Dreiundsiebzig

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Zufrieden nickte er und wir gingen zurück zu den Trainingsplätzen. Niemand außer uns war mehr dort.

Caden ging zu den Waffenständern und hängte seinen Umhang daran, ich ließ ihn einfach zu Boden fallen.

Ich wollte das hier schnell hinter mich bringen, doch ich wusste, dass Caden trotz allem kein leichter Gegner war. Nur weil ich ihn einmal besiegt hatte, bedeutete das noch lange nicht, dass ich überheblich werden durfte. Letzte Mal hatte ich den Überraschungseffekt auf meiner Seite gehabt, doch inzwischen wusste Caden um meine Fähigkeiten. Er hatte mich kämpfen gesehen, wusste wie ich in Stresssituationen reagierte. Doch für mich galt das gleiche, also würde ich behaupten, dass etwas wie Chancengleichheit herrschte.
 
Locker ließ Caden sein Schwert mit seinem Handgelenk rotieren, während er ein paar Schritte auf mich zukam. Ich umschloss mein Heft fester und bewegte mich genau spiegelverkehrt zu ihm, sodass wir uns wie hungrige Wölfe gegenseitig umkreisten. Doch im Gegensatz zu den letzten Malen fehlte sein selbstsicheres Grinsen. Stattdessen kniff er leicht die Augen zusammen und schien sich ernsthaft zu konzentrieren. Ob ich mich deshalb geschmeichelt fühlen oder besorgt sein sollte, wusste ich noch nicht, aber es versetzte mich auf jeden Fall in Alarmbereitschaft. So einfach wie das letzte Mal würde es dieses Mal nicht werden. Ich allerdings würde es ihm ebenfalls schwer machen.
 
Ich war schließlich die erste, die sich aus der Defensivhaltung löste und ihn angriff. Meine Klinge prallte an der seinen ab, als er den Hieb lässig abblockte. Allerdings beließ ich es nicht dabei, sondern setzte sofort nach und versuchte es mit einem Tritt gegen sein linkes Bein. Tatsächlich knickte es ein, er drehte sich mit und schlug mit dem Knie auf dem Boden auf, allerdings nutzte er die Bewegung und zog sein Schwert nach, sodass ich einen Satz zurück machen musste. Das brachte ihm die nötigen Sekunden ein, die er brauchte, um sich wieder aufzurichten.
 
Dieses Mal war es an ihm, mich anzugreifen. Mit einem Ausfallschritt verringerte er den Abstand zwischen uns und schlug nach mir. Ich blockte ab und versuchte wieder an Distanz zu gewinnen, jedoch ließ er das nicht zu. Mit einigen gezielten Hieben brachte er mich ein wenig in Bedrängnis, es war allerdings nichts, womit ich nicht umgehen konnte.

Doch langsam wurde mir bewusst, dass ich mir etwas einfallen lassen musste. Auf die Dauer hatte ich als Frau die schlechteren Karten. Dieser Kampf unterschied sich von dem gegen die Mutationen und sogar von dem gegen Aurelie Labelle. Keiner von uns beiden würde einen groben, technischen Fehler machen, den der jeweils andere dann zu seinem Vorteil ausnutzen konnte. Wir mussten den anderen dazu zwingen und dafür musste ich mindestens einen Gang höher schalten.
 
Deshalb ließ ich mich bei seinem nächsten Hieb fallen und rutschte auf meinen Knien unter seiner Klinge hindurch. Noch während er seinen eigenen Schwung abfangen musste, war ich schon wieder aufgesprungen und hatte mich so fest vom Boden abgedrückt, dass ich für einen Moment in der Luft hing. Zusätzlich schlug ich zwei Mal kräftig mit meinen Flügeln und vergrößerte meinen Abstand zum Boden noch einmal. Anschließend ließ ich mich wieder fallen und nutzte mein Körpergewicht, um die Wucht des Schlages, den ich auf Caden niederprasseln ließ, zu erhöhen.

Tatsächlich hörte ich ihn ächzen, als er sich gegen unsere gekreuzten Klingen lehnte. Seine Stiefel rutschten für einige Zentimeter über den sandigen Untergrund, allerdings hatte er schnell wieder einen festen Stand und dieses Mal war er es, der mich überraschte.
 
So plötzlich, dass ich kaum reagieren konnte, machte er einen Schritt nach hinten und ich stolperte in seine Richtung. Er nutzte meine Vorwärtsbewegung, war allerdings zu langsam, um sein Schwert in die richtige Position für einen Schlag zu bringen, weshalb er kurzerhand seine Arme ausbreitete, in die ich geradewegs hineinlief. Blitzschnell umschlang er mich damit, so dass ich mit meinem Rücken gegen seine Brust gedrückt wurde. Er drückte so fest zu, dass ich meine Flügel nicht bewegen konnte, bevor er mir jedoch seine Klinge an den Hals halten konnte, hatte ich meine linke Hand hochgerissen und drückte gegen sein Bracelet. Gleichzeitig hielt er seinerseits mein rechtes Handgelenk umklammert, um mich daran zu hintern meine eigene Schneide gefährlich nah an sein Gesicht zu bringen.
 
„Gibst du auf?", hauchte er in mein Ohr.

Feather, Sword & BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt