(Zayn)
Ich konnte es immer noch nicht glauben. Meine Eltern wollten mich auf ein Blinddate schicken. Sie wussten nicht, wie weh sie mir damit taten. Seit meiner Geburt war ich blind, und sie rissen Scherze darüber. Es tat einfach so sehr weh, von der Familie keine Liebe zu bekommen.
Keine Anerkennung, Trost oder Kraft. Immer noch wütend ging ich aus dem Haus, nachdem ich meinen Blindenstock aus dem Schlafzimmer geholt hatte.
Es war warm draußen, die Sonne schien mir ins Gesicht. Ich wusste nicht, wie es aussah, welche Kinder in Gärten spielten oder wie unordentlich meine Haare aussahen. Ich hatte mich noch nie gesehen. Ich wusste nicht, wie das Meer rauschte, wie blau der Ozean war. Wie saftig grün die Wiesen waren oder wie die Sonne strahlte. All das gehörte nicht zu meinem Leben. Alles, was ich kannte, war schwarz.
Schwarz wie Schmerz, schwarz wie alles. Andere sagten immer, dass das Meer oder der Ozean wunderschön sei, dass die Umgebung wunderschön war und ich total hübsch war. Aber mir half das nicht viel. Wie sollte ich auch wissen, wie es war, wenn ich keine Farben außer schwarz kannte?
Der Blindenstock scharrte über den Boden und zeigte mir, wo Mauern oder Einbuchtungen waren. Ohne ihn wäre ich sicher hilflos.
"Hallo Zayn! Ich bin Louis!" Die Stimme kam von hinten, erschrocken drehte ich mich um und setzte ein gefaktes Lächeln auf.
"Hallo Louis! Tut mir leid, dass ich Sie nicht gesehen habe, ich -"
Er unterbrach mein peinliches Geschwafel. "Ist nicht schlimm, gehen wir rein! Und bitte duze mich!" Ich hörte das Lächeln aus seiner Stimme heraus.
Schweigend folgte ich den Geräuschen von Louis. Er blieb stehen und setzte sich auf eine Bank. Ich ließ mich neben ihm nieder und lächelte in seine Richtung.
"Du bist wunderschön, Zayn!"
Meine Wangen färbten sich. Ich hatte keine Ahnung, wie er aussah.
"D-danke!" Mit Komplimenten konnte ich noch nie sonderlich gut umgehen.
Die Bedienung kam und ich bestellte eine Cola und eine Pizza Funghi. Wie ich das einfach liebte!
Ich spürte Louis´ Blick auf mir, als ich meine Cola in die Hand nahm und vorsichtig daran schlürfte.
"Ähm, Zayn? Darf ich dich was fragen?" Lächelnd antwortete ich mit fester Stimme:
"Natürlich, du kannst mich alles fragen!" Doch mein Lächeln schwand sofort, als Louis fragte.
"Warum bist du so unbeholfen? Also wie du herumläufst, wie du immer alles ertasten musst...ich meine, du bist doch nicht blind, oder?" Er hatte es nicht gewusst?!
"Ähm...ich - ich bin blind, ja. Seit meiner Geburt. Und ich bin schwul." Ein abfälliges Schnauben ertönte neben mir, es kam von Louis. Unsanft und völlig unvorbereitet zog er mich hoch.
Seine Hand zerquetschte meinen dünnen Arm, erschrocken keuchte ich auf. Was tat er da?!
"Ich hasse Schwuchtel! Und Blinde umso mehr!" Die Worte trafen mich mitten im Herz. Tränen stiegen mir in die Augen. Er presste mich an die Wand und ließ seine Hand an meine Wange klatschen.
Der Schmerz überkam mich. Er hatte mich geschlagen...! Mein Entsetzen machte Angst und Trauer Platz. Waum waren alle gegen mich? Warum?!
"Hör auf zu flennen, Schwuchtel!" Meine Unterlippe zitterte.
Plötzlich landete seine Faust in meinem Bauch, ein Keuchen entwich meinen Lippen. Es tat so weh. Der Schmerz war so unendlich groß, er schien mich aufzufressen, von innen heraus.
"Weißt du eigentlich, wie erbärmlich du bist?" Seine Stimme klang dreckig.
"Du bist das erbärmlichste Wesen, das ich je gesehen habe! Wie konnte ich mich nur mit so jemandem abgeben?! Ich hasse Schwuchtel, aber bevor ich gehe, will ich noch ein bisschen Spaß!" Seine Hand kniff in meinen Schritt und drückte zu.
Der Schmerz zerdrückte mich, ich stöhnte schmerzerfüllt auf. Er tat mir so weh.
"Bitte...lass!" Es war nicht mehr als ein Flüstern, doch er verstand es.
"Nein, niemals!" Das, was als Nächste passierte, bekam ich nicht richtig mit. Die Schläge, die an mir abprallten, drückten gegen einen grauen Schleier an. Ununterbrochen liefen mir die Tränen über die Wangen.
Wofür hatte ich das verdient?