46. Betrogen

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Alles brennt
Alles geht in Flammen auf
Alles was bleibt
Sind Asche und Rauch


„Hi, ich bin wieder da!", Patrick trat leise ins Wohnzimmer, wo Jonna saß und in einem Buch las.

„Hey!", sie sprang auf und fiel ihm um den Hals. „Es tut mir leid! Es tut mir leid, dass ich so doof zu dir war und dass ich mich nicht gemeldet habe. Das war nicht fair! Du hattest Recht, das mit der Tour, das war nichts für Talia.", sie lächelte ihn an und wollte ihn küssen, doch er versteifte sich und drehte den Kopf zur Seite, so dass sie nur seine Wange traf. Unsicher sah sie ihn an, war er böse mit ihr? Klar, sie hatte sich in den letzten Tagen kaum gemeldet, aber sie hatte etwas Ruhe gebraucht, um ihren verletzten Stolz zu besänftigen.

„Ich... Mir geht's nicht so gut, sorry! Ich glaube ich habe mir den Magen verdorben!", er fuhr sich durch das Haar und wich ihrem Blick aus. Jonna musterte ihn kritisch, er sah noch schlechter aus als vor ein paar Tagen, dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, sein Gesicht wirkte grau und eingefallen, ja, er sah richtig schlecht aus.

„Oh weh! Soll ich dir einen Tee machen? Kann ich sonst was für dich tun?"

„Ich... Nein... Danke... Ich muss nochmal kurz in die Stadt, was erledigen und dann... Dann... Ja... Ich weiß auch nicht. Aber danke!"

Er drehte sich um und ging wieder, sorgenvoll blickte Jonna ihm hinterher, irgendetwas stimmte hier ganz und gar nicht. Er war so anders, abwesend, abweisend, so hatte sie ihn noch nie erlebt, er hatte noch nicht einmal nach Talia gefragt. Seufzend sah sie auf die Taschen, die er achtlos im Flur hatte liegen lassen, kurz überlegte sie ihn seinen Kram selbst wegräumen zu lassen, dann drängten sich die dunklen Augenringe in ihr Gedächtnis und sie machte sich daran die dreckige Wäsche zu sortieren. Talia schlief, sie hatte noch ein paar Minuten bevor sie sie wecken würde. Sie hatte gemeinsam mit Katinka vor drei Tagen endlich die Schreiambulanz aufgesucht und sich Tipps für den Umgang mit Talia geholt. Seitdem wurde es gefühlt jeden Tag etwas besser und sie bekam zumindest etwas Schlaf am Stück.

Das Klingeln eines Handys riss sie aus ihren Gedanken. Kurz runzelte sie die Stirn, das war nicht ihr Klingelton, hatte Paddy sein Handy vergessen? Sie zuckte mit den Schultern, wenn es wirklich wichtig wäre würde derjenige schon auf die Mailbox sprechen. Sie kniete sich in den Flur und kippte seine Klamotten auf einen Haufen, schon wieder klingelte das Handy, irgendjemand war da anscheinend sehr hartnäckig. Ächzend stand Jonna auf um die Waschmaschine zu befüllen, im Flur hing seine Jacke, von der aus schon wieder das Handyklingelnd erscholl. Sie überlegte, sollte sie rangehen? Es schien ja wirklich wichtig zu sein. Als sie aus dem Bad kam klingelte das Handy schon wieder, sie zuckte mit den Schultern und griff in die Jackentasche. Eine unbekannte Nummer leuchtete auf dem Bildschirm, doch bevor Jonna rangehen konnte stoppte das Klingeln. Sie wollte das Handy grade zurück in seine Jackentasche stecken, als eine Nachricht auf dem Bildschirm aufpoppte.

„Hey Paddy, ich hoffe, du bist gut zu Hause angekommen! Ich wollte mich für die Nacht bedanken, es war sehr schön. Schade dass du morgens so schnell weg musstest. Vielleicht meldest du dich ja noch einmal bei mir, meine Nummer hast du ja jetzt! Mel!"

Jonna wurde gleichzeitig heiß und kalt, sie ließ das Handy fallen, als wenn sie einen Stromschlag bekommen hatte. Mel? Wer war Mel? Warum bedankte sie sich für die Nacht? Was hatte er getan, was um Himmelswillen hatte er getan? Sie ließ sich auf den Boden sinken, ihr Magen krampfte sich schmerzhaft zusammen und Tränen schossen ihr in die Augen. War es das, was sie aus der Nachricht herauslas? Hatte er sie wirklich betrogen? Beim ersten richtigen Streit? War er wirklich mit einer anderen Frau im Bett gelandet? Er? Der Ex Mönch? Er der so gläubig, so liebevoll war. Sie konnte es sich nicht vorstellen und doch nagten Zweifel in ihr.

Nachbarn die bellen beißen nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt