Kapitel 92

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Talea's Sicht

Als ich am Morgen aufwachte, weil die Sonne ins Zimmer fiel und alles erhellte, war ich zum ersten Mal seit Tagen wieder alleine.
Samu war nicht bei mir und sofort machte sich ein ungewohntes Gefühl der Leere in mir breit, das ich so noch nie gespürt hatte.
Ich wollte ihn wiedersehen.
Am liebsten sofort.
Der Abend und unser kleiner Ausflug mit seinem Boot waren wunderschön gewesen.
Nahezu perfekt.
Und alles was dann später darauf gefolgt war, wird mir sicher noch lange im Gedächtnis bleiben.

Als ich auf mein Handy schaute, nachdem ich mich so langsam an die Helligkeit in meinem Zimmer gewöhnt hatte, warteten zwei neue Nachrichten darauf gelesen zu werden.
Eine war von Anna, die sich erkundigte ob es schon Neuigkeiten gab und eine von Samu, der mir einen guten Morgen wünschte.
Samu.
Selbst Kleinigkeiten wie diese reichten aus, um mein Herz höherschlagen zu lassen.

Schon wenig später saß ich mit Osmo am Frühstückstisch und genoss eine große Tasse Kaffee, die nach dieser Nacht, in der ich noch viel zu lange in Gedanken versunken wach gelegen hatte, auch dringend nötig war.

"Was hast du heute vor?", fragte ich an meinen Halbbruder gewandt, um mich zumindest jetzt auf andere Gedanken zu bringen.
"Wir könnten spazieren gehen. Das Wetter ist toll und ich brauche dringend frische Luft und ein bisschen Abwechslung.", schlug er vor.
Ich hatte allerdings so meine Zweifel daran, ob das eine gute Idee war.

Doch er ließ sich nicht davon abbringen und so machten wir uns gegen 11 Uhr auf den Weg in den nahegelegenen Park.
Da ich sicherstellen wollte, dass er sich hinsetzen und ein wenig ausruhen konnte, wenn es doch zu viel wurde, hielt ich das für die beste Alternative.

Wir genossen das gute Wetter, schlenderten den Schotterweg entlang und ließen uns schließlich unter einem Baum im Schatten nieder.
Es waren nur vereinzelt andere Menschen im Park unterwegs.
Hin und wieder lief ein Jogger an uns vorbei und in einigen Metern Entfernung tobten Hunde miteinander und jagten immer wieder einem Ball hinterher, den der Besitzer in die Ferne schleuderte.
Doch abgesehen davon war es sehr ruhig. Nicht ungewöhnlich für einen Freitagvormittag.

"Hey. Das ist doch Samu, oder?", sagte Osmo plötzlich und deutete auf einen großgewachsenen Mann, der den schmalen Weg entlang lief.
Oh. Mein. Gott.
Mein Herz begann zu rasen, doch ich musste cool bleiben.
"Sieht so aus.", entgegnete ich und wandte den Blick wieder ab.
Osmo durfte auf keinen Fall merken, wie sehr mich Samus plötzliches Auftauchen aus dem Konzept brachte.

Als er immer näher kam und in unsere Richtung, etwas abseits des Weges, schaute, winkte Osmo ihm zu.
Samu verlangsamte seine Schritte und kam mit einem breiten Grinsen in seinem von der Anstrengung geröteten Gesicht auf uns zu.
Schon beim ersten genaueren Hinsehen blieb mir fast die Luft weg.
Seine Haare waren schweißnass und zerzaust und das weiße T-Shirt, das er trug, klebte förmlich an seinem Körper und war fast durchsichtig.
Darunter zeichneten sich seine breiten Schultern und sein muskulöser Oberkörper deutlich ab.

"Hey. Was macht ihr denn hier?", begrüßte er uns fröhlich und blieb stehen.
Während ich noch damit zu zun hatte  meine Sprache wiederzufinden, plauderte Osmo gut gelaunt drauf los und rutschte ein Stück zur Seite, um ihm etwas Platz zu machen.
Auch das noch.
Wie sollte ich aus dieser Situation herauskommen, ohne mich vollkommen zu blamieren und alles auffliegen zu lassen.

Samu setzte sich zwischen uns und war mir auf einmal so nah, dass sich unsere Schultern berührten.
Seine erhitzte Haut traf auf meine und die Schmetterlinge in meinem Bauch flatterten aufgeregt durcheinander. Fast so, als würde er in diesem Moment das gleiche empfinden wie ich, blickte er wortlos zu mir herüber und schenkte mir ein liebevolles Lächeln, das mein Herz berührte.
Aber Osmo, der munter weiter plapperte, lenkte Samus Aufmerksamkeit wieder auf sich und brachte uns somit nicht weiter in Verlegenheit.
Nach ein paar Minuten hatte ich mich dann auch soweit gefangen, dass ich mich wie ein normaler Mensch am Gespräch beteiligen konnte, als Osmo vorschlug den Abend gemeinsam mit Samu und den anderen Jungs aus der Band zu verbringen.

"Gute Idee. Wir könnten was kochen oder Pizza bestellen.", warf ich ein und nickte den beiden zu.
Natürlich immer darauf bedacht, Samu nicht zu lange anzusehen um mich nicht von seinen ozeanblauen Augen fesseln zu lassen.
"Klingt gut.", erwiderte er und auch Osmo stimmte zu.

Nach ein paar Minuten machte er sich dann wieder auf den Weg, um seine Joggingrunde fortzusetzen.
Er verabschiedete sich, warf noch einen Blick auf sein Handy und lief davon.
Wie gebannt schaute ich ihm hinterher und hoffte inständig, dass mein Halbbruder das nicht bemerkte.

Ich konnte einfach nicht anders.
Ich konnte nichts gegen diese faszinierende Wirkung tun, die dieser Mann auf mich hatte. 

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt