Langsam abbremsend, hielt Mum vor der Schule an. Sie hat mich mitgenommen, weil sie sowieso auf einen Termin musste. Ich war ihr dafür echt dankbar, weil die letzte Nacht wieder einmal zu den Nächten gehört hatte, die ich schlaflos überstehen musste.
"Danke, dass ich heute ohne Gehirnerschütterung ankomme", nuschelte ich noch recht schläfrig und stieg aus dem Wagen aus. Als ich meine Arme über dem Kopf dehnte, war ein Knacksen der Knochen zu hören. Ich spürte deutlich, wie sich außerdem die Verspannungen in meinem Nacken und an den Schultern etwas lösten.
Mum, die genauso müde wirkte, aber dank ihres Termins schon etwas wacher war als ich, lächelte mich an. "Evie sollte ihre Führerscheinprüfung lieber nochmal wiederholen, nicht wahr?"
Ihre belustigten Worte nahm ich nur mit einem Ohr wahr. Ich schlug die Tür zu und widmete mich einem weiteren grausamen Schultag an der Jefferson-High. Vom Nachsitzen ist meine Familie nicht sonderlich beeindruckt gewesen. Sie haben sich nur über mich lustig gemacht und haben mir nicht abkaufen wollen, dass ich auf einen Klassenkameraden losgegangen bin. Konnte mir recht sein.
Automatisch visierte ich die Ecke im Schatten an, wo Ashton für gewöhnlich seine morgendliche Zigarette rauchte. Leider war er dort nicht zu sehen. Vielleicht schwänzte er ja einen weiteren Schultag. Mir stieg die Situation in der Badewanne wieder zu Kopf, weil ich ihm nicht glauben wollte, dass es ihm gutgetan hat. Bestimmt wollte er sich einfach nur nicht wehren und wollte mich jetzt nie wieder sehen.
Mit diesem mulmigen Gefühl im Magen machte ich mich auf den Weg zu meinem Schließfach. Ich sah in der Ferne Brian allein im Flur stehen. Tessa näherte sich ihm an. Im Vorbeigehen steckte er ihr unauffällig einen einhundert Dollars Schein zu. Sofort ließ sie diesen in ihrer Hosentasche verschwinden und lief ungebremst weiter bis ins Klassenzimmer.
Ich verstand nur nicht ganz, warum sie ihr Geld gaben. Klar, es war eine durchaus nette Geste von ihnen, aber die Jungs würden ihr doch niemals ohne Gegenleistung einfach so Geld schenken. Ob sie ihr wirklich nur Geld gaben, weil sie keins hatte? Hoffentlich hat sich Tessa nicht irgendwie in eine unangenehme Zwickmühle reingeritten.
Brian entfernte sich von seiner Position und schien sich nun in Richtung Toiletten zu begeben. Gleichzeitig blickte er den Flur hinunter, als würde er mit jemandem Blickkontakt aufbauen. Ich folgte seinen verengten Augen. Owen ist nun auch im Schulgebäude aufgetaucht und presste eine Hand auf seine geballte Faust. Ohne Umwege verschwand er in denselben Toiletten.
"Guten Morgen", begrüßte mich Sienna mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Von ihrem plötzlichen Erscheinen erschrak ich kurzzeitig, konnte mich aber sogleich wieder beruhigen. "Ganz ruhig, ich bins nur!"
Lachend steckte sie eines ihrer Horoskop-Hefte in ihre Schultasche. Beiläufig begann sie von ihrem gestrigen Date mit Mason zu erzählen. Um ehrlich zu sein, verstand ich kein Wort und hörte ihr überhaupt nicht zu.
Denn meine Augen waren immer noch an die nun geschlossene Tür der Jungstoiletten gefesselt. Als ich mich gerade fragen wollte, wen Owen wohl verprügelt haben musste, humpelte die Antwort in die Schule. Ashton bewegte sich leicht gekrümmt und auffällig langsam durch den Flur.
Die Kapuze hüllte sein Gesicht in einen dunklen Schatten. Obwohl ich es nicht sehen konnte, sah ich ihm deutlich an, mit welchen Schmerzen er zu kämpfen hatte. Beide Arme presste er gegen seinen Bauch und schleifte seine Füße sichtlich geschwächt vorwärts.
Owen hat ihm wehgetan – und das direkt vor dem Unterricht. Habe ich ihm gestern nicht gezeigt, was ich davon hielt? Dieses Arschloch konnte sich sowas von auf eine weitere Standpauke gefasst machen.
"Sag mal ..." Sienna drehte sich nun zu mir um. Auf ihrem Gesicht lag etwas Rätselhaftes, als würde sie nicht zeigen wollen, wie sie sich wirklich fühlte. "Ich will dir ja nicht zu nahe treten, aber was läuft da zwischen Owen, Tristan, Ashton und dir?"
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ASHES ✓
Mystery / Thriller"Tja, wer weiß, was an jenem Abend alles so passiert ist?", fragte er mich und lächelte mich unschuldig an. "Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, Anni." Ich legte die Stirn in Falten. "Was -" Ganz vielleicht schenkte ich dem Sprichwort v...