„Lennox, Sie kommen mit mir. Ich bringe Sie zu unserem Schmied, der Ihre Maße für Ihre spätere Ausrüstung nimmt. Sie werden sie brauchen, sobald wir damit beginnen, mit Waffen zu trainieren. Bis dorthin ist es zwar noch ein langer Weg, aber einige Teile müssen maßangefertigt werden."
Ich nickte und folgte ihr zu einem kleinen Haus, das ganz in der Nähe des Trainingsgeländes, aber trotzdem ein wenig abseits lag. Rauch stieg aus dem Schornstein auf und es hatte etwas uriges an sich. Außen unter einem Dachvorsprung waren ein paar Ständer, an denen Schwerter und Waffen lehnten und an der Hauswand war Holz gestapelt. Nur hundert Meter entfernt war die Küste oder genauer eine Steilwand, die zum Meer herunterstürzte. Ein leichter Wind pfiff und ich schmeckte das Salz in der Luft.
Yates brachte mich zur Tür. „Wenn Sie hier fertig sind, erwarte ich Sie auf dem Trainingsplatz." Dann ging sie einfach und ließ mich vor dem Haus stehen.Etwas ratlos sah ich zu den Waffen und wusste nicht was ich tun sollte. Sie hatte mir nicht gesagt was ich tun sollte, also klopfte ich kurzerhand. Als nach dem zweiten und dritten Mal noch immer niemand öffnete, drückte ich versuchshalber dagegen und sie schwang auf. Von drinnen prallte mir als erstes eine Hitzewelle entgegen, dann hörte ich Hammerschläge.
Zögerlich trat ich ein. „Hallo?", rief ich etwas schüchtern und das Geräusch von Metall auf Metall verstummte.
„Du musst die Neue sein", kam es von weiter hinten und erst jetzt sah ich wie sich eine große Gestalt von dem Raum abhob, der nur vom Schein des Feuers in der Esse erhellt wurde. Es war ein Mann, der mich heran winkte.
„Ist das so offensichtlich?", fragte ich mit einem unsicheren Lächeln.Er lachte. Es war ein tiefes, freundliches Lachen. „Niemand sonst macht sich die Mühe, bei mir zu klopfen. Ich höre es ohnehin nicht wegen des Hammers." Er hielt das riesige Werkzeug nach oben. „Ich bin Gaspard Fabron, der Schmied." Er hielt mir seine Pranke von Hand hin, die in einem dicken Lederhandschuh steckte und ich schüttelte sie. Sie war beinahe doppelt so groß wie meine, was auch für seinen Körperbau galt.
Ich fühlte mich winzig neben dem großen Mann mit dem breiten Kreuz. Seine Arme waren mit Muskeln bepackt und sein Gesicht mit Ruß beschmiert. Er trug einen dichten, dunkelbraunen Bart und seine Augen waren so grau wie Eisen. Die Milde darin passte noch weniger zu ihm als zu Warren. Aber im Gegensatz zu dem Rekruten rührte sie nicht von seiner Schüchternheit her. Er wusste um seine Erscheinung und seine Kraft, trotzdem war sein Lächeln eines der sanftmütigsten, das ich je gesehen hatte. Vor allem aber war es ehrlich.
„Dann wollen wir mal. Setzt dich gerade dort hin." Er zeigte auf einen kleinen Holzschemel und ich ließ mich brav darauf nieder. Er ging zurück zu der Esse, legte den Hammer ab und das glühende Stück Metall, das er gerade bearbeitet hatte, wieder ins Feuer. Dann suchte er einige Dinge zusammen.Ich sah mich in der Zwischenzeit um. Die Wände hingen voll mit Waffen und Schilden, doch ansonsten schien es hier ziemlich gemütlich zu sein. Fabron schien hier auch zu wohnen, denn es gab neben einem Tisch und Stühlen auch eine kleine Küche. Eine Treppe führte in ein oberes Stockwerk.
„Ist ein bisschen warm hier, was?", meinte Fabron, als er mit einigen Dingen in der Hand zu mir kam. Ich zuckte mit den Schultern, obwohl mir der Schweiß bereits auf der Stirn stand. „Ich bin auch nicht das ganze Jahr über hier drinnen. Im Winter ist es zwar mollig warm, aber im Sommer so gut wie unerträglich. Da arbeite ich dann an der Esse hinter dem Haus. Aber heute ist es ein wenig ungemütlich draußen, findest du nicht?"Ich nickte und er schlang mir ein Maßband um die Taille. Dann notierte er sich die Zahl und tat das gleiche mit meinen Handgelenken.
„Besonders gesprächig bist du ja nicht gerade", stellte er fest.Ich riss mich endlich aus der Stummheit. „Tut mir leid. Seit ich hier bin, haben es nur wenige darauf angelegt, mit mir ein Wort zu wechseln." Ich lächelte entschuldigend. Genauer gesagt hatte ich mir den Hass meiner Kameraden auf mich gezogen, als ich das letzte Mal den Mund aufgemacht hatte.
„Sie können ziemlich ruppig sein, ich weiß." Er schenkte mir einen mitleidvollen Blick und ich fasste Vertrauen zu ihm.
„Ich glaube, es liegt an den Flügeln."
„Möglich." Er zuckte mit den Schultern und wirkte, als wäre er meiner Meinung. Er schien allerdings keine Probleme damit zu haben, dass mein Rücken leer war.
Schließlich war er fertig damit, meine Maße zu nehmen, und reichte mir eine rundes Stück Metall. „Probier die mal aus."Ich sah ihn mit großen Augen an. Ich hatte keine Ahnung, was ich damit sollte.
Bei meinem Anblick musste er abermals lachen. „Dir hat man ja tatsächlich nichts erzählt."
Er nahm sie mir wieder ab, griff nach meiner Hand und legte die Platte auf meinen Unterarm. „Bracelets. Das ist ein Teil der Rüstung. Zum Schutz deiner Unterarme. Falls du etwas nicht mit deinem Schwert abwehren kannst, hast du noch die da. Außerdem verhindern sie, dass dir die Hand abgeschlagen wird." Er schnallte sie mit den Lederschnallen fest, die auf der Innenseite meines Armes lagen. So umschlossen sie meinen kompletten Unterarm vom Handgelenk bis etwa zehn Zentimeter unter meinen Ellbogen. „Damit es nicht am Handgelenk scheuert, wickelt man sich normalerweise noch Lederriemen darum. Aber die bekommst du dann dazu."
Er nahm sie mir wieder ab. „Gut, das war dann auch alles."Ich stand auf. „Danke, Monsieure Fabron."
„Oh bitte. Nenn mich Gaspard. Und falls du mal jemanden brauchst, der es darauf anlegt, mit dir zu reden, weißt du ja wo du mich findest."
Ich lächelte. „Danke. Ich werde darauf zurückkommen." Ich mochte Gaspard. Er war der erste, der mich nahm wie ich war und nicht nach meinem Nachnamen urteilte, obwohl er sicher wusste, wer ich war. Außerdem war er außer Etienne der Erste, der nett zu mir war und es auch so meinte.
Ich verabschiedete mich und ging zurück zum Trainingsplatz, wo Yates wie versprochen auf mich wartete. „Eine Stunde laufen, richtig?", fragte ich, bevor sie auch nur den Mund öffnen konnte.„Sie lernen schnell, Lennox. Ich bin dort drüben bei den älteren Rekruten und beobachte Sie."
Ich nickte und setzte mich in Bewegung. Mein Körper streikte, aber ich ließ mir davon nichts anmerken. Ich quälte mich erneut durch die zusätzliche Stunde, bis Yates mich mit einem ausladenden Zeichen freigab.
Wie gestern ließ ich mich ins Gras fallen und trank etwas, bis ich wieder einigermaßen zum Atem gekommen war. Dann ging ich zu meinem Zelt, fiel in mein inzwischen wieder trockenes Bett und verschlief den restlichen Tag bis zum nächsten Morgen.
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Feather, Sword & Blood
FantasyIm letzten Jahrhundert hat sich die Welt verändert. Eine Genmutation brachte neben den Menschen weitere Spezies hervor. Kriege, in denen nahezu das gesamte Wissen über moderne Technologie verloren ging, forderten über zwei Milliarden Leben und zerri...