Zu unserem Glück waren meine Eltern arbeiten und Evie ist wohl zum Lernen zu einer ihrer Studentenfreundinnen gegangen – oder sie lernte bei diesem Ryan. Zwar wussten sie alle nicht wie Tristan aussah und ich hätte ihnen auch ohne ihrem Wissen Troy Bolton vorstellen können, aber ich wollte kein unnötiges Risiko eingehen. Immerhin konnten wir in aller Ruhe das Haus betreten.
Ohne Umwege verschwand ich sofort in meinem Zimmer, um aus der engen Jeans herauszuschlüpfen. Die drückte sich nämlich unangenehm in meinen Bauch. Bevor Tristan einen Fuß in mein Zimmer setzen konnte, trug ich bereits eine bei weitem bequemere Jogginghose. Als wäre es mein größtes Glück auf dieser Welt kuschelte ich mich unter meine Bettdecke und ließ mich in das weiche Kissen einsinken.
Währenddessen betrachtete Tristan Kinderfotos von mir, die an den Wänden angebracht waren – als würde es ihn brennend interessieren. Mit langsamen Schritten ging er durch mein Zimmer und nahm es genauer unter die Lupe. Meinen unordentlichen Schreibtisch betrachtete er mit einem amüsierten Schmunzeln. Dann blieb er endlich mitten im Raum stehen und drehte sich zu mir um. "Willst du einen Tee oder so? Soll helfen ... hab ich gehört."
"Du kennst dich aber ziemlich gut aus, dafür dass du dich noch nie um ein Mädchen gekümmert hast", merkte ich teils überrascht, teils geschmeichelt an. Ich war wirklich erleichtert, in Tristan einen neuen Freund gefunden zu haben. So liebevoll wie er sich um mich kümmerte, hätte ich mir nicht einmal in meinen schönsten Träumen vorstellen können.
Abwesend spielte ich mit den Fingern an der Bettdecke herum und zupfte sie zurecht. Ich beobachtete Tristan dabei, wie er die Umgebung weiterhin musterte. Mit geröteten Wangen strich er sich durch das dunkle Haar. Dann schob er rasch beide Hände in seine Hosentaschen und hob die Schultern an. "Na ja, was soll ich sagen? Ich bin nun mal nicht so dumm. Ich kann dir gern einen Tee kochen ... wenn du das willst."
"Das wäre echt sehr lieb von dir", gestand ich kichernd und schwang die Beine wieder aus dem Bett. "Ich komme aber mit, weil du ja nicht weißt, wo der Wasserkocher steht."
"Oh ... ja, da hast du recht." Mit einem verlegenden Lachen ging er mir aus dem Weg, damit ich vorausgehen konnte. Mittlerweile haben die Krämpfe schon etwas nachgelassen, überkamen mich aber dennoch recht schmerzhaft. Lag vermutlich daran, dass ich mich zuhause um einiges wohler fühlte als in der aufregenden und lauten Schule. Trotzdem konnte eine heiße Tasse Tee nicht schaden.
Ich führte Tristan in die Küche und reichte ihm die nötigen Gerätschaften. Natürlich wollte ich ihn nicht dazu verpflichten, für mich Tee zu kochen, aber da es seine Idee gewesen ist, hatte ich dagegen nichts einzuwenden. In aller Ruhe stemmte ich mich auf die Küchenzeile und setzte mich mit einem Dauerlächeln hin.
Und jeder hat gedacht, er wäre das Grauen.
"Du musst das alles nicht tun. Warum machst du es dann trotzdem?", fragte ich ihn beiläufig und sah dabei zu, wie er das kochend heiße Wasser in die Tasse goss. Den Teebeutel darin zog er im Kreis, sodass sich der Geschmack ausbreiten konnte.
"Für gutes Karma schätze ich", sagte er und drehte nun den Kopf zu mir um. "Außerdem warst du ... mal abgesehen von deinen Fluchtversuchen früher ... immer nett zu mir. Warum sollte ich dann nicht auch nett zu dir sein?"
Diesmal war ich diejenige, deren Wangen zu glühen begannen. Ich presste die Lippen aufeinander und blickte zu meinen Füßen, die unter mir baumelten. Inzwischen war es mir unangenehm, dass ich damals immer vor ihm abgehauen bin, sobald ich ihn irgendwo entdeckt hatte. So unschuldig ist er daran allerdings auch nicht gewesen. Wenn er diese finstere Miene im Gesicht getragen hat, durfte ich doch jeden Grund haben, aus Panik vor ihm fliehen zu dürfen!
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ASHES ✓
Misterio / Suspenso"Tja, wer weiß, was an jenem Abend alles so passiert ist?", fragte er mich und lächelte mich unschuldig an. "Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, Anni." Ich legte die Stirn in Falten. "Was -" Ganz vielleicht schenkte ich dem Sprichwort v...