Kapitel 29

166 7 0
                                    

Samu's Sicht

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, lag Talea noch immer neben mir und schlief tief und fest.
Ihre Gesichtszüge waren entspannt, ihre Lippen leicht geöffnet und ihre blonden Haare zerzaust.
Sie war verdammt schön.
Die Nacht mit ihr war der absolute Wahnsinn gewesen. Sie hatte mir alles abverlangt, doch ich konnte einfach nicht genug davon bekommen.
Diese Frau hatte mir gehörig den Kopf verdreht.
Und das, obwohl es eigentlich schon längst eine Frau an meiner Seite gab. Vivi.
Wir waren seit fast 7 Jahren zusammen. Eine lange Zeit mit vielen Höhen, aber mindestens genauso vielen Tiefen. Und seit vielen Monaten überwogen genau diese.
Vivi fing ständig Streit an, denn sie konnte einfach nicht verstehen, dass meine Karriere mit Sunrise Avenue so viel Zeit in Anspruch nahm.
Ich war schon immer viel unterwegs gewesen, doch seit geraumer Zeit störte sie das enorm.
Vivi war beruflich allerdings fast genauso eingespannt wie ich, denn sie arbeitete als Model und Make-Up Artist. Ein Job, der ebenfalls mit vielen Reisen verbunden war.
Dass die mangelnde Zweisamkeit nicht allein meine Schuld war, akzeptierte sie jedoch nicht.
Ohne mit der Wimper zu zucken schob sie mir jedes Mal die Verantwortung dafür zu, dass wir uns tagelang nicht sehen konnten.
Keine Frage, Vivi ist eine tolle Frau, doch ihre schlechte Laune und das ständige Gezicke gingen mir ziemlich auf die Nerven.
Auch die körperliche Nähe war schon seit Monaten kein Thema mehr gewesen.

Ich musste schweren Herzens einsehen, dass unsere Beziehung langsam aber sicher den Bach runter ging.
Vermutlich war es mir aus diesem Grund so leicht gefallen, die Nacht mit Talea zu verbringen, ohne von Schuldgefühlen aufgefressen zu werden.
Mit ihr war alles so aufregend und unkompliziert, doch trotzdem war es etwas besonderes.
Vor allem, weil wir uns vor 10 Jahren schon mal begegnet waren.

Als ich sie wiedererkannte, war etwas in mir geweckt worden, dass förmlich darauf brannte, ihr nochmal so nah zu kommen.
Oder sogar noch näher.
Ich wollte herausfinden, ob sich das schüchterne 18-jährige Mädchen, das sie damals gewesen war, verändert hatte.

Als ich meinen Blick zu ihr herüber schweifen ließ, bemerkte ich, dass sie mich mit verschlafenem Blick beobachtete.
"Guten Morgen. Hast du gut geschlafen?", murmelte ich leise und stützte mich auf meinem Unterarm ab, um sie ansehen zu können.
"Sehr gut sogar.", antwortete sie heiser und lächelte träge.
"Wie spät ist es eigentlich?", fragte sie und streckte die Hand nach ihrem Handy aus, das auf dem Nachtschrank lag.
"Kurz vor 9.", gab ich zurück.
Der Ausdruck auf ihrem Gesicht veränderte sich schlagartig.
"Fuck. Ich muss los.", schnaufte sie und sprang aus dem Bett.
Belustigt sah ich dabei zu, wie sie nackt durchs Zimmer lief, ihre Sachen schnappte und kurz darauf im Bad verschwand.
"Warum hast du es so eilig?", fragte ich irritiert, als sie wenige Minuten später wieder herauskam. Angezogen und ordentlich zurechtgemacht.
Zumindest so ordentlich, wie es nach einer Nacht wie dieser möglich war.
"Osmo und ich sind mit unserer Mutter verabredet.", erwiderte sie hektisch.

Irgendetwas tief in mir drin wollte nicht, dass sie ging.
Ich hatte den Abend und die Nacht mit ihr genossen und hätte liebend gerne noch mehr Zeit mit ihr verbracht.
Auch wenn es nicht das war, was ich normalerweise tat, nachdem ich mit einer Frau im Bett gelandet war.
"Schade. Da kann man wohl nichts machen.", entgegnete ich und begann mich ebenfalls anzuziehen.
Sie warf mir einen verstohlenen Blick zu und lächelte schüchtern.
"Samu?", murmelte sie wenige Sekunden später fragend und blickte betreten zu Boden, dann in meine Augen.
"Was ist denn?"
Ich machte einen Schritt auf sie zu und wartete auf das, was sie mir sagen wollte.
"Das hier...", sie schaute zum Bett herüber, "Kann das bitte unter uns bleiben? Ich will nicht, dass Osmo davon erfährt.", murmelte sie und spielte nervös an ihrem Armband herum.
"Natürlich.", entgegnete ich leise.
Für mich war das selbstverständlich. Das hier war sowohl ihre, als auch meine Privatsphäre, die niemanden etwas anging.
Abgesehen davon war ich ja selbst nicht unbedingt stolz darauf, dass ich Vivi betrogen hatte.
"Danke!", flüsterte sie und lächelte schüchtern.
Nachdem sie ihre Jacke angezogen hatte, zog ich sie nochmal in meine Arme, um mich von ihr zu verabschieden. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen und atmete ihren unverkennbaren Duft ein. Ich wollte sie nicht gehen lassen.

"Danke für den schönen Abend.", flüsterte sie, so als hätte sie bemerkt, dass sie diejenige sein musste, die diese Umarmung beendet.
Ich hätte sie noch stundenlang so festgehalten.
Als sie sich von mir abwandte und in Richtung Tür ging, fiel mir etwas ein. Ich konnte sie nicht einfach so gehen lassen, ohne zumindest eine Möglichkeit zu haben, sie wiederzusehen.
"Warte!", rief ich eine Spur zu laut.
Sie war nicht mal 3 Meter von mir entfernt und konnte mich sicher auch verstehen, wenn ich in normaler Lautstärke mit ihr redete.
Verdammt.
Ich war nicht mehr ich selbst, wenn es um sie ging.
"Was ist denn?", fragte sie und klang überrascht.
Sie drehte sich zu mir um und musterte mich irritiert, während ich vor ihr stand wie ein Volltrottel.
"Gibst du mir deine Nummer?", fragte ich zögerlich und hielt ihr mein Handy hin.
Sie nahm es, doch sie schaute mich an, als wäre ich total durchgeknallt. Natürlich wusste ich selbst, wie bescheuert das war, doch ich wollte nicht, dass es wieder so endete wie damals.
Ich wollte nicht wieder 10 Jahre darauf warten müssen, sie wiederzusehen.

Talea tippte ihre Nummer ein und gab mir das Handy dann zurück.
Nachdem sie mich noch ein letztes Mal auf atemberaubende Art und Weise angelächelt hatte, verschwand sie aus meinem Zimmer und ließ mich alleine zurück.
Verdammt.
Diese Frau hatte es mir echt angetan und ich befürchtete, dass mir das irgendwann zum Verhängnis werden würde.

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt