Kapitel 63

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Talea's Sicht

Samu näherte sich langsam und atmete hörbar ein und aus.
"Talea", flüsterte er und blieb stehen. Direkt hinter mir.
Er berührte mich nicht, aber ich spürte die Wärme, die von seinem Körper ausging und sah, wie er das Sonnenlicht, das durch die großen Fenster in die Küche drang, von mir abschirmte.
"Was denn?", flüsterte ich mit erstickter Stimme und hielt den Blick starr geradeaus gerichtet.
Ich konnte nicht fliehen, denn er versperrte mir den Weg.
Ich musste mich wohl oder übel mit Samu und dem, was er mir zu sagen hatte, auseinandersetzen.
Langsam und bedächtig drehte ich mich zu ihm um und sah direkt in seine tiefblauen Augen.
Ohne etwas zu erwidern legte er seine Hand an meine Wange und streichelte mit dem Daumen zaghaft darüber. Hitze stieg in mir auf, als er mich mit seinem Blick fixierte, der schon erahnen ließ, was er vorhatte.
Er beugte sich zu mir herunter und kam immer näher, überwand Zentimeter für Zentimeter die Distanz zwischen uns.
Wie gebannt starrte ich auf seine Lippen. Ich konnte sie fast schon auf meinen spüren, konnte ihn fast schon schmecken.
Doch es war falsch.
Wir durften das nicht tun. Ich durfte das nicht tun.
Ihn zu küssen bedeutete, wieder schwach zu werden.
Wir beide wussten, dass es nicht dabei bleiben würde. Aus diesem Kuss würde schnell mehr werden. Daraus würde zu viel werden. Viel zu viel.
Doch Samu schien das zu ignorieren. Klar, er war ja auch nicht derjenige, der auf dem besten Weg war, Gefühle zu entwickeln.
Gefühle, die weit über eine Freundschaft hinausgingen.
Ich hatte von Anfang an gewusst, dass Samus Nähe gefährlich für mich ist, doch ich konnte ihn nicht einfach ignorieren. Immerhin war ich heilfroh, dass er in dieser schwierigen Situation für mich da war. Als guter Freund. Nicht mehr.
Doch er kam immer näher, lehnte seine Stirn an meine und zeichnete mit seinem rauen Daumen meine Unterlippe nach, die vor Nervosität zitterte.
Oder vor Verlangen?
Egal. Ich musste das beenden und der Situation entfliehen, bevor es zu spät war.
"Nein, ich glaube, das ist keine gute Idee.", flüsterte ich und schüttelte den Kopf.
Samu ließ seine Hand langsam sinken und wich einen Schritt zurück, dann noch einen. Er entfernte sich von mir. Obwohl ich mit meinen Worten genau das erreichen wollte, nämlich, dass er nicht versuchte mich zu küssen, zog sich etwas in mir schmerzlich zusammen.
Mein Herz wollte ihn und bettelte förmlich nach seiner Nähe.
Es wollte, dass ich ihn küsse, meine Arme um ihn schlinge und zulasse, dass es wieder genauso wunderbar wird wie damals. Oder sogar noch besser.
Doch meine Vernunft, die mir befahl, mich von diesem Mann fernzuhalten, siegte.
Meine Zweifel und die Angst verletzt zu werden waren einfach zu groß.

Jetzt war Samu derjenige, der offenbar verletzt war.
Er blickte mit trauriger Miene auf mich hinab, starrte dann hinter mir ins Leere und raufte sich die Haare. Verdammt.
War das die Reaktion eines Mannes, der nur darauf aus war, mich nochmal ins Bett zu kriegen, oder steckte mehr dahinter?
Das war jedenfalls nicht die erste Situation, die das vermuten ließ.

Samu's Sicht

Ehrlich gesagt hatte ich nicht mit so einer Zurückweisung gerechnet.
Es tat weh und ließ meine Laune augenblicklich in den Keller sinken. Warum wehrte sie sich so dagegen? Spürte sie denn nicht, dass da etwas zwischen uns war?
Diese und noch einige andere Fragen brannten mir unter den Nägeln, doch bevor ich auch nur daran denken konnte, sie laut auszusprechen, lief Talea schnellen Schrittes aus der Küche. Sie nahm ihre Handtasche, schnappte sich ihre Jacke vom Garderobenhaken im Flur und war dann aus meiner Wohnung verschwunden.
Die Tür fiel mit einem dumpfen Knall hinter ihr ins Schloss und machte mir auf unangenehme Art und Weise klar, dass ich wieder alleine war.
Sie war einfach gegangen ohne sich von mir zu verabschieden, ohne etwas zu sagen, ohne mich überhaupt eines Blickes zu würdigen. Einfach weg.
Vielleicht war ich diesmal zu weit gegangen.
Sie hatte mir klar und deutlich gesagt, dass ich mich von ihr fernhalten sollte. Aber das konnte ich einfach nicht.
In der Nähe dieser Frau zu sein hatte sich in den letzten Tagen fast schon zu einer Sucht entwickelt.
Schon damals hatte ich gespürt, dass da etwas zwischen uns war.
Mehr als unverbindlicher Sex und ein heißes Abenteuer. Etwas, das tiefer ging.
Meine Beziehung zu Vivi hatte es jedoch unmöglich gemacht, der Sache auf den Grund zu gehen.
Jetzt wies sie mich zurück, doch das konnte ich nicht einfach so hinnehmen... 

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt