Blue atmete tief ein und stieß dann die Luft aus, als wollte er sich beruhigen. Er schien dasselbe zu denken wie sie, nämlich, dass ein Streit gerade nicht sinnvoll war.
„Egal wie schnell du deine Schmerzgrenze erreichst-", sagte er stattdessen und begann, vor ihr hin und her zu wandern, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. „-es ist noch lange nicht das Ende deiner Kräfte. Das versucht dir dein Gehirn nur vorzuspielen. Du kannst Kraft und Stärke vielleicht mit deinem Körper aufbauen, doch nutzen kannst du sie nur mit dem Kopf. Das ist es, was wir hier trainieren werden." Er tippte sich an die Stirn, dann deutete er auf die niedrigste Plattform. „Versuch es noch einmal."
Diesmal biss sie die Zähne zusammen, als der Schmerz durch ihr Knie schoss. Sie wollte nicht noch einmal wie ein Schwächling dastehen, auch wenn er sie wahrscheinlich sowieso schon für einen hielt. Tatsächlich schaffte Isabella es diesmal, sich auf die Plattform zu ziehen, richtete sich auf und klopfte den Staub von den Oberschenkeln. Triumphierend sah sie zu Blue hinunter, der zu ihrer Enttäuschung nicht besonders beeindruckt aussah.
„Jetzt weiter.", sagte er.
Zwischen den Plattformen, die, wie Isabella erst jetzt auffiel, wie Stufen einer Treppe immer weiter nach oben führten, klaffte ein Loch, das nach jeder Plattform ein wenig breiter wurde. Auch die nächste Ebene befand sich nicht weit über dem Boden, doch Isabella war sich sicher, dass ein Sturz durchaus schmerzhaft wäre. Mit einem großen Schritt erreichte sie jedoch auch die nächsten beiden Stufen.
Blue nickte und deutete weiter, doch der nächste Abstand war noch ein gutes Stück größer. Isabella tastete sich mit den Händen vor, doch ihre Fingerspitzen erreichten das Holz nicht und sie drohte, nach vorne zu kippen. Sie warf einen Blick nach unten und ihr wurde schwindelig, obwohl sie sich nicht einmal zwei Meter über dem Boden befand.
„Vielleicht ist das zu viel für das erste Mal.", sagte Blue und winkte sie nach unten. Erleichtert ließ sie sich von der Plattform gleiten. Sie war zufrieden mit sich. So schlecht hatte sie sich nicht angestellt. Doch er war noch nicht fertig mit ihr.
„Versuchen wir etwas anderes." Blue deutete auf eine der Kisten, die an der Wand gelagert waren. „Zieh sie zur anderen Seite."
Isabellas Hände umschlossen den alten, rostigen Griff, der an der Seite der Holztruhe angebracht war. Mit aller Kraft stemmte sie ihre Füße in den Boden, zerrte an der Kiste. Die alte Truhe bewegte sich nur wenige Zentimeter, bevor ihre Hände abrutschten und sie keuchend auf die Knie fiel. Was wurde darin gelagert? Steine? Ihre Handflächen brannten und ihr Atem ging schnell und stoßweise.
Scheinbar mühelos schob Blue die Kiste an ihren ursprünglichen Platz zurück. Isabella ließ sich zu Boden sinken. Sie kam sich albern vor. Sie verschwendete wertvolle Zeit, in der sie nach Informationen suchen könnte. Doch was sie hier tat, war wichtig, mahnte sie sich selbst. Die Runner mussten ihr vertrauen und sie mussten glauben, dass sie sich ihnen wirklich anschließen wollte.
„Lassen wir auch das.", sagte Blue und versuchte erst gar nicht, die Ungeduld in seiner Stimme zu verbergen. "Bist du dir immer noch sicher, dass du dir das hier antun willst? Passt du nicht besser in einen von diesen Operationssälen?"
„Ich wusste nicht, dass es einen Weg zurück gibt.", erwiderte sie kalt. Nur eine Sekunde später ärgerte sie sich über sich selbst, weil sie sich so leicht provozieren ließ. Sie tat nichts, um sein Vertrauen zu gewinnen. Im Gegenteil – sie spürte, wie seine Abneigung wuchs.
Er antwortete nicht, sondern sah sich im Raum um, als suchte er nach einer weiteren Übung. Schließlich deutete er auf das Seil. „Du wirst dich dort festhalten, solange es geht.", sagte er.
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Runner - Die Jagd beginnt
Science FictionDie Erde, wie wir sie kennen, gibt es nicht mehr. Zu viel Schaden haben Kriege und Verwüstung angerichtet. Isabella lebt gut behütet in Ashville, einer Stadt, die aufgebaut wurde, um seine Bewohner zu schützen. Keine Bedrohung dringt über die Stadtm...