Alle Farbe wich aus Blues Gesicht. Es war zu spät. Sie konnten nicht mehr fliehen. Es gab nur einen Ausgang, doch dort würden sie den Wachmännern direkt in die Arme laufen.
Blue rannte zu den Tischen. „Cube!", rief er und der andere Runner verstand. Gemeinsam schoben sie einen der Tische zur Seite, dann griff Blue mit den Fingern in den Spalt zwischen zwei Holzbrettern. Zu Is' Überraschung lagen sie nur lose auf dem Boden und er konnte sie einfach anheben. Ein Hohlraum kam darunter zum Vorschein, etwas mehr als einen Meter tief.
Plötzlich erinnerte Is sich an Rook, wie er sagte, er würde in einem Abwasserkanal leben. Damals hatte sie nicht weiter Wert auf seine Worte gelegt, aber jetzt ergaben sie Sinn. Die Tunnel unter der Erde waren, zumindest zum Teil, vor langer Zeit bei Erbauung der Stadt angelegt worden, um das Abwasser abzuleiten. Mittlerweile besaß jedes Haus seine eigene Wasserreinigungsanlage und der Kanal war in Vergessenheit geraten. Das perfekte Versteck für die Runner.
So erklärte sich auch der nur halb mit Brettern beschlagene Boden. Sie waren genau über der Vertiefung angebracht, durch die damals das abgestandene Wasser geflossen war.
Und wenn das Wasser tatsächlich früher in dem Hohlraum geflossen war, dann musste er auch irgendwo hinführen. Vielleicht, dachte Is, gab es doch noch eine Chance. Vielleicht gab es einen anderen Ausgang.
Doch noch lief ihnen die Zeit davon. Jeden Augenblick konnten die Wachmänner das Versteck erreichen.
Ein Runner nach dem anderen ließ sich so schnell wie möglich durch das Loch in den Hohlraum gleiten und machte Platz für den nächsten. Mit gemeinsamer Hilfe ließen sie Phoebe hinunter, dann folgte Is.
Als sie ganz durch das Loch verschwunden war, traf sie die Enttäuschung. Der Hohlraum war nur ein paar Meter lang, und an beiden Seiten von Schutt und Erde abgeschlossen. Es war gerade genug Platz, um auf den Knien einigermaßen gerade zu sitzen, doch er bot keine Möglichkeit zur Flucht.
Wenn die Wachmänner sie hier entdeckten, waren sie verloren. So eingepfercht konnten sie nicht einmal versuchen, sich gegen sie zu wehren. Sie waren zusammengetrieben wie Vieh in einem Stall und trugen selbst die Schuld daran.
Blue war der letzte. Er schob den Tisch an seinen ursprünglichen Platz, kroch durch das Loch in den Hohlraum und verdeckte ihr Versteck wieder mit den losen Holzbrettern. Er kauerte sich direkt neben Is zusammen. Sie spürte seinen Herzschlag, als sie sich eng an seine Brust gedrängt fand.
Dann war alles still. Die Runner wagten es kaum, zu atmen. Phoebe war bewusstlos und ausnahmsweise war Is froh darüber, denn jedes noch so kleine Geräusch würde sie verraten und sie war sich sicher, dass Phoebe im Moment keine Kontrolle über sich selbst haben würde.
Sie hielt den Atem an und presste die Zähne zusammen. Hoffentlich waren die Wachmänner noch nicht so nah gewesen, um den Lärm, den sie veranstaltet hatten, zu bemerken. Immer noch bewegte sich nichts. War es möglich, dass sie sich getäuscht hatten? War der Lärm womöglich gar nicht aus dem Tunnel gekommen, sondern von der Straße über ihnen?
Mit einem lauten Krachen wurde die Tür aufgeschleudert. An dem Klang der Stiefeltritte mussten es viele Wachmänner sein. Durch die Schlitze zwischen den Brettern konnte Is nur ihre Schatten sehen, doch sie schätzte die Zahl auf ein Dutzend.
Sie schmetterten Regale, Stühle und Tische zu Boden, zertrümmerten die Küche und kippten im Schlafraum die Betten um. Einer der Tische landete mit einem lauten Schlag auf den Holzbrettern über ihren Köpfen. Die Runner zuckten zusammen, doch keiner gab einen Ton von sich.
Is spürte, wie Blues Hand nach ihrer tastete und ihre Finger umschloss. Sie versuchte, sich auf seine leise Atmung zu konzentrieren und sich seiner anzupassen.
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Runner - Die Jagd beginnt
Science FictionDie Erde, wie wir sie kennen, gibt es nicht mehr. Zu viel Schaden haben Kriege und Verwüstung angerichtet. Isabella lebt gut behütet in Ashville, einer Stadt, die aufgebaut wurde, um seine Bewohner zu schützen. Keine Bedrohung dringt über die Stadtm...
