6. Lampenfieber

1.2K 67 20
                                    

Es war Samstagabend spät, als Jonna von der Probe nach Hause kam, es hatte sich doch etwas hingezogen, eine ihrer Sängerinnen lag mit Grippe im Bett, das war quasi der Super Gau. Anna weigerte sich anfangs alleine zu singen und erst als Jonna versprach sie zu unterstützen willigte sie am nächsten Tag doch zu kommen.

Als sie ihre Wohnungstür aufschloss hörte sie auf einmal Patricks Stimme.

„Hey Jonna, nicht erschrecken. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich morgen Mittag bereits nach Köln fahre und die ganze Woche weg sein werde, es wäre super, wenn du ab und an die Post reinbringen würdest und dich um die Blumen kümmerst."

„Oh okay... Du lässt mich alleine in deine Wohnung?"

Er lächelte gequält. „Wir sind ja Nachbarn nä! Da muss man sich schon etwas Vertrauen entgegenbringen. Ich hoffe einfach, dass du nicht scnüffelst!"

Ernst nickte Jonna. „Versprochen! Kommst du morgen trotzdem in die Messe?"

„Klaro! Ist doch Sonntag! Sollen wir morgen früh zusammen gehen?"

Jonna druckste etwas herum, sie wollte ihn nicht schon wieder vor den Kopf stoßen.

„Prinzipiell gerne, aber ich muss schon früh da sein, ich denke ich starte gegen 9°°Uhr. Wenn dir das nicht zu früh ist..."

„Passt schon! Da wo ich vorher gewohnt habe musste ich noch viel früher aufstehen."

„Gut, dann treffen wir uns um kurz vor neun im Flur?"

„Deal! Dann noch einen schönen Abend!"

„Dir auch!"

Jonnas Laune hatte sich in den letzten Minuten sprunghaft verbessert, sie fühlte sich nahezu beschwingt.

Sie beschloss die gute Laune zu nutzen und bei Basti anzurufen, vielleicht erwischte sie ihn ja heute. In der letzten Woche war er oft spät zuhause gewesen und sie hatten nur kurz telefoniert oder sich eine SMS geschickt. Er hatte sogar versprochen am nächsten Wochenende zu ihr zu kommen. Gut, wenn Jonna ehrlich war hatte sie vielleicht den neuen Nachbar ein paar Mal öfter als nötig erwähnt, aber es schien je gewirkt zu haben, auf einmal zeigte er wieder Interesse an ihr.

Am nächsten Morgen kam Jonna mit kleinen Augen aus ihrer Wohnung. Sie hatte grottig geschlafen, sie war nervös, machte sich Gedanken, ob alles klappen würde, sie hasste es vor vielen Menschen zu spielen und heute sollte sie auch noch singen, am liebsten wäre sie im Bett geblieben. Doch bevor sie sich dazu entschließen konnte heute einfach zu Hause zu bleiben stand Patrick vor ihr und hielt ihr einen Kaffee unter die Nase.

„Ich hoffe du trinkst Kaffee?"

„Du bist mein Retter!", sie pustete in die dunkle, heiße Flüssigkeit und trank einen großen Schluck. „Dankeschön!"

„Soll ich deine Gitarre tragen?", bot er an.

„Ähm, sei mir nicht böse, aber meine Gitarre... Die gehört mir!", sie lachte unsicher.

„Versteh ich!", er grinste sie an. „Meine bekommt auch kein anderer in die Hände. Meine Gitarren sind mein Heiligtum, die darf niemand spielen."

„Dann findest du mich nicht freaky?"

Er schüttelte den Kopf. „Kein Stück! Meine Gitarren sind meine Babys."

„Wie viele hast du?", wollte sie wissen.

„Ach... Momentan sechs Stück. Es gab Zeiten da hatte ich mehr!"

Erstaunt sah sie ihn an, dafür dass er angeblich nur mittelmäßig spielte besaß er ganz schön viele Gitarren.

Nachbarn die bellen beißen nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt