Kapitel 59. Gespräch mit einem Geist

12 3 0
                                    

In der Welt des Nichts gab es weder Zeit noch ein anderes Wort, um den Fluss der Dinge benennen zu können und wenn ich genau darüber nachdachte, hatte es wohl definitiv seine Tücken, denn wenn man kein Zeitgefühl mehr hatte und das Einzige, was man machen konnte, war sich einfach dem Tempo anzuschließen, indem das Nichts eben so agierte, dann konnten einige Dinge sehr schnell sehr schief laufen. Wenn man kein Gefühl mehr dafür hatte, wie schnell etwas verging oder die lange etwas brauchte, dann verging irgendwo anders die Zeit sicherlich in einem enormen Tempo. Die reale Welt machte eben ohne einen weiter und nahm keine Rücksicht darauf, ob man sich in der Welt hinter dem Schleier zeitlos fühlte.

Für gewöhnlich konnte ein Geist oder auch ein Dämon sich nur in die Welt der Lebenden begeben, wenn sie sich auch an jemanden anhefteten, der lebt. Geister taten dies meistens im sehr kleinen Stil, wohingegen Dämonen gleich versuchten, sich so ein Opfer erbeuten. Meist nannte man dieses Vorgehen dann eine Besessenheit. Allerdings gab es auch andere Wege, einen Geist in die Welt der sterblichen zu rufen und das durch ein bestimmtes Ritual, welches meist durch einen Magier aufgeführt werden musste und welches den gerufenen Geist an die Welt der lebenden band und das leider auf schreckliche Art und Weise. Ein solches Wesen stand meistens für einen gewissen Zweck, den es aufzufüllen hatte wie beispielsweise Mitgefühl oder Nächstenliebe und wenn es das nicht tat, dann kam es eben zu gewissen Komplikationen. Wenn man einen Geist gegen alles richtete, für das er Stand, wenn man einen Geist des Schutzes plötzlich zum Angriff nutze, dann wurde dieses Wesen unter sehr großen Schmerzen gegen seinen Willen zu einem Dämon. Befreien konnte man diese leidende und arme Kreatur dann nur noch durch den Tod und das war einfach nur grausam.

Leider passierten solche Dinge nur allzu oft und das wie so oft durch die Grausamkeit der Lebenden. Viele wusste gar nicht genau, was sie diesen Wesen damit antaten und zeigten auch im Nachhinein keinen Funken Reue, denn in ihren Augen war es ja nur etwas ohne Seele, was sie gerufen hatte, um ihnen zu dienen. Ein Geist konnte das Nichts nur selbstständig überqueren, wenn er oder sie es geschafft hatten einen eigenen Willen und eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, was mehr als nur schwer war aber möglich. Gut an diesen meist schemenhaften Persönlichkeiten war das sie sowohl Ungeziefer als auch Pflanzen fernhielten, die ein bestimmtes Gebiet sonst ohne Rücksicht verwüsten würden dies war ziemlich nützlich, aber sorgte nicht wirklich dafür, das man sie mehr akzeptierte.

Auch hatten sie die Fähigkeit, sich vergessen zu machen, wie ich es auch bei Cole im Gefühl hatte. Seine Aura war so dünn wie der Schleier selbst und ich merke das, wenn ich mich nicht vollkommen auf ihn konzentrierte, mein Verstand mir doch tatsächlich vorspielen wollte, er sei nicht real noch ein Indiz dafür, das Cole wahrscheinlich eine Art Geist in einer menschlich aussehenden Form war. Leider war diese Fähigkeit oft damit verbunden, dass sie selber sehr schnell Dinge wieder vergaßen. Ich hoffte, dass dies bei Cole nicht der Fall war.

Zwar konnte man sagen, dass es diesen Wesen rein hielt, wenn sie viele Dinge einfach wieder vergaßen, vor allem wenn es schlimme Dinge waren oder alleine schon das Verdorbene in den Lebenden allerdings sorgte es auch dafür, dass sie aus ihren taten und denen der Lebenden nichts lernen konnten. Sie konnten sich nicht weiterentwickeln und blieben meistens auf dem Stand, aus dem sie auch aus dem Nichts gekommen waren und das half ihnen nicht besonders menschlicher zu werden, was wiederum dafür sorgte, das sie nicht in der Welt außerhalb des Schleiers akzeptiert wurden, da sie eben in unseren Augen nicht die Dinge hatten, die nötig waren, um hier leben zu können. Sie konnten nicht lernen und auch nicht selber über sich hinaus wachsen, was dazu führte da ihre Worte und taten meistens aus sehr einfach gestrickten Dingen bestanden.

Allerdings hatte ich das Gefühl, das es mit Cole nicht so einfach war. Er war hier und hatte eine physische Form, mit der ich reden konnte und die ich sicherlich auch berühren konnte, was ich allerdings definitiv nicht wollte, da es sicherlich für ihn seltsam gewesen währe, wenn ich ihn angefasst hätte, nachdem wir uns gerade kennen gelernt hatten und außerdem wirkte er nicht wie der Mann, der gerne angefasst wurde. Er konnte mich sehen, mich hören und er antwortete auf meine Worte, wenn auch in einem eher kryptischen Muster.  Ich wusste nicht, wie er es geschafft hatte, einen Weg aus dem Schleier zu finden und ich wollte ihn auch sicherlich nicht sofort danach fragen. Vielleicht war es möglich, dass er es geschafft hatte, sich selber von einem Schock zu heilen oder einer emotionalen Verletzung möglicherweise hatte er es auch geschafft, eine eigenen innere Barriere zu überwinden. Zutrauen würde ich es diesem jungen Mann jedenfalls.

Der eiserne Drachen (German) (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt