Kapitel 36

132 7 0
                                    

Samu's Sicht

Als sich unsere Blicke trafen, fühlte sich das wie ein Schlag ins Gesicht an, der mich aus heiterem Himmel getroffen hatte.
Ich wusste zwar, dass Osmos Schwester plante, für ein paar Monate zu ihm nach Helsinki zu kommen, doch ich hatte nicht geahnt, dass das schon so bald der Fall sein würde.

Ich hatte in den vergangenen Monaten oft an sie gedacht. An sie und an unsere heiße Nacht, die ich nur allzu gerne wiederholt hätte.
Sie hatte mir damals sogar ihre Nummer gegeben, doch ich hatte mich nicht bei ihr gemeldet, weil ich erstmal diese Sache mit Vivi klären wollte.
Das war längst überfällig, doch es erwies sich als deutlich schwieriger als gedacht, es zu beenden.
Vivi hatte in den vergangenen Monaten ohnehin schon viel durchgemacht.
In dieser Situation wollte ich nicht der Grund dafür sein, dass eine weitere stützende Säule in ihrem Leben einstürzte und sie vollkommen den Verstand verlor.
Seit einigen Wochen hing sie an mir wie eine Klette.
Fast so, als würde sie spüren, dass irgendetwas nicht stimmte.

Taleas Blick war voller Verwirrung und Unverständnis, als sie uns schließlich gegenüberstand.
Fuck.
Wenn sie Vivi gegenüber erwähnte, was damals zwischen uns gelaufen war, war ich ein toter Mann.
Osmo stellte uns einander vor.
Er wusste nicht, dass ich seine kleine Schwester besser kannte, als ihm wahrscheinlich lieb war.
Sie reichte erst mir und dann Vivi die Hand und warf mir dann einen missbilligenden Blick zu.
Verdammt.
Plötzlich fühlte ich mich total unwohl. Vor mir stand die Frau, mit der ich meine langjährige Freundin betrogen hatte.
Ich hatte Talea gegenüber nie erwähnt, dass ich in festen Händen war, doch ich hatte durchaus Verständnis dafür, dass sie nicht damit gerechnet hatte.
Man stieg eben nicht mit anderen Frauen ins Bett, wenn man in einer Beziehung war.
Normalerweise.

Die Überraschung darüber war Talea deutlich anzusehen.
Ohne noch ein weiteres Wort mit mir oder Osmo zu wechseln, wandte sie sich ab und ging mit entschlossenen Schritten davon.
Sie flüchtete vor mir, weil ich es mal wieder komplett versaut hatte.
In den kommenden Stunden war es mehr als offensichtlich, dass sie mir aus dem Weg ging.
Sie vermied meine Nähe, als wäre sie etwas toxisches.

Talea's Sicht

Ich vermied es, mich in Samus Nähe aufzuhalten oder ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.
Allerdings war das in Rikus Garten nur bedingt möglich.
Hin und wieder blieb mein Blick dann doch bei ihm und seiner ziemlich perfekten Freundin hängen, die nicht von seiner Seite wich.
Er sah jedoch alles andere als glücklich darüber aus.
Ein Gespräch zwischen Osmo und Sami, die schon seit einer ganzen Weile neben mir am Tisch saßen, verriet dann auch warum.
"Warum ist Samu eigentlich mit Vivi hier?", fragte Osmo und betonte ihren Namen, als könnte er die Blondine nicht besonders gut leiden.
Mir sollte es eigentlich genauso gehen, doch ich musste mir wohl oder übel eingestehen, dass Samu derjenige gewesen war, der sich wie ein Vollidiot verhalten hatte und nicht sie.
"Ich meine, er wollte sich doch von ihr trennen. Das hat er doch schon vor Monaten gesagt.", fügte er hinzu und sah unauffällig zu den beiden herüber. "Er hat es noch nicht übers Herz gebracht. Wahrscheinlich hat er Angst, dass sie vollkommen ausflippt.", murmelte Sami und zuckte mit den Schultern.
Ich lauschte ihrem Gespräch über Samu und diese Vivi interessiert.
"Sie hat es nicht anders verdient. Sie hat ihn mit diesem schmierigen Typen aus London betrogen.", flüsterte Osmo wütend und schüttelte verständnislos den Kopf.
"Stimmt. Sowas hat er nicht verdient.", pflichtete Sami ihm bei und stieß einen tiefen Seufzer aus.
"Das war bestimmt nicht das erste Mal in den sechs Jahren.", murmelte Osmo und zupfte an einer Serviette, die auf dem Tisch lag.
Was hatte er gesagt?
Sechs Jahre?
Jetzt bestätigte sich das, was ich schon befürchtet hatte.
Samu war schon mit dieser Frau zusammen gewesen, als wir uns im vergangenen Oktober in Köln begegnet waren.
Er hatte sie mit mir betrogen, ohne mit der Wimper zu zucken.
Was für ein verdammter Mistkerl.
Wut stieg in mir auf und ließ das Blut schneller durch meine Adern rauschen. Ich konnte einfach nicht fassen, dass er all diese Dinge zu mir gesagt und all diese Sachen mit mir gemacht hatte, obwohl er eine andere Frau liebte.
Ich war zum Glück nicht so naiv, dass ich mir ernsthafte Hoffnungen auf mehr gemacht hatte, doch trotzdem verletzte es mich.

Immerhin wusste ich jetzt, dass das zwischen uns ein für alle Mal der Vergangenheit angehörte...

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt