Genauso schnell wie ich meine Ohrfeige erhalten habe, zog der Sturm auch weiter. Mr Fierce hatte von sich aus beschlossen, noch ein paar wichtige Dinge erledigen zu gehen. Minuten verstrichen, bis Owen und Tristan ihre Diskussionen beendet hatten und ich wieder auf der Couch saß. Ich wusste nicht genau, wie es dazu gekommen ist.
An meiner Seite Ashton, der die Knie angezogen hat und sie mit beiden Armen umschlang. Wie in Trance wog er sich vor und zurück. Tristan ließ sich in dem Sessel nieder, während Owen unruhig auf und ab ging. Er machte mich damit wahnsinnig.
"Kam das schon öfter vor?", fragte ich in den Raum hinein und schaute niemanden explizit an. Ich starrte vor mir auf den Couchtisch und verfolgte mit den Augen die gezierten Linien der Marmortischplatte. Das taube Gefühl war aus meiner Wange erloschen. Trotzdem war ein leichtes Brennen zu spüren, wenn sich auch nur meine Haare darüber legten.
Owen blieb in dieser Sekunde auch stehen und schob die Vorhänge des Fensters in den Hinterhof zur Seite. Abwesend starrte er hinaus. Sein Blick war so leer, dass ich mich fragte, worüber er genau nachdenken musste.
"Hat er dir schon öfter wehgetan?" Diesmal schaute ich zu Ashton. Sein Gesicht versuchte er zu verstecken, da er den Kopf gesenkt hielt. "Ash ..."
"Nein", krächzte er so bestimmt, dass ich sofort wusste, wie er mir die Lüge einflößen wollte.
"Es kommt manchmal vor, dass George seine Wut an jemandem auslassen muss. Und dann ist sein Ziel Ashton", offenbarte mir Tristan, der die Beine über die Armlehne des Sessels schwang. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie sein Vater Ashton andauernd verprügelte. Früher habe ich diesen Mann als sympathischen, wenn auch häufig ziemlich abgehobenen Menschen angesehen. Jetzt empfand ich ihn einfach nur noch als grausam.
Meine Finger verkrampften, als sie sich an dem Stoff meines T-Shirts festkrallten. "Und Owen schlägt ihn auch?"
"Nein", sagte Ashton leise. "Es ist nur einfacher zu erklären, dass mich mein Bruder verprügelt, anstatt ... mein Vater."
Um mir die Wahrheit dieser Antwort beglaubigen zu lassen, sah ich zu Owen. Mit einem Seufzen nickte er. "Ich habe ihm kein Haar gekrümmt. Außer das eine Mal vor der Schule."
Das rechtfertigte natürlich überhaupt nichts. Trotzdem war ich froh, dass Owen vielleicht tief in sich drin seinen Zwillingsbruder nicht bis aufs Mark verabscheute. Ich würde mir wünschen, dass er Ashton so behandeln würde, wie es Tristan bereits tat. Wie seinen Bruder.
Wenn ich mir vorstellen müsste, dass Evie und ich mit einem derartig angespannten Verhältnis zueinander in einem Haus leben müssten, würde ich die Krise kriegen. Ab und zu hatten wir unsere kleinen Auseinandersetzungen und stritten uns über die banalsten Dinge. Wir waren allerdings dazu fähig, uns danach wieder in die Arme zu schließen und füreinander da zu sein.
Ich nahm die Beine von der Couch und stellte die Füße auf dem Boden ab. "Wie ihr vielleicht wisst, seid ihr mir alle wichtig."
Als hätte ich es schon geahnt, war es Owen, der meine Aussage zunächst nicht ernst nehmen wollte. Doch ich nickte ihm ehrlich zu. "Du hast mein Leben gerettet und mich nicht einfach in dem brennenden Haus stehen gelassen. Ich will auch mit dir befreundet bleiben. Wirklich. Du musst nur endlich meine Entscheidungen akzeptieren."
Er ließ den Kopf hängen und blickte wieder aus dem Fenster. Hoffentlich würde er darüber nachdenken. Wenn er ab sofort Ashton etwas freundlicher behandeln würde und mich nicht in jedem seiner Sätze anmachen würde, könnte ich mir eine Freundschaft mit ihm vorstellen. Solange er aber nicht respektierte, dass ich für Ashton Gefühle hatte, würde daraus nichts werden.
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ASHES ✓
Mystery / Thriller"Tja, wer weiß, was an jenem Abend alles so passiert ist?", fragte er mich und lächelte mich unschuldig an. "Du siehst den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr, Anni." Ich legte die Stirn in Falten. "Was -" Ganz vielleicht schenkte ich dem Sprichwort v...