Kapitel 75

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Talea's Sicht

"Nicht? Wer ist denn bei dir?"
Annas Neugier war geweckt und ich wusste, dass sie nicht so schnell locker lassen würde.
"Ein Freund von Osmo.", antwortete ich und versuchte meine Worte möglichst unspektakulär klingen zu lassen.
Immerhin entsprach das sogar der Wahrheit.
"Ein Freund?", fragte sie ungläubig.
Oh man.
Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie in diesem Moment die Augenbrauen nach oben zog und die Stirn runzelte.
"Genau.", entgegnete ich knapp.
Cool bleiben.

Doch mein Täuschungsmanöver war bereits gescheitert.
"Komm schon, Talea. Wer ist der Glückliche, der dir Gesellschaft leisten darf?", fragte sie belustigt.
Sie hatte mich durchschaut.
"Samu. Ich war bei ihm.", antwortete ich kleinlaut und schloss die Augen. Verdammt.
"Samu? Der Samu? Ich dachte, ihr hattet einen Streit und du wolltest ihn nie wiedersehen."
Ihr war deutlich anzuhören, wie überrascht sie war.
"Das stimmt.", seufzte ich und fuhr dann fort, "Aber dann hat er mich angerufen. Nach diesem Unfall. Ich bin sofort ins Krankenhaus gefahren und war dann tagelang dort. Wegen Osmo natürlich. Aber auch Samu war da, wir waren fast rund um die Uhr zusammen und er war für mich da und... Verdammt, ich weiß auch nicht."

Es tat gut, endlich mit jemandem ganz offen und ehrlich darüber reden zu können.
Jemand, der nicht Samu war.
"Uhhh, du stehst also noch immer auf ihn.", stellte sie trocken und ohne Umschweife fest.
"Das stimmt nicht. Ich stehe nicht auf ihn.", protestierte ich.
"Doch, das tust du. Das war schon damals so und es ist offensichtlich, dass sich das auch zehn Jahre später noch nicht geändert hat."

Wie recht sie doch hatte.
Mal wieder hatte Samu es geschafft, mir den Kopf zu verdrehen.
"Sieh es doch mal positiv.", sagte Anna und unterbrach damit meine Gedanken, die wie so oft um Samu kreisten.
Ich seufzte und schloss wieder die Augen.
"Ich weiß nicht, was daran positiv ist." "Komm schon. Das ist doch kein Zufall mehr. Das Schicksal führt euch immer wieder zusammen. Vielleicht bedeutet das, dass ihr zwei einfach zusammen gehört."
Schicksal? Wer glaubt schon an sowas? "Das ist totaler Schwachsinn.", entgegnete ich kopfschüttelnd.
Ich konnte nicht leugnen, dass mir das nicht auch schon durch den Kopf gegangen war, doch ich hatte stets versucht, realistisch zu bleiben.
"Wenn ein Mann sich so um dich kümmert und nicht mehr von deiner Seite weicht, hat das definitv etwas zu bedeuten. Ich meine, denk doch mal nach...", sagte sie und klang dabei so ernst und entschlossen wie selten.

Normalerweise ging sie die Dinge locker und mit einer großen Portion Humor an, doch das konnte man in diesem Moment nicht unbedingt behaupten.
Für einen kurzen Moment herrschte Stille in der Leitung.
"Meinst du?", fragte ich verunsichert. "Ja, das meine ich. Vertrau mir. Und gib ihm endlich eine Chance."
"Okay.", murmelte ich und schluckte schwer.
Mehr brachte ich nach dieser ungewohnt klaren Ansage gerade nicht heraus.
"Geht doch.", seufzte sie erleichtert und klang dabei so, als wäre gerade eine Last von ihren Schultern abgefallen. Dabei war ich diejenige, die dieses Thema und die unzähligen nervenaufreibenden Gedanken und Zweifel, die damit zusammenhingen, ständig mit sich herumschleppte.

Wir plauderten noch fast eine halbe Stunde lang über alles möglich, nur glücklicherweise nicht mehr über Samu.
Als wir uns schließlich verabschiedeten, wurde mir erst so richtig bewusst, was Anna zu mir gesagt hatte.
Ich sollte mich auf Samu einlassen und ihm eine Chance geben.
Und plötzlich erschien mir alles so einfach, so logisch, so unkompliziert.

Da war sie wieder.
Meine beste Freundin, die ich schon damals dafür bewundert hatte, dass sie die Dinge einfach anging, ohne sich vorher den Kopf darüber zu zerbrechen.

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt