Während des gesamten Weges sagten Caden oder ich kein einziges Wort. Manchmal unterhielten sich die Farrow-Brüder untereinander, anfangs hatten sie sogar versucht mit Caden ein Gespräch anzufangen, das aber ziemlich schnell wieder erstarb. Deshalb blieb es die meiste Zeit still.
Der Regen trug ebenfalls nicht gerade dazu bei die Stimmung zu heben. Genau wie Benson hatte ich mich unter mein Kapuze verkrochen, aber nach ein paar Stunden war sogar der dicke Umhang vollkommen durchgeweicht. Inzwischen fror sogar ich als Ailée und meine Laune war endgültig im Keller.
Doch gerade als meine Mordgelüste Überhand zu nehmen schienen, ragte die Stadt vor uns auf. Obwohl wir erst vor drei Tagen hier gewesen waren, fühlte es sich an als wäre es schon Ewigkeiten her. So viel war in der Zwischenzeit passiert. Inzwischen hatte auch der Regen nachgelassen, stattdessen wurden die Konturen der Gebäude von gespenstigen Nebelschwaden verschluckt. Soweit ich von hier aus erkennen konnte, hatten die Handwerker inzwischen ihre Arbeit an dem Dach beendet.Doch statt die Hauptstraße entlang zu reiten wie wir es das letzte Mal getan hatten, umrundeten wir die äußersten Häuser großzügig, um zum anderen Ende der Stadt zu gelangen. Vermutlich auch, damit wir den Wächtern aus dem Weg gingen. Nachdem wir mitten auf der Straße fünf Nigreos umgebracht hatten, waren sie sicher nicht gut auf uns zu sprechen.
Nach etwa einer halben Stunde wurden die Häuser weniger und standen weiter auseinander. Jules steuerte direkt auf eine Hütte zu, die am weitesten abgelegen war. Einsam lag sie direkt am Rande eines schlammigen Ackers und konnte nur durch einen aufgeweichten Trampelweg erreicht werden. Die Hufe unserer Pferde gaben schmatzende Geräusche von sich als sie sich durch den Matsch quälten.Neben dem Wohnhaus, das aus massiven Eichenbrettern gebaut worden war, stand ein weiteres, kleineres Gebäude, das wiederum Steinmauern hatte. Aus einem Schornstein qualmte Rauch, der mit dem Nebel verschmolz. Ein wenig kam ich mir vor wie in einem dieser uralten Märchen. Nur, dass das vor uns kein Hexenhäuschen war, sondern eine kleine Schmiede, in der vermutlich moderne Schusswaffen hergestellt wurden.
Ich richtete meinen Gürtel, nachdem ich von Leils Rücken gesprungen war. Nervosität ballte sich in meinem Magen zusammen und wurde zu einem einzigen, unangenehmen Knäul. Mein Instinkt sagte mir, dass ich nur wenige Meter von den Antworten entfernt war, denen ich nun seit fünf Jahren nachjagte. Heute war der Tag, an dem ich endlich die Wahrheit über den Tod meines Bruders erfahren würde. Wie verdammt recht ich damit gehabt hatte, war mir zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht klar gewesen. Genauso wenig wie, dass dieser Tag alles, einfach alles, verändern würde.
Doch gerade als ich den Farrows zu der Hütte folgen wollte, hielt Caden mich zurück. „Geht schon mal voraus. Wir kommen gleich nach", meinte er zu den Brüdern.Jules zögerte einen Moment. Vermutlich, weil er befürchtete, dass wir uns gegenseitig an die Gurgel gehen würden wenn er uns alleine lassen würde. So falsch lag er damit nicht.
Schließlich gesellte er sich zu seinem Bruder und ich begegnete dem Sergent mit steinerner Miene und eiskaltem Blick. Aber bevor er überhaupt etwas sagen konnte, unterbrach ich ihn: „Spar dir deine wertlose Entschuldigung, Milani. Ich habe es satt ständig von dir gesagt zu bekommen, dass du dich ändern wirst, nur damit du mir dann wieder einen metaphorischen Dolch zwischen die Rippen jagen kannst. Wenn wir recht behalten, bekommen wir hier endlich die Antworten, nach denen wir die ganze Zeit gesucht haben. Danach ist unser Auftrag beendet. Dann kannst du dir die Mühe sparen, mich aus deinem Trupp zu werfen, denn ich werde freiwillig gehen. Ich lasse das nicht mehr länger mit mir machen."
Ohne auf eine Erwiderung zu warten, ließ ich ihn stehen.
Die Farrows hatten es in der Zwischenzeit aufgegeben gegen die schwere Tür zu hämmern und gingen gerade zu dem Anbau. Ich gesellte mich zu ihnen. Keiner der beiden fragte nach und auch Caden schwieg, nachdem er sich uns angeschlossen hatte.
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Feather, Sword & Blood
FantasyIm letzten Jahrhundert hat sich die Welt verändert. Eine Genmutation brachte neben den Menschen weitere Spezies hervor. Kriege, in denen nahezu das gesamte Wissen über moderne Technologie verloren ging, forderten über zwei Milliarden Leben und zerri...