"Du hast gesagt es schäumt und nicht, dass es explodiert!"
Gereizt umklammerte ich den Wischmopp in meinen Fäusten noch fester und schwenkte ihn drohend durch die Lüfte. "Ich habe außerdem gesagt, du sollst dich verdammt nochmal nicht darüber beugen!"
"Deinetwegen bin ich fast gestorben!", patzte Jamie zurück, die ihr durchnässtes graues T-Shirt über dem Waschbecken auswrang. Eine giftgrüne Flüssigkeit verabschiedete sich von uns, ehe sie im Abfluss verschwand.
Energisch stellte ich den Mopp in die Ecke zurück und stemmte die Hände in die Hüften. "Du hättest tun sollen, was ich zu dir gesagt habe und nicht mehr Spülmittel als nötig reinkippen. Übrigens war das nur ein Kaliumiodid-Wasserstoffperoxid-Gemisch!"
Eine Minute vor Beginn dieses kunstvollen Experiments habe ich dem hysterischen Mädchen noch erklärt, was genau passieren würde. Das Gemisch würde in die Höhe schießen und über das Gefäß schwappen, aber bei der Menge an Spülmittel, die sie noch hinzufügen musste, konnte es ja nur schiefgehen. Auf YouTube hat das nicht besonders schwer ausgesehen.
"Für euren bemerkenswerten Einsatz erhaltet ihr ja eine glatte Eins", sagte Mr Thornton unbeeindruckt, der uns mit seinem Kugelschreiber in der Hand und einer recht desinteressierten Miene beim Putzen zugesehen hatte. "Aber für dieses kindische Theater und das Chaos bekommt ihr Abzug."
"Dann haben wir ja aber noch eine Zwei, oder?", fragte ich hoffnungsvoll und nahm die widerliche Schutzbrille von der Nase, um mein unschuldigstes Lächeln aufzusetzen.
"Nein." Demonstrativ hielt er seinen Kugelschreiber in die Höhe und ließ mit einem hörbaren Klicken dessen Spitze ausfahren. "Eine Vier."
Mit einem aufgebrachten Stöhnen pfefferte ich die Schutzbrille in die Plastikbox und schmiss mir dann meine Tasche über die Schulter. Bitterböse funkelte ich Jamie an, die verteidigend die Hände vor ihre Brust hielt und mich ganz ohne ihrer Schuld bewusst zu sein anschaute. Das Mädchen konnte sowas von was erleben. Ihre Lieblingscap, die sie tagtäglich auf dem Kopf trug, würde morgen definitiv nicht mehr in diesem schönen Rot erstrahlen.
Mr Thornton sammelte seine von der Flüssigkeit triefenden Unterlagen vom Pult ein und schüttelte den Kopf. "Dass ich mir dafür Zeit genommen habe ... ich fass es nicht."
Ich sah ihn nahezu flehend an und klimperte mit den Wimpern. "Kriegen wir bitte noch eine Chance? BITTE?"
"Ihr hattet bereits drei Chancen, um eure Noten zu verbessern. Keine davon habt ihr nutzen wollen", antwortete unser Chemielehrer mit purer Gleichgültigkeit in der Stimme, während er versuchte seine Papiere zu retten, die er noch retten konnte. "Es bleibt im Zeugnis bei der Fünf. Für euch beide!"
Schnaubend wandte ich mich an Jamie, die ihre Lippen fest aufeinander presste und mich erwartungsvoll musterte. Sobald wir den Chemieraum verlassen, werde ich diesem Weib den Hals rumdrehen. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass wir eine weitere Chance hatten, unsere dämlichen Chemienoten nochmal aufzupimpen. Und jedes Mal ist es sie gewesen, weswegen wir unsere Experimente immer und immer wieder schlichtweg verkackt haben.
"Können wir jetzt gehen?", meldete sich Nate zu Wort, der in der letzten Reihe den Kopf auf seiner Hand abgestützt hatte und uns gelangweilte Blicke zu warf. "Die Pause hat vor fünf Minuten angefangen!"
"Zieht von dannen!", rief Mr Thornton aus und klickte wie ein Bekloppter auf seinem Kugelschreiber herum. Wenn er so weiter macht, reiße ich ihm den Stift aus der Hand und ramme ihm das Teil in sein Ohr, bis es das Trommelfell durchbricht, das Vakuum in seinem Kopf durchquert und auf der anderen Seite wieder herausschießt.
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ASHES ✓
Mystery / Thriller"Tja, wer weiß, was an jenem Abend alles so passiert ist?", fragte er mich und lächelte mich unschuldig an. "Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, Anni." Ich legte die Stirn in Falten. "Was -" Ganz vielleicht schenkte ich dem Sprichwort v...