Kapitel 22

165 7 0
                                    

Talea's Sicht

"Fast so wie damals.", brummte plötzlich jemand dicht hinter mir. Samu.
Ich hatte gar nicht gehört, dass mir jemand nach Draußen gefolgt war. Augenblicklich erstarrte ich in meiner Bewegung und hielt den Blick starr geradeaus gerichtet.
"Erinnerst du dich noch daran?", raunte er und trat so nah an mich heran, dass ich die Wärme spürte, die von seinem Körper ausging.
Ich war wie gelähmt, konnte mich nicht bewegen und brachte auch keinen Ton mehr heraus.
Verdammt.
Samu legte seine warme Hand an meine Taille und schob sie langsam nach oben, sodass mein T-Shirt verrutschte und einen schmalen Streifen Haut entblößte. Er ertastete es mit seinen rauen Fingerspitzen.
Ich war vollkommen wehrlos.
Fast so wie damals, hallten seine Worte in meinem Kopf nach.
Mein Herz klopfte so laut, dass ich mir fast schon sicher war, dass er es hören konnte.
Ich wollte das nicht.
Ich wollte ihm nicht zeigen, dass mein Körper noch immer vollkommen verrückt nach ihm war, dass er sich nach seinen Berührungen verzehrte.

Genau genommen hatte ich gar nicht damit gerechnet.
Ich war fest davon überzeugt gewesen, dass die Sache von damals vergessen war und, dass eine erneute Begegnung mich kalt lassen würde. Doch das war definitiv nicht der Fall.
Mein ganzer Körper stand unter Strom. Von den Zehenspitzen bis zur Kopfhaut. Ich war bewegungsunfähig und konnte nichts gegen seine Berührungen tun, die sich gleichzeitig gut aber irgendwie auch total falsch anfühlten.
Umso länger wir so dastanden, umso mehr begann ich daran zu zweifeln, ob es mir gelingen würde, meinen Prinzipien treu zu bleiben.

Bevor wir zu diesem Konzert aufgebrochen waren, hatte ich mir geschworen, ihm, dem unwiderstehlichen Samu Haber, nicht allzu viel Beachtung zu schenken.
Dass er dann derjenige sein würde, der meine Nähe sucht, hatte ich gar nicht für möglich gehalten.
"Ich weiß, dass du es auch spürst.", flüsterte Samu.
Sein Griff um meine Taille verfestigte sich und er zog mich an seinen festen Körper.
Seine muskulöse Brust hob und senkte sich gleichmäßig an meinem Rücken.

Plötzlich hatte ich mich wieder etwas gefangen. Ich nahm all meinen Mut zusammen, wandte mich aus seinem Arm, drehte mich zu ihm um und funkelte ihn böse an: "Wovon redest du, Samu?".
Ich war schon ein bisschen stolz auf meine entschlossene Reaktion, die ihm zeigen sollte, dass er sich das alles nur einbildete.
Das entsprach zwar nicht der Wahrheit, doch ich konnte gut darauf verzichten, mich noch ein weiteres Mal von ihm um den Finger wickeln zu lassen.
Samu ließ sich davon jedoch gar nicht beirren. Er machte wieder einen Schritt auf mich zu, legte seine Hand an meine Wange und beugte sich ein Stück zu mir herunter.
Er hatte mich durchschaut.
Vermutlich wusste er besser als ich selbst, was in mir vorging.

Für ein paar Sekunden hielt ich den Atem an, denn ich dachte, er würde mich küssen. Doch das tat er nicht, obwohl unsere Lippen nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren.
"Diese Verbindung zwischen uns. Es ist noch genauso wie damals und ich weiß, dass du es auch spürst.", sagte er und leckte sich über seine Unterlippe.
Ich war mir sicher, dass er das tat, um mich zu provozieren.

Es dauerte einen Moment, bis ich mich gesammelt und meine Sprache wiedergefunden hatte.
Samu hatte mich durchschaut.
Er wusste offenbar ganz genau, was ich dachte und fühlte.
"Ich glaube nicht, dass da noch irgendwas zwischen uns ist. Es ist 10 Jahre her. Du bist fast schon sowas wie ein Fremder für mich.", erwiderte ich eine Spur bissiger als eigentlich beabsichtigt.
Samu schluckte schwer und wandte für einen kurzen Moment den Blick von mir ab.
"Wenn da nichts mehr zwischen uns ist...", er unterbrach seinen Satz und machte eine kurze Pause, "Warum lässt du das dann zu?".
Seine Stimme klang rau und entschlossen.
Er sprach langsam und betonte jedes einzelne Wort, während seine Hand den Saum meines T-Shirts ertastete und sich ein paar Zentimeter unter den dünnen Stoff schob.
Seine rauen Fingerspitzen beschrieben kleine Kreise auf meiner nackten Haut, die sich plötzlich anfühlte, als würde sie in Flammen stehen.
Dieser verdammte Finne.
Ich war ihm verfallen.
Noch immer, oder schon wieder.
Das schlimmste daran war, dass er das genauso gut wusste wie ich selbst. "Warum lässt du zu, dass ich dich so berühre, wenn ich ein Fremder für dich bin, Talea?"
Seine Lippen streiften mein Ohr und er zog mich mit der Hand, die auf meinem Rücken lag, näher an sich heran.
Stück für Stück stürzten die Mauern, die ich um mich herum errichtet hatte, ein.
Ich war diesem Mann schutzlos ausgeliefert und nahezu machtlos gegen das Verlangen, das in mir heranwuchs.
Samu hatte noch immer eine unheimlich anziehende Wirkung auf mich. Womöglich war es sogar noch schlimmer als vor 10 Jahren.
Damals hatte ich nicht gewusst, was mich erwartete.
Heute hingegen wusste ich ganz genau, welche Fähigkeiten dieser Mann besaß und ich war mir ziemlich sicher, dass es sich im Laufe der Jahre nicht zum Negativen verändert hatte.

Als sich unsere Blicke erneut trafen waren seine Augen dunkel und voller Verlangen.
"Warum tust du das?", flüsterte ich kaum hörbar und schüttelte instinktiv den Kopf.
Ich konnte mir sein Verhalten einfach nicht erklären. Ging es ihm hierbei wirklich um mich, oder nur um eine weitere schnelle Nummer?
Beide Optionen gefielen mir irgendwie nicht.
"Weil ich verrückt nach dir bin. Noch immer.", raunte er und umfasste meine glühenden Wangen mit seinen Händen.

Ich wandte meinen Blick ab, denn ich konnte seinem einfach nicht länger standhalten. Nicht, wenn wir uns so nah waren.
"Ich hätte nie gedacht, dass wir uns jemals wiedersehen würden.", flüsterte er und lächelte zaghaft.
Mit dem Daumen glitt er über meinen Mundwinkel, der daraufhin verräterisch zuckte.
"Es wäre besser so gewesen.", seufzte ich und schloss die Augen.
Ihn nicht wiederzusehen hätte mir das Gefühlschaos erspart, das gerade in mir tobte. Er wäre einfach eine weit entfernte Erinnerung geblieben, von der außer Anna sonst niemand wusste. Doch das Leben hielt offenbar andere Pläne für mich bereit.

Samu legte zwei Finger unter mein Kinn und hob es sanft an, sodass ich gezwungen war, ihm wieder in die Augen zu sehen.
"Hör auf sowas zu sagen.", flüsterte er und schüttelte den Kopf.
Plötzlich öffnete sich die Tür, neben der wir standen.
Drei Männer traten nach draußen und zündeten sich im gleichen Augenblick ihre Zigaretten an.
Ich war instinktiv einen Schritt zurückgewichen, doch wir standen uns noch immer gegenüber.
"Komm. Lass uns reingehen.", murmelte Samu, öffnete die Tür und ließ mir den Vortritt.

Ihm nach so langer Zeit wieder so nah zu sein hatte mich gehörig durcheinandergebracht.
Meine Hände zitterten verräterisch und meine Gedanken kreisten ununterbrochen um das, was gerade geschehen war. 

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt