Kapitel 18

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Talea's Sicht

"Ihr hättet auch einfach schon reingehen können. Die Jungs beißen nicht.", scherzte Osmo, als er ungefähr fünf Minuten später zurückkam.
Er hatte meine Mutter noch nach draußen begleitet und sich von ihr verabschiedet.
Anna und ich hatten währenddessen vor der Tür, an der ein Zettel hing, auf dem in großen schwarzen Buchstaben "Sunrise Avenue" stand, auf ihn gewartet.

"Da sind die Ladys ja wieder.", bemerkte Riku erfreut, als wir hinter Osmo den großen Raum betraten.
Der penetrante Geruch von Deo und Parfüm stieg mir in die Nase und drohte meinen Geruchssinn lahmzulegen.
In der Garderobe der Jungs roch es schlimmer als in der Männerabteilung einer Parfümerie.

"Setzt euch doch.", sagte Osmo und deutete auf das große Sofa.
Wir folgten seiner Einladung und ließen uns gegenüber von Raul und Sami, die offenbar schon fertig waren, nieder.
"Was habt ihr denn vor?", fragte Anna und blickte neugierig zwischen den Jungs hin und her.
"Wir gehen feiern. Ein paar Straßen weiter gibt es einen coolen Club. Mikko hat eine Lounge für uns reserviert.", entgegnete Riku, der sich ebenfalls zu uns gesellt hatte.
Die anderen nickten zustimmend. "Klingt gut.", antwortete Anna und klatschte aufgeregt in die Hände.
Mit ihrer aufgeschlossenen und lockeren Art gelang es ihr meist auf anhieb, Anschluss zu finden und die Leute in ihren Bann zu ziehen.
Selbst in Anwesenheit von fünf gutaussehenden Männern, die noch dazu berühmt waren, blieb sie total gelassen. Ich hingegen war etwas zurückhaltender.

Ich ließ meinen Blick zu Osmo schweifen und lächelte ihn an.
Genau in diesem Moment trat Samu aus der Tür, neben der er an der Wand lehnte, und zog meinen Blick sofort auf sich.
Sein Oberkörper war halbnackt, weil er gerade dabei war, sich ein weißes T-Shirt überzustreifen.
Mein Herzschlag beschleunigte sich augenblicklich.
Ich wollte meinen Blick von ihm abwenden, doch das konnte ich nicht. Er klebte förmlich an seinem nackten Bauch und seinen Muskeln, die sich unter seiner gebräunten Haut leicht abzeichneten.
Samu hatte vor 10 Jahren einen nicht gerade unbedeutenden Platz in meinem Leben eingenommen und obwohl das längst der Vergangenheit angehörte, war da noch immer diese Verbindung, die wahrscheinlich nur ich spürte. Ganz sicher sogar.
Er konnte sich bestimmt nicht mehr an mich und an das, was damals passiert war, erinnern.

Samu's Sicht

"Seid ihr bereit?", rief Sami, der bereits seine Jacke angezogen hatte und nur darauf wartete, dass wir aufbrachen. Die anderen Jungs, unsere weiblichen Gäste und ich folgten ihm.
Wir durchquerten das verwinkelte Gebäude, verabschiedeten uns im Vorbeigehen von einigen Roadies und stiegen schließlich in den schwarzen VW-Bus, der vor dem Seiteneingang auf uns wartete.
"Das ist ja so aufregend.", flüsterte die Freundin von Osmos Schwester.
Ich glaube ihr Name war Anna. Sie war wirklich hübsch, doch mein Interesse galt eher der blonden Lady, die mir immer wieder verstohlene Blicke zuwarf.
Noch immer war ich der festen Überzeugung, dass ich sie schon mal irgendwo gesehen hatte.

Nach etwa 10 Minuten hielt unser Fahrer Linus vor dem besagten Club. Wir stiegen aus dem Fahrzeug und wurden direkt von einem Kerl in einem schicken schwarzen Anzug begrüßt.
Er schien ein Bekannter von Mikko zu sein. Die beiden plauderten wie alte Freunde, während er uns ins Innere des Clubs führte.
Wir durchquerten einen Bereich, der normalerweise nicht für Gäste zugänglich zu sein schien, bahnten uns dann unseren Weg durch die Menge, stiegen eine breite Treppe hinauf und landeten dann in einer abgegrenzten Lounge, die sich oberhalb des feiernden Partyvolkes befand.
Wir hatten sogar eine eigene kleine Bar und einen Barkeeper, der offenbar nur für uns zuständig war.
Nachdem wir unsere Jacken ausgezogen hatte, verteilten wir uns auf den schwarzen Ledersofas, die U-förmig um einen kniehohen Glastisch angeordnet waren, und bestellten uns ein paar Drinks.

Vor uns lagen zwei freie Tage und die Stimmung war dementsprechend locker und ausgelassen.
Wir plauderten, lachten viel und der Alkohol floss in Strömen.
Eine Party ganz nach meinem Geschmack.
Der Abend schien nahezu perfekt zu werden, doch es gab noch immer eine Sache, die mir einfach keine Ruhe ließ. Osmos Schwester kam mir seltsam bekannt vor, doch ich hatte noch immer keinen blassen Schimmer, woher ich sie kannte, oder wann ich ihr schon mal begegnet war.
Unzählige Male hatten sich unsere Blicke schon getroffen und ich war mir inzwischen sicher, dass das kein Zufall war.

Als ihre dunkelhaarige Freundin, die sonst offenbar kaum von ihrer Seite wich, sich irgendwann erhob und mit Riku an die Bar ging, ergriff ich meine Chance.
Ich schnappte mir mein halbvolles Glas, umrundete den Tisch und setzte mich zu ihr.
"Hey.", murmelte sie und lächelte scheu. "Schön, dich endlich mal kennenzulernen. Osmo hat schon viel von dir erzählt.", sagte ich ganz unverfänglich und erwiderte ihr Lächeln.
"Ach ja?", fragte sie und blickte schüchtern nach unten auf ihr Glas, das sie in ihren Händen hielt.
"Seine Familie scheint ihm wirklich viel zu bedeuten.", gab ich zurück und nickte.
Doch sie schien nicht besonders gesprächig zu sein.
Plötzlich tauchte ihre Freundin zwischen uns auf, beugte sich vor und sagte etwas zu Talea, das ich über die laute Musik hinweg nicht verstehen konnte.
Sie schnappte sich ihr Glas vom Tisch, musterte mich einen Moment lang und sagte dann: "Tu ihr nicht wieder weh.".

Ich war irritiert und zweifelte daran, ob sie mich meinte. Doch als ich sah, dass Talea ihr einen vernichtenden Blick zuwarf und gleich darauf ihr Gesicht in ihren Händen vergrub wusste ich, dass es sich nicht um einen Irrtum handeln konnte.

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt