16 || Viel zu schnell für meinen Geschmack

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Vor lauter Panik stieg mir die Hitze in den Kopf und die Luft war nun wirklich zum Zerschneiden dick. Mit winzigen Bewegungen drängte ich mich näher zu meinen Freundinnen, um irgendwie ein bisschen Schutz zu suchen.

Ich schluckte, was ein wirklich unangenehm lautes Geräusch war, das in meinen Ohren förmlich schallte. Wie konnte dieser Kerl nur allein mit seinem Auftreten so vielen Leuten gleichzeitig so große Angst einjagen?

Tristan zog weiter und entfernte sich glücklicherweise ohne eine Auseinandersetzung von uns. Von hinten wirkte er sogar noch bedrohlicher! Die breiten Schultern und diese extreme Muskulatur, die den Stoff seines Shirts und der Jeans zum Spannen brachten, waren irgendwie einschüchternd. Die schwarzen Haare waren zurück gegelt und ließen ihn tatsächlich wie ein Schwerverbrecher aussehen.

Er verschwand in Richtung Sekretariat.

Erst nach wenigen Sekunden löste sich die Anspannung aus diesem Flur allmählich wieder. Die Luft hier drin ist stickiger und heißer geworden, sodass ich zuerst ein paar Mal tief durchatmen musste und meine Hände an meine erhitzten Wangen legte.

Leises Tuscheln und Raunen konnte ich aus allen Richtungen wahrnehmen. Die Schüler fingen nach und nach wieder damit an, sich ihren vorherigen Beschäftigungen zu widmen. Jedem fiel es unfassbar schwer, die unendlich lange Minute von eben einfach so außer Acht zu lassen.

"Boah, das war ja mal ne schwere Geburt", stöhnte Jamie auf und fächerte sich mit beiden Händen Luft ins Gesicht.

Siennas schweißnasse Hände haben vor lauter Panik Jamies Arm so fest umklammert, dass diese nun knallrot angelaufen sind. Doch das andere Mädchen schien das nicht sonderlich zu stören, als sie mit einem Seufzen den roten Abdruck auf ihrer Haut musterte.

Ich spürte, wie sich mein Herzschlag wieder der normalen Frequenz anpasste und konnte mich endlich wieder beruhigen. Eins musste man ihm lassen. Tristan sorgte regelrecht für einen eindrucksvollen Auftritt – wenn auch nicht gerade beabsichtigt.

Irgendwie tat es mir ja leid, dass ihn jeder so anstarren musste, aber ich gehörte ja selbst auch zu diesen Leuten dazu. Wie jeder andere habe ich ihn ebenfalls beschuldigt und bin der felsenfesten Überzeugung gewesen, dass er die Fierce-Residenz in Schutt und Asche verwandelt hatte.

Problem war nur: Da Tristan nun offiziell unschuldig war, musste ein neuer Verdacht her.

* * *

In der Stunde Gemeinschaftskunde erwischte ich mich während der Stillarbeit hin und wieder dabei, wie ich einen Blick in Ashtons Richtung wagte. Er hielt einen Kugelschreiber in der Hand und erledigte die Aufgaben auf dem Papier. Die ganze Zeit lang rührte er sich kaum und machte keine Anstalten, sich aktiv am Unterricht beteiligen zu wollen.

Selbst Mrs Rider, die dafür bekannt war schweigsame Schüler aus ihren Löchern zu locken, nahm ihn kein einziges Mal dran. Die Lehrer waren sich wohl auch noch unschlüssig, wie sie mit ihm umgehen sollten. Bestimmt hatten sie Angst, irgendetwas Falsches zu sagen oder zu machen.

Dass diese Stunde irgendwann mal vorbei war, erleichterte mich wirklich sehr. Ich habe mich sowieso nicht wirklich konzentrieren können und habe mit dem Klingeln der Schulglocke direkt wieder vergessen, was wir gerade eigentlich gemacht hatten.

Claire reichte mit einem Lächeln auf den Lippen einen der Erlaubniszettel für die Museumsexkursion an Sienna weiter. "Und wenn wir aus der Schule draußen sind, sind wir 18 und brauchen nie wieder einen Muttizettel."

"Irgendwie schade ...", sagte Sienna, die ihr das Papier aus der Hand nahm. "Danke."

Sowohl Jamie als auch ich versuchten, Claires freundliche Absichten zu hinterfragen. Vielleicht hatte sie ja bemerkt, dass sich Sienna auch in ihren Schwarm verguckt hatte und wollte sie deswegen ausnutzen. Vielleicht machten wir uns aber auch einfach nur zu viele Gedanken und Claire war nun mal so nett wie immer.

ASHES ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt