28 || Ich bin bei dir

59 7 18
                                    

Angetrieben von meiner Angst beschleunigte sich mein Herzschlag so schnell und so stark, dass es wirklich weh tat. Es war ein unbeschreiblicher Schmerz in meiner Brust, den ich noch nie zuvor so intensiv gespürt hatte. In mir zog sich alles zusammen, verknotete sich miteinander und breitete sich stoßweise mit Krämpfen in meinem ganzen Körper aus.

Ich konnte nicht länger tatenlos herumstehen, weshalb ich mich Ashton vorsichtig annäherte. Was auch immer diese Joints mit ihm anstellten, er hatte eindeutig zu viel davon geraucht und musste nun mit den Nebenwirkungen klarkommen. Da ich nicht wusste, was genau er zu sich genommen hatte, musste ich wirklich behutsam bleiben.

Mit einer sanften Berührung legte ich meine Hand auf seine Schulter, als ich vor ihm in die Hocke ging. Er reagierte nicht darauf. Anscheinend konnte er mich tatsächlich nicht wahrnehmen. Seine Augen blickten ins Leere, die zittrigen Lider waren nur leicht geöffnet. Ich streichelte über seinen Arm, doch er gab keinerlei Reaktion von sich.

"Ashton ... hier, hier ist Anisa", sagte ich in einem möglichst ruhigen Ton. Es fiel mir wirklich schwer, nicht einfach loszuheulen und ihn anzuflehen, damit aufzuhören. "Hier ist Anisa. Kannst du mich hören?"

Ashton seufzte leise auf. Gleichzeitig fiel sein Kopf zur Seite. Rasch nahm ich ihn in beide Hände und entfernte die Kapuze von seinem dunkelroten Haar. Er war klitschnass geschwitzt. Zwar sollte er nicht frieren, aber eben auch nicht in dieser Hitze umkommen. Ich strich ihm das Haar aus der Stirn zurück und legte die Hand an die glühend heiße Haut.

Auf einmal schüttelte er immer wieder mit dem Kopf, gab undefinierbares Gemurmel von sich und zuckte unregelmäßig mit den Beinen. Er schien richtig Panik zu bekommen!

"Ich bins. Anisa. Ganz ruhig, das geht alles wieder vorbei", redete ich auf ihn ein und nahm ihm den Joint aus der Hand, um ihn auf den staubbedeckten Fliesen auszutreten. "Ich bin bei dir, okay? Ich bleibe solange bei dir, bis es vorbei ist."

Immer noch trennte uns diese unsichtbare Wand voneinander. Er gab ein leidendes Wimmern von sich. Überfordert betrachtete ich sein verzerrtes Gesicht, das gleichzeitig so leer und fremd erschien. Ich biss die Zähne fest zusammen, um zu vermeiden, dass sich meine Augen mit Tränen füllten.

"Ich werde dir deinen Pullover ausziehen, ja? Dir passiert nichts." Ich fasste an den Saum seines Pullovers und streifte ihn langsam über seinen Oberkörper. Darunter tauchten die Rippen auf, die sich scharfkantig unter seiner Haut hervorhoben. Sein Bauch zuckte, als hätte er Schluckauf, doch es waren diese Schnappatmungen, die ihn dazu veranlassten.

Seine schneeweiße Haut war mit Flecken übersät. Blaue, teilweise schon gelblich verfärbte Flecken. Noch dazu lange rote Linien.

Ich rutschte zwischen Ashtons Beine und brachte ihn dazu, sich an mich zu lehnen, während ich den Pullover über seinen Kopf zog. Erst jetzt konnte ich sehen, wie sich die Brandnarbe bis über seine Schulter und teilweise die Brust zog. Sie war gigantisch, als würde sie seinen ganzen Körper einnehmen wollen.

Vorsichtig ließ ich ihn wieder an die Wand anlehnen und deckte ihn rasch mit dem Stoff zu. So bekam seine Haut etwas Luft ab, wurde aber dennoch nicht direkt unterkühlt. Seine dünnen Arme schob ich ebenfalls unter den Pullover.

An seinem linken Unterarm fiel mir eine schwarze krakelige Schrift auf, die ich in dieser Sekunde allerdings nicht entziffern konnte. Es könnte sich möglicherweise um ein Tattoo handeln. Oder er ist mit Edding bemalt worden. Das war gerade aber nicht wichtig.

Ich fächerte ihm mit der Hand Luft in sein Gesicht. "Ganz ruhig, Ashton, alles wird wieder gut."

Sein Brustkorb hob sich in winzigen Abständen hektisch an. Ich setzte mich dicht neben ihn, sodass sich unsere Schultern und Arme berührten. Irgendwie musste ich ihm zeigen können, dass er das hier nicht allein durchmachen musste. Ich würde bei ihm sein.

ASHES ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt