Kapitel 101

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Talea's Sicht

"Nein. Ich habe einen riesigen Fehler gemacht. Ich hätte sofort klarstellen müssen was los ist, aber ich war einfach zu überrumpelt von der Gesamtsituation und von Vivis bescheurtem Verhalten. Sie wusste genau, dass sie so einen Keil zwischen uns treiben kann. Sie spielt ein falsches Spiel, aber das mit ihr und mir ist längst vorbei. Das musst du mir glauben."
Samu atmete tief ein und aus als sein Redeschwall beendet war.
In der Leitung herrschte wieder absolute Stille.
"Alles was ich will bist du, Talea.", sagte er einige Sekunden später halblaut und mit einer Intensität in der Stimme, die meinen Atem ins Stocken geraten ließ.

"Samu", flüsterte ich.
"Verdammt, Talea. Bitte komm zu mir. Ich halte es nicht länger aus so weit von dir enfernt zu sein. Nicht nach all dem was passiert ist."
"Das würde ich gerne."
"Warum zweifelst du dann? Osmo weiß inzwischen sowieso Bescheid. Wir haben doch nichts mehr zu verlieren."

Und ob wir das hatten.
Ich hatte eine ganze Menge zu verlieren und das jagte mir eine riesige Angst ein.
Aber ich konnte nicht anders. Ich konnte mich nicht von ihm fernhalten, denn das zwischen uns war mittlerweile viel zu tiefgehend und viel zu berauschend.
"Okay.", murmelte ich und schloss die Augen. "Okay. Ich komme zu dir."

Ich hatte diese Worte noch gar nicht ganz ausgesprochen, als ich auf das rote Symbol tippte um den Anruf zu beenden, die Decke zurückschlug und von meinem Bett aufsprang.
In Windeseile schlüpfte ich in eine Jeans und einen Hoodie, schnappte mir meine Handtasche mitsamt Smartphone, Geldbeutel und Co. und schlich mich dann leise durchs Wohnzimmer um Osmo nicht aufzuwecken.
Ich wollte ihm später eine Nachricht schreiben und ihm mitteilen, dass ich zu Samu gegangen war, um mich nach unserem Streit, den er aus nächster Nähe miterlebt hatte, mit ihm auszusprechen.
Aber erstmal zählte nur eins.
Ich wollte zu ihm.

Mit großen Schritten lief ich durch die Dunkelheit. Ich ging nicht, ich lief.
Das künstliche Licht der Straßenlaternen ließ alles noch viel surrealer wirken.
Hin und wieder fuhr ein Auto an mir vorbei, doch abgesehen davon war weit und breit kein Mensch zu sehen.
Nicht ungewöhnlich so mitten in der Nacht.

Je näher ich Samus Wohnung kam, desto lauter und schneller klopfte mein Herz. Ich war so nervös, dass ich befürchtete, weiche Knie zu bekommen und an Ort und Stelle zusammenzubrechen, doch mein Körper kannte das Ziel.
Ich wollte zu ihm und fast wie von selbst trugen mich meine Beine mit schnellen Schritten dorthin.
Mit zittrigen Fingern tippte ich den vierstelligen Zahlencode ein und wartete ungeduldig darauf, dass die Eingangstür sich öffnete.
Auf dem Weg nach oben nahm ich immer zwei Treppenstufen auf einmal, denn ich war viel zu ungeduldig um wie ein normaler Mensch die Treppe hinauf zu gehen.
Als ich die Etage erreichte, auf der sich seine Wohnung befand, erwartete er mich bereits mit geöffneter Tür.

"Samu", seufzte ich, überwand die letzten Meter zwischen uns und warf mich in seine Arme.
Er fühlte sich gut an. Warm und stark und irgendwie beschützend.
"Das alles tut mir so unglaublich leid.", flüsterte er und drückte mich so fest, dass mir beinahe die Luft weg blieb. 

Samu's Sicht 

Diese Nacht rückte alle nervenaufreibenden Vorfälle in den Hintergrund. Diese Nacht brachte uns noch näher zusammen und veränderte das Band zwischen uns.
Taleas Reaktion auf Vivi hatte mir ein weiteres Mal klar gemacht, dass wir beide ziemlich tief drinsteckten.
Und dann, als wir uns gerade ein weiteres Mal geliebt hatten, platzte es einfach so aus mir heraus.
"Ich liebe dich, Talea."

Verdammt.
Ich hatte ihr gerade meine Gefühle gestanden und war damit das Risiko eingegangen sie komplett zu überfordern und alles wieder kaputt zu machen.
Doch mir war klar, dass es nur zwei Wege gab.
Entweder gingen wir den Weg von nun an gemeinsam und schauten, wohin das ganze uns führen würde, oder jeder ging seinen eigenen Weg.
In dem Fall wäre es vermutlich ziemlich schmerzhaft, doch nur so konnten wir verhindern, dass wir uns da in irgendetwas verrannten und uns noch mehr verletzten.

Doch Talea lächelte und machte auch keine Anstalten die Flucht zu ergreifen. "Ich liebe dich auch, Samu. Ich habe lange versucht es zu verdrängen, aber ich kann nichts dagegen tun und das will ich auch gar nicht mehr. Ich liebe dich."  

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt