(Zayn)
Die Straßen waren wie leergefegt, jegliches Lachen verstummt. Ich hielt Louis' Hand in meiner, er drückte sie sachte. Es war ein perfekter Moment, ein Moment, den ich in Erinnerung behalten würde. Ja, definitiv. Bis jetzt glaubte ich aber noch, dass diese Erinnerung positiv wäre, doch da hatte ich mich getäuscht.
Plötzlich heulten Sirenen und ich wurde von Louis gerissen. Männer drückten mich gewaltsam zu Boden und zogen mir die Arme auf den Rücken. Verdammt, was ging hier ab?! Was war hier bloß los? Ich kapierte gar nichts. Beamte schrien sich gegenseitig Rufe zu.
"Bringt sie in den Wagen!"
"Gründlich durchsuchen!"
"Passt gut auf diese Verräter auf!"
Was? Verräter?! Und warum durchsuchen? Bevor ich jedoch auch nur einen Gedanken daran verschwenden konnte, wurde mir meine Jacke vom Leib gerissen und durchsucht. Das Gleiche mit der Hose. Nun stand ich also hier. In Unterwäsche, die Hände in Handschellen und zitterte am ganzen Körper.
Verzweifelt blickte ich zu Louis. Er wurde immer noch zu Boden gedrückt und stöhnte auf. Ich lief einen Schritt in seine Richtung. Ich wollte zu ihm! Sie durften ihn nicht so behandeln! Was hatten wir getan, damit die Polizei eingeschaltet werden musste?
"Oh mein Gott!", ein Beamter flüsterte das nur. Doch ich hörte es. Drehte mich zu ihm um und erschrak. Er hatte eine riesige Tüte in der Hand. Weißes Pulver war darin. Weißes Pulver. Pulver. Pulver! Verdammt, war das KOKS?! Nein, das konnte nicht sein! Ich war doch kein Dealer! Mit dieser Tüte hatte ich nichts zu tun!
Doch dann bemerte ich, dass er das aus Louis' Jacke genommen hatte. Entsetzt und mit vor Schreck geweiteten Augen starrte er das Tütchen an. ER hatte das getan? Was?! Verwirrt blickte ich immer wieder von der Tüte zu Louis. Nein, das konnte nicht sein! Er war doch clean!
"Es ist Koks. Fünf Kilo. Verhaftet ihn." Der Beamte hatte seinen Schock überwunden. Doch nun war ich derjenige, der Schock verspürte. Warum? Warum hatte er das getan?!
Mein verletzter Blick traf seinen. Eine stumme Entschuldigung war darin zu lesen. Und Verzweiflung. Verdammt viel Verzweiflung. Er wusste nicht, was er tun sollte. Aber warum hatte er das getan? Wegen mir? Weil wir so wenig Geld hatten? Nein, das durfte nicht sein!
Mit seinen Lippen formte er vier Worte.
Es tut mir leid!
Enttäuscht schüttelte ich den Kopf und wollte mich von ihm abwenden. In meinem Inneren verspürte ich nur Schmerz. Schmerz darüber, dass er das getan hatte. Ich meine, er hätte mir doch auch sagen können, dass es so nicht weitergehen kann!
Ein Beamter sprang hervor und zielte mit der Pistole auf Louis' Kopf. Dieser hatte die Augen geschlossen. Eine einzelne Träne rann seine Wange hinunter. In dem Moment passierte etwas mit mir. Eine Wucht baute sich auf. Sie war von Verzweiflung, Liebe und Kraft geprägt. Sie formte sich zu einer Kugel. Eine starre, unaufhaltsame Kugel, die zu explodieren drohte. Und das tat sie dann auch.
Mitsamt den Handschellen sprang ich vor, rollte mich auf dem Boden ab und hievte meinen Oberkörper vor Louis' Kopf. Ein Schuss ertönte. Der Ruck traf mich völlig unvorbereitet und riss mich nach hinten. Mein Körper prallte auf und alle Luft wurde aus meinen Lungen gepresst.
Keine Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum. Keine. Da war nichts. Nur Liebe. Liebe zu diesem einen Menschen, für den ich mich gerade geopfert hatte.
Blut rann aus der Wunde. Jetzt bekam ich den Schmerz zu spüren. Es war erst ein kleines Ziehen, doch jede Sekunde wuchs er an. Wurde zu einer Mauer, die mein Umfeld vollkommen abschirmte. Der Schmerz übernahm jeden kleinsten Teil meines Körpers, ich konnte nichts anderes spüren. Wo vorher noch Liebe war, war jetzt nur noch Schmerz.
Mein Kopf fiel kraftlos nach hinten. Mein Leben rauschte an mir vorbei. Bilder, die ich in meinen Erinnerungen festgehalten hatte. Bilder, die sich in mein Gedächtnis eingebrannt hatten. Ich sah den schönsten Tag meines Lebens: unseren Hochzeitstag. Wie Louis Ja gesagt und mich dann geküsst hatte. Wie er immer in meine Augen sah. Wie sie mich angelächelt hatten. So voll von Freude, Liebe und Glück triefend. Ich sah die Where we are - Tour. Ich sah meinen Geburtstag, an dem Louis mir ein eigenes Album präsentierte. Wie er extra für mich You and I spielte. Wie ich geweint hatte, als er im Koma lag. Sein Lachen, seine wunderschönen grauen Augen. Seine Liebe.
"Zayn...Zayn, nein! NEIN! Bleib bei mir! ZAYN! DU DARFST NICHT GEHEN! BITTE NICHT!" Seine Stimme war verzweifelt. Mit letzter Kraft drehte ich meinen Kopf zur Seite und blickte in zwei ozeanblaue Augen.
"Ich - ich liebe dich... Louis! Nicht ... vergessen!", mein Sichtfeld trübte sich. Das letzte, was ich in meinem Leben sah, waren Lous blaue Augen, aus denen die Tränen flossen. Lous Augen, die es vor Schmerz zu zerreißen drohte. Seine Augen, die vor Liebe sprachen und das waren, was mich in den Tod begleitete.
Meine Augen schlossen sich. Schwärze. Erlösung. Tod.
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