5. Mädelsabend

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Zufrieden sahen Merle und Jonna sich um, das halbe Jahr Bandpause hatte allen wirklich gut getan und heute waren sie mit viel Elan und Freude am Werk gewesen, die Arbeit fiel ihnen leicht von der Hand. Heute hatte niemand gemosert, dass die Instrumente aus dem Keller bis in die Kirche getragen werden mussten, alle hatten Hand in Hand gearbeitet und die erst noch holperigen Handgriffe waren bald wieder routiniert und vertraut. Paul und Jonna hatten etwas gebraucht um sich wieder in die komplizierte Technik einzuarbeiten, Wahnsinn, wie viel man in nur sechs Monaten verlernen konnte, aber nach der ein oder anderen Rückkopplung waren alle Kabel dort wo sie hingehörten.

„Bleibt es morgen bei 17°°Uhr?", wollte Paul, ihr Keyboarder wissen. Merle nickte. Jonna ließ den Blick über die Bande Menschen gleiten, sie hatte sie vermisst, sie hatte es vermisst mit anderen Leuten Musik zu machen. Sie machten in unterschiedlicher Besetzung schon seit vielen Jahren gemeinsam Musik, zwischendurch waren einige studieren gegangen um dann wieder zurück zu kommen. Einige hatten ganz aufgehört und neue Gesichter waren hinzukommen. Momentan waren sie zu acht, Keyboarder, Schlagzeuger, ein Bassist, zwei Querflöten, zwei Sängerinnen und Jonna an der Gitarre. Anfang des Jahres hatten sie gemerkt dass die Luft raus war, kaum jemand erschien noch zu den Proben, an den Sonntagen waren andere Termine wichtiger geworden und nach einem Gespräch mit dem Pfarrer, hatten sie beschlossen sich eine längere Pause zu gönnen. Nun waren sie wieder da und wollten schauen, ob sie sich noch einmal aufrappeln konnten.

Als Jonna aus der Kirche trat sah sie Katinka, die in ihrem Auto saß und auf sie wartete.

„Hi!", schwungvoll ließ sie sich auf den Beifahrersitz fallen.

„Hey, schon fertig? Das ging ja schnell! Bereit für den Mädelsabend?"

Jona nickte lachend, sie hatte sich so auf diesen Abend gefreut, ein Abend Normalität und herrlicher Schwesternwahnsinn.

„Ich habe alles für die Pizza mitgebracht und Cola und etwas Süßkram!"

„Klingt wunderbar! Ich habe das Gefühl gleich vor Hunger zu sterben."

Laut lachend betraten sie das Haus, als Jonna das Licht im Hausflur anschaltete sah sie Patrick auf der Treppe sitzen. Sofort hörte sie auf zu lachen.

„Schon wieder?", wollte sie recht genervt wissen.

Er zuckte entschuldigend mit den Schultern.

„Sorry, ich bin einfach noch nicht dran gewöhnt einen Schlüssel mitzunehmen."

Neugierig musterte Katinka den jungen Mann, das war also der ominöse Nachbar. Sie ließ den Blick an ihm herabgleiten, dann stutzte sie, hob die Augenbraue und verzog die Lippen zu einem Lächeln.

„Hübsch!", sie deutete auf die geringelten Zehensocken. „Wo hast du die denn her? Aus dem Fundus der Kelly Family?"

Er zuckte zusammen und lief dunkelrot an.

„Ähm... Die waren ein Geschenk!", nuschelte er und wandte sich an Jonna. „Würdest du mir nochmal meinen Schlüssel geben."

Sie rollte mit den Augen und seufzte. „Klar, warte kurz."

Sie schloss die Wohnungstür auf und warf ihm seinen Schlüssel zu.

„Wirf ihn einfach durch den Briefschlitz, ich packe ihn dann wieder weg, fürs nächste Mal."

Sie warf die Wohnungstür hinter sich zu und ging in die Küche um sich an die Pizza zu machen.

„Jonna Luise, was war das denn bitte?", Katinka schaute sie mit großen Augen an.

„Was war was?"

„Seit wann bist du so unfreundlich? Hat dir dein Nachbar irgendwas getan? Meine Güte, der arme Kerl hat sich doch nur ausgesperrt und du tust so als würde er dein Erstgeborenes verlangen."

Nachbarn die bellen beißen nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt