Kapitel 15

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• 13. November 2017 •

Talea's Sicht

Es war so weit.
Der Tag, an dem ich Osmo zum ersten Mal live auf der Bühne sehen würde, war gekommen.
Doch nicht nur ihn.
Es würde auch das erste Mal sein, dass ich Samu wiedersehe.
Seit unserer Begegnung waren 10 Jahre vergangen. Die Erinnerungen waren jedoch so lebendig, als wäre es gerade erst gestern gewesen.
Doch das war egal. Es war vorbei.
Samu war sicher ein ganz anderer Mensch als noch vor 10 Jahren.

Osmo hatte uns drei Tickets für das Club-Konzert in Köln besorgt, das eigentlich seit Monaten restlos ausverkauft war.
Für meine Mutter, für meine beste Freundin Anna und für mich.
Ich freute mich wie ein kleines Kind darauf und konnte es kaum erwarten, meinen Bruder endlich wiederzusehen.
Sein letzter Besuch bei uns in Köln war mittlerweile mehr als 7 Monate her.
Noch mehr als ich litt allerdings meine Mutter darunter.
Auch für sie sollte es ein besonderer Abend werden.

"Kein Wort über Samu, wenn meine Mutter in der Nähe ist, verstanden?", sagte ich mit Nachdruck und sah Anna, die sich gerade prüfend im Spiegel betrachtete, eindringlich an.
Wir wohnten inzwischen nicht mehr zusammen, denn Anna war vor einem Jahr mit ihrem Freund Tobi zusammengezogen, mit dem sie seit fast drei Jahren eine Beziehung führte.
Ich hatte lange daran gezweifelt, doch es schien ihr wirklich ernst zu sein.
Tobi war ein netter Typ. Er war ruhig und bodenständig und es war mehr als offensichtlich, dass er verrückt nach Anna war.
Er war zwar das genaue Gegenteil von ihr, doch sie schien jemanden zu brauchen, der sie hin und wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte.
Gegensätze ziehen sich eben doch an.

Ich hatte nie geglaubt, dass sie sich jemals für einen Mann entscheiden und etwas festes mit ihm eingehen würde, doch genau das war passiert und es freute mich umso mehr für die beiden.

Ich war wenig später ebenfalls aus der Wohnung ausgezogen, in der wir 8 Jahre lang zusammen gewohnt hatten, denn sie war einfach zu groß für mich alleine und einen Mann, mit dem ich sie teilen konnte, gab es in meinem Leben nicht.
Nur hin und wieder ein paar lockere Bekanntschaften, mit denen ich mich manchmal traf und eine schöne Zeit verbrachte, aber keinen Mann, mit dem ich mir etwas festes vorstellen konnte.
Das störte mich allerdings nicht im geringsten.
Ich genoss das Single-Leben und die damit einhergehende Freiheit.

"Bist du nervös?", fragte Anna, während ich das schwarze T-Shirt über meinen Kopf zog.
Sie saß auf meinem Bett und sah mich prüfend an. Ein Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
"Nein. Warum sollte ich?", gab ich gelassen zurück.
Natürlich wusste ich genau, warum sie mir diese Frage stellte. Das war eine Anspielung auf das Wiedersehen mit Samu.
Ich sah allerdings keinen Grund dafür, mir irgendwelche Gedanken darüber zu machen oder nervös zu sein.
Samu würde sich ohnehin nicht mehr an mich erinnern und ich würde einfach so tun, als wäre ich ihm nie zuvor begegnet.

"Du siehst ihn wieder.", murmelte Anna mit nachdenklicher Miene.
Sie wollte offenbar herausfinden, ob er mir wirklich so egal war, wie ich vorgab.
"Na und? Das ist mehr als 10 Jahre her.", erwiderte ich und ging ins Bad.

Gegen 17 Uhr klingelte es an der Wohnungstür.
Ich eilte durchs Wohnzimmer um sie zu öffnen und meine Mutter in Empfang zu nehmen.

Sie war wirklich eine beeindruckende Erscheinung.
Ungefähr 1,70 Meter groß, schlank und mit blonden Haaren und auffälligen tiefblauen Augen, die sie mit etwas Make-Up gekonnt in Szene gesetzt hatte.
Ihre Haare fielen in sanften Wellen über die Schultern, so als wäre sie gerade frisch vom Friseur gekommen.
Sie war einfach immer perfekt zurechtgemacht, wenn sie das Haus verließ. Vor allem aber an einem so besonderen Abend wie diesem.

"Hallo meine Süße. Na seid ihr bereit?"
Sie zog zuerst mich und dann Anna in eine feste Umarmung und folgte uns ins Wohnzimmer.
Da der Club, in dem das Konzert stattfinden sollte, zu Fuß nur etwa 15 Minuten entfernt war, hatten wir noch genug Zeit.
Anna kam mit drei Gläsern aus der Küche zurück, stellte sie auf den Wohnzimmertisch und öffnete eine Flasche Sekt. Sie goss die prickelnde Flüssigkeit in die Gläser und setzte sich zu uns auf die Couch.
"Auf unseren Osmo.", sagte meine Mutter stolz und mit einem strahlenden Lächeln und erhob ihr Glas.

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt