(Louis)
Ich ging ganz normal die Straße entlang zu meiner Schule und kümmerte mich nicht über die blöden Kommentare der anderen aus meinem Viertel. Sollen sie doch reden! Wenn sie nichts besseres zu tun haben! Etwas Nasses fiel auf meine Nase, ich blickte auf. Es regnete. Und zwar so heftig, dass meine kompletten Klamotten nass wurden. Lachend und schadenfroh fuhren meine "Nachbarn" an mir in einem Auto vorbei. Klitschnass stand ich also im Regen und mir liefen Tränen die Wangen hinunter. Konnten sie es nicht einfach lassen? Vorher hatte ich noch gedacht, dass ich sie einfach in Ruhe lassen sollte, doch jetzt? Jetzt heulte ich hier rum und wusste nicht weiter. Eigentlich konnte ich auch gleich wieder nach Hause gehen, es würden mich sowieso alle auslachen. Also stapfte ich verzweifelt durch den Regen und kämpfte mit meinen Gefühlen. Wieso waren alle immer so gemein zu mir? So verachtend und schadenfroh? Was hatte ich ihnen getan, um so behandelt zu werden? Ich öffnete die Tür und kam mir vor wie ein begossener, hoffnungsloser Pudel. Ich zog meine triefnassen Schuhe auf dem Abstreifer aus und ging nach oben in mein Zimmer. In mir war alles leer, nur eins existierte. Schnell zog ich mir etwas anderes an und ging dann ins Bad. Ich öffnete den Schrank und nahm eine kleine Dose heraus. Darin befanden sich Rasierklingen. Der Drang, mich wieder zu ritzen, stieg ins Unermessliche. Die Tür war nicht abgeschlossen, es war ja sowieso keiner Zuhause. Gierig nahm ich eine heraus und bewunderte das kalte, scharfe Metall in meiner Hand. Wie abhängig man doch werden konnte... und schon hatte ich die Klinge an meinen Arm gelegt und zog sie langsam über die Haut. Sie platze auf und eine dickflüssige, warme Flüssigkeit floss aus dem Schnitt. Immer wieder zog ich die Rasierklinge über meinen Arm und atmete erleichtert aus. Ich konnte für einen Moment meinen Schmerz vergessen, konnte alle meine Sorgen und Ängste verdrängen. Immer wieder. Meine Hand tat immer die selbe Bewegung: vor und zurück, vor und zurück. Immer wieder. Ich wechselte nach einiger Zeit meine Hand, und fing an dem anderen Arm an. Es tat so gut. Als ob diese Schnitte meinen Schmerz nehmen und zerstören würden. Ich lächelte. Wie schön dieses Gefühl doch war. Plötzlich war die Klinge weg und ich hörte einen entsetzten Schrei. Wer ist das? Ich war doch alleine. Niemand wollte mich. Benommen und mit einem grauen Schleier vor den Augen blickte ich auf und erkannte einen wunderschönen, schwarzhaarigen Jungen, der mir verzweifelt in die Augen sah und irgendetwas schrie. Langsam drangen die Schreie zu mir durch und ich stöhnte. "Louis? Louis, kannst du mich hören? Bleib wach, du darfst nicht einschlafen! Bitte, Lou!", eine Träne rollte meine Wange hinab und blieb an meinem Kinn hängen. Meine Augenlider fielen zu, doch gleich danach spürte ich einen Schmerz in der Wange und schreckte hoch. Der Junge hatte mir eine Ohrfeige gegeben. "W - wer bist du?" meine Stimme war matt, ausdruckslos. Ich war leer. So wie immer eigentlich. "Zayn, dein neuer WG-Mitbewohner. Aber du darfst jetzt nicht einschlafen bitte! Bleib da - für mich!", ich sah in seine wundervollen braunen Augen und wünschte mir nicht mehr, als bei ihm bleiben zu dürfen. Doch es war mir nicht erlaubt. Ich musste sterben. Ich würde das nicht aushalten, das wusste ich. Und obwohl ich mich anstrengte, nicht einzuschlafen, sank mein Kopf immer tiefer auf die Brust. Zayn schluchzte und schrie mir zu, dass ich ihn ansehen sollte. Ich hatte keine Kraft mehr. Keine Kraft. So müde... "Louis! Verdammt, Lou! Bleib bei mir - bitte...", ich hörte nichts anderes als sein Wimmern neben mir, ich lag in seinen Armen und konnte mich nicht mehr bewegen. Alles war wie erstarrt. Das Letzte, was ich in meinem Leben sah, waren Zayns wunderschöne braune Augen. Dann fiel ich in die alles erlösende Dunkelheit und kehrte nicht mehr zurück.
Schweißgebadet wachte ich auf.