Siebenundvierzig

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Cadens Mutter starrte uns schockiert an. „Was in Herrgotts Namen...?"

„Hey, Mum. Ich wollte euch mal wieder besuchen kommen", meine der Sergent betont lässig, wofür ich ihm am liebsten in den Bauch geboxt hätte.

Bei dem Anblick unserer verbluteten Kleidung wich ihr sämtliche Farbe aus dem Gesicht.

In diesem Moment trat ein großer Mann an sie heran, vermutlich Cadens Vater. Als er uns sah, nahm er seine Frau an den Schultern und zog sie sanft beiseite. „Kommt erstmal rein", meinte er.
 
Ich schleppte Caden über die Schwelle ins Innere des Hauses und mir stieg der Geruch von Rauch und Fleisch in die Nase. Der Boden, die Wände und die Möbel waren aus grobem Holz gemacht und es gab nicht wirklich viel Platz. In der Ecke war eine Küche, die aus einem spärlichen Gasherd und einer kleinen Arbeitsplatte bestand. Im Zentrum des Raumes stand ein klobiger Tisch mit vier Stühlen und recht von uns ein altes Sofa. Außerdem gab es einen Kamin, der wohlige Wärme verbreitete. Eine schiefe Treppe führte in ein zweites Stockwerk.

Der bärtige Mann mit den breiten Schultern führte uns zu dem einzigen Teppich im Raum und half mir, seinen Sohn darauf abzulegen. „Was ist passiert?", wollte er wissen und begann die seitliche Schnürung des ärmellosen Lederoberteils zu lösen.

„Uns wurde in den Arsch getreten, das ist passiert", erwiderte er und ächzte als er die Arme heben musste, um sich seiner Kleidung zu entledigen. Plötzlich wirkte er mindestens drei Jahre jünger, was vermutlich auch an seinem englischen Slang lag, der das klare Französisch ersetzt hatte.

Sein Vater bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick. Als er jedoch die Wunde betrachtete, zeichnete sich Erstaunen auf seinem Gesicht ab. „Ist es das, wofür ich es halte?"

„Ist es", bestätigte ich, „Die Kugel steckt noch drin. Wir müssen sie rausholen."

Er nickte und drehte sich zu seiner Frau um, die sich an einem Stuhl festkrallte und sich die andere Hand vor den Mund geschlagen hatte. „Celia, hole deine Tasche."

Endlich riss sie sich aus der Starre und setzte sich in Bewegung. „Sie arbeitet als Krankenschwester in unserem Dorf", sagte der Mann jetzt an mich gewandt.

Ich nickte.
 
Dann richtete er sich plötzlich ein wenig auf und streckte mir die Hand hin. „Wo sind meine Manieren? André Milanion."

Ich schüttelte sie und lächelte. „Aria Lennox."

„Ja, schön, dass das jetzt geklärt wäre", kam es von unten, „Wäre jetzt jemand so freundlich das Ding aus meiner Schulter zu holen?"

„Caden Christophe Milanion! Sei nicht so unhöflich. Diese junge Frau hat dich schließlich hergebracht."

„Ja und ich bin ihr sehr dankbar dafür. Vor allem, dass sie mich auf dem Weg nicht selbst umgebracht hat."

Ich kniff die Augen zusammen. „Ein paar Mal war ich kurz davor. Aber mir waren meine Pfeile dann doch zu schade dafür", rutschte es mir heraus. Als ich jedoch merkte, was ich gerade gesagt hatte, biss ich mir auf die Zunge.

Doch Cadens Vater lachte nur. „Da hast du ja endlich jemanden gefunden, der dir gewachsen ist, Caden."

Sein Sohn verzog das Gesicht, doch bevor ich über diesen Satz nachdenken konnte, kam bereits seine Mutter zurück.
 
Sie ließ sich neben uns auf den Boden fallen und begann einige Dinge aus der Ledertasche zu räumen. Dann sprang sie wieder auf, lief zu einem der Küchenschränke und holte ein kleines Fläschchen heraus, in dem eine zähflüssige grüne Flüssigkeit schwappte.

„Das ist nicht nötig, Mum", meinte Caden, doch sein Vater nahm das Fläschchen entgegen.

„Tu es nicht für dich, sondern für deine Mutter. Du musst hier nicht den harten Ailé raushängen lassen."

Feather, Sword & BloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt