, ich möchte das Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben."
„Oh... Okay! Ich kann Ihnen ein paar Broschüren und Flyer mitgeben, am besten sprechen Sie aber mit ihrem Frauenarzt vor Ort und dem Jugendamt. Sie müssen das noch nicht jetzt entscheiden, informieren Sie sich in aller Ruhe!"
„Danke! Das werde ich!", Jonna stand auf, nahm die Unterlagen und ging zurück in ihr Zimmer. Sie durfte endlich nach Hause, auch wenn ihr mittlerweile ziemlich mulmig war, in ihrer Wohnung war überall Basti, in jedem Winkel würde sie ihn wiederfinden, die Fotos, Geschenke, gemeinsame Erinnerungen, ihr wurde jetzt schon schlecht.
„Bereit?", Patrick stand in ihrem Zimmer und schaute sie fragend an.
„Nicht wirklich.", sie lächelte schwach. „Ich... Meine Wohnung..."
„Wenn es dir recht ist kommst du erst mit zu mir. Ich musste dem Arzt hoch und heilig versprechen, dass ich dich in den nächsten Tagen noch etwas unterstütze. Und wenn du magst... Also Katinka hat angeboten mit mir gemeinsam deine Wohnung zu Entbastiasieren."
„Zu was?"
„Alles rauszuholen was dich an Basti erinnert. Wir könnten auch renovieren wenn du magst! Du sagst uns wie es aussehen soll und Katinka und ich machen. Olaf würde auch helfen."
„Katinka? Renovieren? Also... Du hat sie noch nie dabei beobachtet oder?"
„Äh... Nein, natürlich nicht, wie denn auch?"
„Wenn sie fertig ist müsste ich renovieren, sie hat bei so etwas zwei linke Hände! Vielleicht... Ich hatte eh überlegt wegzuziehen, die Stadt bringt mir anscheinend kein Glück, vielleicht sollte ich ganz woanders neu anfangen. Irgendwo, wo mich niemand kennt. Ich kann doch nicht hier bleiben, wenn jeder weiß, dass ich mein Baby weggegeben habe."
„Jonna, bitte... Überstürze nichts! Was ist mit deiner Familie? Deinen Großeltern? Katinka? Mit mir? Willst du uns alle verlassen?"
„Meine Großeltern sind alt, wer weiß, wie lange sie noch leben und..."
Patrick unterbrach sie. „Genau deswegen! Wer weiß, wie lange du sie noch hast. Basti hat schon so viel von deinem Leben zerstört, lass ihn nicht alles kaputt machen! Du willst doch nicht wirklich alles hinter dir lassen oder? Alle Freunde, deine Familie, die Gemeinde, deine Arbeit?"
Sie begann zu schluchzen. „Nein... Nein... Natürlich nicht, aber... Ich kann das nicht."
„Jonna, hör mir zu! Du kannst das! Wir fahren jetzt nach Hause, in meine Wohnung! Sobald es dir wieder etwas besser geht kümmern wir uns um deine Wohnung und bis dahin... Vielleicht sollten wir Urlaub machen. Könntest du bei der Arbeit ein paar freie Tage bekommen?"
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Nachbarn die bellen beißen nicht
FanfictionDer neue Nachbarn scheint direkt aus der Hölle zu kommen. Laut, unfreundlich, nachtaktiv und irgendwie komisch, das findet zumindest Jonna, die nebanan wohnt und sichmit ihm die Schlafzimmerwand teilt.