36 || Vielleicht, vielleicht, vielleicht ...

60 7 15
                                    

Ich ließ meine Arme in dem Wasser treiben und streckte die Beine vorsichtig aus. Dabei spürte ich, wie ich Ashtons Beine berührte, die darauf leicht zuckten und sich sofort von mir zurückzogen. Die Berührungsängste jagten ihn wohl immer noch heim.

"Hat Owen dir all das angetan?", versuchte ich ihn auszufragen und legte den Hinterkopf an der Wanne ab.

"Ja."

Auch wenn ich nichts anderes bereits geahnt hatte, machte es mich wütend, es nochmal aus seinem Mund zu hören. Ich würde Owen eine ordentliche Standpauke halten müssen!

"War noch jemand anderes dabei?", hakte ich dann nach und blinzelte, weil ich spüren konnte, wie mich seine Augen weiterhin anschauten.

Tatsächlich lag sein Blick auf mir, wobei er den Mund leicht geöffnet hatte. Er schien gar nicht zu bemerken, dass ich ihn ansah, weil sein Gesicht ziemlich abwesend wirkte. "Nein."

Owen hat Ashton allein verprügelt. Keine Hilfe von seinen Freunden. Immerhin etwas.

Ich lächelte Ashton an. "Ich bin erleichtert, dass du mich angerufen hast."

Er reagierte nicht, sondern sah mich immer noch schweigend an und wollte auch keine Antwort darauf geben. Vielleicht könnte ich ihn ja dazu bringen mit mir zu sprechen und die Berührungsängste zwischen uns ein wenig lösen. Ich wollte nicht, dass er sich in meiner Anwesenheit unwohl fühlen musste.

Nein, in meiner Anwesenheit sollte er sich am wohlsten fühlen und nicht das Gefühl haben, dass ich ihn irgendwie verletzen wollte. Alles, was ich wollte, war doch nur sein volles Vertrauen zurückzugewinnen und ihn vor all den falschen Anschuldigungen zu beschützen – und vor sich selbst.

Ich setzte mich auf und bewegte mich auf ihn zu. Da löste er sich aus seiner Starre und blinzelte mehrmals. Mein Bedürfnis nach seiner Nähe schien ihn wohl etwas zu irritieren. Ich näherte mich ihm, bis ich dicht vor ihm saß und seine Knie an meinen spüren konnte.

"Ich hab gehört, dass sich Jacob in dich verliebt hatte. Stimmt das?", fragte ich leise und richtete mich etwas auf. Dabei ragte meine Brust aus dem Wasser, aber merkwürdigerweise hatte ich kein Problem damit, dass er mich nackt sah. Ganz im Gegenteil! Ich wollte, dass er mich anschaute.

Ashtons Augen waren auf mein Gesicht gerichtet und wanderten nur zögerlich an meinem Hals zu meiner Brust hinab. Ich spürte die Gänsehaut an meinem ganzen Körper und wie meine Haut zu pulsieren begann.

Unterwasser suchte ich nach seinen Händen und verschränkte unsere Finger ineinander. Ich betrachtete seine langen dünnen Finger und die von Adern und Knochen durchzogenen Handrücken.

"Ja", flüsterte er zurück und schaute mir wieder in die Augen. "Das stimmt."

Ich nickte nur und schaute weiterhin auf seine Finger hinab. "Und du hast ihn nicht geliebt?"

"Nein, ich steh nicht auf Jungs", antwortete er etwas angespannter. "Jacob hat genervt."

Wieder nickte ich. Die Wochen vor der Party hat Jacob Abstand zu ihm gesucht. Nicht nur zu ihm, sondern zu allen Menschen. Und als Owen die Party verkündet hatte, hing er wie eine Klette an uns dran. Irgendwie schon merkwürdig und verdammt auffällig.

"Und sonst wär ich auch nicht mit dir zusammen gewesen", fügte er flüsternd hinzu, was mich zum Lächeln brachte.

Nicht nur, weil er mich an unsere Beziehung erinnert hatte. Sondern auch, weil er so viel redete. Im Vergleich zu anderen Menschen vielleicht immer noch recht wenig, aber dieses Gespräch mit ihm fühlte sich gerade so frei und ungehemmt an.

ASHES ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt