Kapitel 21

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Talea's Sicht

"Du ziehst nach Finnland?", ertönte plötzlich Samus tiefe Stimme hinter mir.
Er schlenderte zu uns herüber, stellte sein Glas neben meinem ab und sah mich erwartungsvoll an.
"Ja, das tut sie. Zumindest für ein Jahr.", verkündete Osmo stolz und drückte mich freudestrahlend an sich.
Im Hinblick auf mein Verhältnis zu Samu wusste ich noch nicht so recht, ob ich lachen oder weinen sollte.
Ihm ständig über den Weg zu laufen, würde vermutlich nicht besonders angenehm werden.
Und das ließ sich wohl kaum vermeiden. Immerhin wusste ich aus Osmos Erzählungen, wie oft die Jungs auch privat Zeit miteinander verbrachten.

"Vielleicht für ein paar Wochen oder Monate.", korrigierte ich meinen Halbbruder und setzte ein Lächeln auf. Mit diesen beiden Männern hier zu stehen und so zu tun, als wäre nichts passiert, fühlte sich mehr als befremdlich an.
Auf der einen Seite mein Halbbruder und engster Vertrauter. Der Mensch, der mir schon versprochen hatte, gut auf mich aufzupassen und mich vor allen Dingen und Personen zu beschützen, die mir weh tun wollten, als ich noch ein kleines Kind war.
Auf der anderen Seite der Mann, der mir vor 10 Jahren meine Jungfräulichkeit genommen und mir gnadenlos den Kopf verdreht hatte. Eine explosive Mischung. Glücklicherweise wusste Osmo nichts von all dem.
Doch in Samus Augen blitzte etwas auf, das augenblicklich ein aufregendes Kribbeln durch meinen Körper jagte. War es Interesse?
War es Belustigung?
Oder dachte er vielleicht, dass ich mich ein zweites Mal auf ihn einlassen würde?
Keine Chance, Finne.
Ich hatte damit abgeschlossen und würde bestimmt nicht nochmal darauf reinfallen.
Das dachte ich zumindest...

Nachdem Osmo mich mehr oder weniger dazu genötigt hatte, noch zwei weitere Male mit ihm auf die belanglosesten Dinge anzustoßen, die für ihn offenbar ein Grund zum Feiern waren, spürte ich, dass ich definitiv genug Alkohol intus hatte.
"Okay. Es reicht jetzt wirklich.", sagte ich entschlossen und schob das leere Glas von mir weg.
Ich ließ meinen Blick durch die Lounge schweifen und bemerkte dann, dass Anna verschwunden war.
Sie saß nicht mehr dort, wo sie noch vor knapp 20 Minuten mit Riku geflirtet hatte und auch er war verschwunden.

"Wo ist Anna?", fragte ich an Sami und Mikko gewandt, die ebenfalls an der Bar standen.
In mir breitete sich leichte Panik aus. Sie würde doch nicht etwa...
"Sie ist gemeinsam mit Riku gegangen.", erklang plötzlich Samus Stimme hinter mir.
Mit offenem Mund drehte ich mich zu ihm um.
Er lehnte lässig am Tresen, hatte eine Hand in der Hosentasche vergraben und hielt in der anderen Hand sein halbvolles Glas, das mit einer dunklen Flüssigkeit gefüllt war.
Ohne etwas zu erwidern verließ ich unsere Lounge und bahnte mir mit entschlossenen Schritten den Weg in Richtung Raucherterasse, die sich ebenfalls auf der oberen Etage des Clubs befand.
Genervt zog ich mein Handy aus der Tasche, um Anna anzurufen.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie meinen Anruf entgegennahm.
"Wo bist du?", schnaubte ich genervt ins Telefon und rollte mit den Augen. "Mach dir keine Sorgen, Süße. Riku bringt mich nach Hause.", quiekte sie fröhlich und legte dann auf.
Toll. Vielen Dank, Anna!
Ich schaltete mein Handy wieder aus und schob es leise fluchend zurück in meine Hosentasche.

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt