18 || Eine verdammt harte Nuss

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Dringend musste ich meinen Körper wieder daran gewöhnen morgens nicht mit Mums Auto, sondern wieder zu Fuß zur Schule zu gehen. Vielleicht lag diese Schwäche auch an meinen Albträumen, von denen ich letzte Nacht wieder einen intensiv zu spüren bekommen musste.

Ganz so schläfrig und erschöpft wie gestern fühlte ich mich trotzdem nicht, da ich immerhin ein paar wenige Stunden Schlaf bekommen habe. Ich trug mich auf wackeligen Knien über das Schulgelände.

Ausgerechnet noch vor Unterrichtsbeginn konnte ich Ashton im Schatten des Gebäudes ausmachen. Dort stand er und zog mal wieder an einer Zigarette, während er in der anderen Hand sein Handy hielt und gefesselt darauf schaute.

Vielleicht sollte ich tatsächlich mal einen Annäherungsversuch wagen, um sein Vertrauen wiederzugewinnen und eventuell ein paar Informationen über die Brandnacht herauszubekommen. Mehr als hassen konnte er mich danach ohnehin nicht. Demnach hatte ich ja auch nichts zu verlieren.

Wie von selbst haben sich meine Beine bereits in seine Richtung bewegt und ich blieb vor ihm stehen. Ich versuchte es mit einem verunsicherten Lächeln. "Hey Ashton."

Kurz hob er den Kopf an, um meine Anwesenheit zu realisieren, bevor er sich wieder auf sein ausgeschaltetes Handydisplay fixierte. Er wollte mir wohl um keinen Preis länger als drei Sekunden in die Augen sehen. Mit den Fingern schob er sich die Zigarette wieder zwischen die Lippen und zog daran.

"Ähm ..." Ich bemühte mich um eine ruhige, nicht zitternde Stimme, was sich jedoch als äußerst schwierig herausstellte. "Du besuchst jetzt also wieder die Schule."

Wow, was eine tolle Konversation, Anisa. Dass er darauf nichts antworten wollte oder konnte, war demnach nachvollziehbar. Stattdessen ließ er den Rauch aus seinem Mund wieder entweichen. Ich war ihm wenigstens dankbar dafür, dass er ihn mir nicht direkt ins Gesicht blies, sondern den Kopf dazu zur Seite drehte.

Ich räusperte mich. "Ich dachte, wir könnten mal zusammen was machen."

"Nein", war seine Antwort wie aus der Pistole geschossen, bevor er mir dann doch in die Augen schaute.

Diese Brandnarbe schrie förmlich nach meiner Aufmerksamkeit und ich starrte wieder diese geröteten Flecken an. Während sein rechtes Auge dank dieser Narbe trüber wirkte, schien sein linkes Auge in dem Kristallblau zu strahlen. Trotzdem fehlte da drin irgendetwas. Dieses Funkeln.

"Meine Eltern sind morgen arbeiten", fügte ich schnell hinzu, weil ich dachte, dass es das war, was ihm Sorgen bereitete. Schließlich wollten sie ihn nicht mehr in unserem Haushalt akzeptieren und wenn ich Ashton plötzlich nach Hause mitbringen würde, wäre ich sicher einen Kopf kürzer.

Er schüttelte kaum merklich den Kopf und sah mich immer noch mit diesem ausdruckslosen Gesicht an. Ich musste diese Situation doch irgendwie nutzen, um ihm zu verdeutlichen, dass ich liebend gerne mit ihm Zeit verbringen würde! Ich schluckte und dachte ein wenig nach. "Ich würde echt gerne mal wieder was mit dir machen. Irgendwas!"

"Nein", wiederholte er trocken und musterte mein Gesicht eindringlicher. Seine Augen hetzten zwischen meinen hin und her.

"Bitte, Ashton." Ich sah ihn nahezu flehend an. "Ich will dir doch nur zeigen, dass wir immer noch viel Spaß zusammen haben können."

"Spaß?", hakte er nach. Obwohl seine Stimme recht monoton erklang, konnte ich darin einen Hauch von Spott erkennen. Ich spürte, wie sich in meiner Brust alles ganz langsam und ziemlich schmerzhaft zusammenzog. Wollte er mir damit sagen, dass wir zusammen nie Spaß hatten?

Verzweifelt hielt ich den Gurt meiner Tasche an der Schulter fest. "Wir haben doch gerne Filme geguckt oder einfach nur -"

... uns in den Armen gelegen.

ASHES ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt