(Zayn)
Ich liege im Bett, in meinen Händen das Bild. Es glänzt, ist nass von meinen Tränen. Sie tropfen darauf hinab und das Papier zieht die Flüssigkeit in sich auf. Vielleicht habe ich einfach zu lange gewartet, zu lange durchgestanden. Vielleicht. Aber vielleicht ist es so bestimmt, dass ich heute zu dir gehe. Zu dir. Der Gedanke tut gut. Endlich wieder vereint, nicht alleine sein. Ein Lächeln ist auf meinem Gesicht. Mir ist klar, dass ich heute abend nicht wieder wie eigentlich mit den Jungs rumalbern werde. Es tut mir zwar leid, so leid, aber ich halte es nicht mehr aus. Der Schmerz wird schlimmer, mit jedem Tag, den ich noch hier verbringe. Ich werde bis heute Mittag warten, dann ist meine Zeit gekommen ... Mit leerem Blick stehe ich auf, ziehe mich an und gehe runter. Alleine. Wie immer, seit Lou weg ist. Immer. Das Wort ist schmerzhaft, bohrt sich in mein Herz, raubt mir den Atem und nimmt mir die Kraft, weiterzumachen. Du hast es doch geschafft! Ich halte es hier nicht mehr aus, warum hörst du denn nicht auf?! Ich weiß nicht, mit wem ich eigentlich rede. Mir ist nur bewusst, dass ich mit jemandem rede. Mit einer Stimme in meinem Kopf, die ja normalerweise nicht existiert. Normalerweise. Aber was bitte ist heute noch normal? Der Tisch ist leer und die Wohnung still, man merkt, wie Lou fehlt. Ein Seufzen kommt über meine Lippen, ich denke noch einmal über alles nach. Über unsere wunderschöne Beziehung, die Liebe, die Besessenheit von uns beiden, uns immer und ewig zu lieben. Aber dann bist du gegangen, hast mich alleine zurückgelassen. Rede ich jetzt schon mit ihm? In meinen Gedanken? Anscheinend ist es wirklich an der Zeit zu gehen, ich werde ja schon psychisch krank. Aber die Leere ist einfach so - so schlimm. Es ist nicht der Schmerz oder die Wahrheit, die wehtut, sondern die Leere. Im Herzen und in der Umgebung. Mein Handy ist ausgeschaltet, aber ich bin mir sicher, dass die Jungs gerade anrufen. Ich weiß warum, und ich kann es auch verstehen, aber sie machen sich Sorgen. Sieht man es mir wirklich so an? Dass ich Lou so unheimlich vermisse? Wenn ja, bin ich wirklich schwach. Halte nichts aus, bin schlapp. Und ja, es stimmt. Seit Tagen bin ich kraftlos, habe keinen Funken Leben mehr in mir und liege nur im Bett, als ob ich schon tot wäre. Der Gedanke daran ist merkwürdig. Kann man die Zukunft schon sehen, bevor sie eintritt? Ich weiß es nicht, will es auch nicht wissen. Lou´s Gesicht ist vor mir, ich sehe in seine Augen und stelle mir vor, wie ich in einem Ozean versinke. Wie ich darin schwimme, als gäbe es kein Ende mehr. Alles, was es gibt, ist er. Niemand anders wird jemals für mich erreichbar sein. Ich kann seine Hände fühlen, wie sie an meinem Gesicht entlangstreifen, meine Arme entlangfahren und er flüstert: "Zayn. Komm, ich bin so nah bei dir." Und er hat ja recht. Er ist so nah. So erreichbar. Schnell laufe ich in mein Zimmer, hypnotisiert von seiner Stimme, die ich schon lange nicht mehr gehört habe. Sie ist so schön warm, so liebevoll. Sie gibt mir ein Stück von dem zurück, was ich verloren habe. Dich. Ich nehme nicht mehr wirklich viel wahr, als ich ins Bad gehe, den Schrank öffne und die Fläschchen heraushole. Warum habe ich so lange gewartet? Im Zimmer setze ich mich aufs Bett, nahm mir einen Zettel und Stift, lege mir dein Foto daneben und beginne zu schreiben.
Hallo Jungs,
keine Ahnung, ob ihr wisst, warum ihr den Brief lest. Ich will es euch erklären. Ihr wisst, dass mich Lou´s Tod sehr mitgenommen hat, mehr als alles andere. Ich liebe ihn noch, so sehr. Auch wenn ich euch damit wehtue, es tut mir leid. Ich kann nicht länger hier leben, ohne Lou. Ich hoffe, ihr versteht das. Aber wisst immer: ihr seid nicht schuld daran! Ihr seid wirklich die besten Freunde, die man sich wünschen kann und ich bin froh, euch gehabt zu haben. Jetzt schon in der Vergangenheit zu schreiben, ist komisch, aber was bleibt mir anderes übrig? Er hat mit mir geredet, wisst ihr? Er hat mich berührt und ich habe ihn gesehen. Er hat gesagt: "Zayn. Komm, ich bin so nah bei dir." Und eigentlich hat er ja recht, er ist nah bei mir. Ich könnte so schnell bei ihm sein, es tut gut, das zu wissen. Ich wollte euch zeigen, dass ich stark bleibe, nicht die Kontrolle verliere, aber letztendlich hat es nichts gebracht. Es tut mir leid,
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