50 || Keine guten Gründe

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Tristan stand mir deutlich angespannt gegenüber. Jede Zelle an seinem Körper schien sich mit Unsicherheit zu füllen. Ich konnte immer noch nicht begreifen, dass er die Ko-Tropfen in seiner Hand hielt und sie Jamie eingeflößt hatte. Man konnte sich in Menschen wahrhaftig täuschen!

In mir herrschte das reinste Gefühlschaos, eine explosive Mischung aus Wut und Enttäuschung. Tristan hat sich die ganze Zeit lang als einen so guten Freund für mich ausgegeben. Selbst wenn er es ernst gemeint haben sollte, dass er immer für mich da gewesen ist, war das mit den Ko-Tropfen ein Schlag mitten ins Gesicht.

"Anisa, du musst mir glauben! Ich habe sie nicht angerührt!" Tristan atmete schwer und machte einen Schritt wieder auf mich zu. "Wirklich nicht!"

"Sie ist zusammengebrochen. Sie hätte sich schwer verletzen können!" Aufgebracht schüttelte ich immer noch mit dem Kopf und trat jeden Schritt zurück, den er mir näher kam. "Sag doch einfach, dass du es gewesen bist!"

"Ich habe die verdammten Ko-Tropfen ja auch in das Glas gemischt!", antwortete er nachdrücklich und starrte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an. "Aus gutem Grund!"

"Es gibt keine guten Gründe, jemandem Ko-Tropfen zu verabreichen!" Bevor er bei mir angelangen konnte, bin ich an ihm vorbeigestapft und stürmte aus dem Zimmer direkt auf die Treppe zu. Eigentlich wollte ich mich bei Ashton noch verabschieden, aber gerade hatte ich dafür keinen Nerv mehr übrig.

Tristan folgte mir auf Schritt und Tritt und rannte mir hinterher. Er holte mich ein und stellte sich vor mir in den Weg. "Hör mir zu! Bitte! Es ist ein Unfall gewesen!"

Man konnte doch nicht aus Versehen Ko-Tropfen in ein Getränk mischen! Was stimmte mit ihm bitte nicht?

"Das war kein Unfall!", zischte ich und legte die Hand auf das Geländer ab.

Tristan blieb dicht vor mir stehen und blockierte den Weg nach draußen. "Doch, weil ... weil das Getränk für dich bestimmt gewesen ist und nicht für Jamie."

Mir blieb einfach nur der Mund offen stehen. "Das ist nicht dein Ernst."

Das verbesserte die Lage kein Stück. Wem auch immer er die Tropfen geben wollte, ich habe mich in diesem Jungen getäuscht! Je länger er sich herausreden wollte, desto wütender machte er mich.

"Ich wollte dir schon öfter welche geben", fuhr er fort und versuchte mich mit seinem Körper von der Treppe zurückzudrängen. "Ich wollte dir an dem Abend welche geben, als ich dich auf der Straße mitgenommen habe ... und vor ein paar Tagen, als ich bei dir gewesen bin und Tee gekocht habe. Dann habe ich aber gemerkt, dass ich das nicht tun kann. Es hätte sich falsch angefühlt ..."

Ein plötzlicher Ekel überkam mich bei dem Anblick seines Gesichtes. Ich bereute die gesamte Zeit, die ich mit ihm verbracht habe und dass ich ihm von meinen Albträumen erzählt habe. In seinem Gesicht, das ich vor einigen Wochen als liebevoll anerkannt habe, erwachte gerade wieder das Boshafte und Bedrohliche, vor dem ich früher Angst hatte.

Sein Unterkiefer wirkte so scharfkantig wie noch nie zuvor und seine dunklen Augen schlugen mit den Flammen nach mir. Ich atmete immer hektischer, je näher er sich in meine Richtung drängte. Panik kroch meinen Nacken hinunter, brachte meinen Körper zum Schütteln.

Verbittert erwiderte ich den starren Blickkontakt zu ihm. "Und warum wolltest du das bitte tun?"

Tristan schluckte hörbar. "Anisa, ich hab dir doch gesagt, dass du dich nach Zärtlichkeiten sehnst, weil du sie von Ashton nicht bekommen hast ..."

"Warum würdest du das tun?"

"Ich sag es dir ... okay? Ich sag es dir." Er konnte mich am Arm packen und umschloss ihn fest. "Weil ich es auch gebraucht habe, okay?! Ich wollte einfach nur mit dir schlafen!"

ASHES ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt