Kapitel 2

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Anna's Sicht

Ich hatte oft das Gefühl, dass Talea sich selbst unterschätzte.
Sie war wunderschön, hatte lange blonde Haare, die sie beinahe wie einen Engel wirken ließen und blaue Augen, die jedem sofort auffielen.
Ihre skandinavischen Wurzeln konnte sie definitiv nicht leugnen.
Sie war zwar nur 1,67 Meter groß, aber sie hatte eine wunderbar weibliche Figur, auf die mit Sicherheit viele Frauen neidisch waren.
Die Jungs schauten ihr oft hinterher, doch das schien sie gar nicht zu bemerken.
Vielleicht wollte sie es auch einfach nicht bemerken.

Sie wartete noch immer auf den Einen, der ihr die Welt zu Füßen legte.
Wahrscheinlich hatte sie zu viele kitschige Romane gelesen, in denen am Ende immer alle glücklich und zufrieden waren, weil die Liebe auf den ersten Blick sich nach einem filmreifen Drama dann doch noch als Erfolg entpuppte.
Was für ein Schwachsinn...

Wenn wir gemeinsam unterwegs waren, versuchte ich oft, sie auf die Typen aufmerksam zu machen, die offensichtliches Interesse an ihr zeigten, doch das ignorierte sie meistens.
"Ich bin nicht wie du. Ich bin halt anders.", sagte sie dann kopfschüttelnd und zuckte gleichgültig mit den Schultern.

Dass sich das so plötzlich ändern würde, hätte ich nie für möglich gehalten.

Talea's Sicht

"Oh mein Gott. Ich bin so aufgeregt.", quietschte Anna nervös und drückte meine Hand fester, als die Türen geöffnet wurden und die wartenden Leute von allen Seiten anfingen zu drängeln.
Anna's Cousine, die mittlerweile etwas weiter vorne in der Menge stand, hatte uns die Karten an der Abendkasse besorgt, da sie früher hier gewesen war als wir.

Nach knapp 20 Minuten hatten wir es endlich geschafft. Wir hatten die Einlasskontrollen passiert und uns einen Platz in der zweiten Reihe, direkt mittig vor der Bühne, gesichert.
Das E-Werk war keine besonders große Konzertlocation, aber für so eine aufstrebende Band sicherlich ein guter Anfang.
Das Publikum war überwiegend weiblich und es waren so ziemlich alle Altersgruppen vertreten.
Um uns herum tuschelten sie alle nur über ihn: Samu Haber.
Er war offenbar der Frontman der Band und musste ein ziemlich toller Typ sein, wenn alle so vernarrt in ihn zu sein schienen.
Ich konnte mir darüber noch kein Urteil erlauben, denn ich kannte weder ihn, noch die anderen Bandmitglieder von Sunrise Avenue. Allerdings kannte ich mittlerweile einige ihrer Lieder aus dem Radio und von Anna, da sie diese oft lautstark und in Dauerschleife hörte.
"Du wirst begeistert sein.", sagte sie aufgeregt und ihre Augen leuchteten voller Vorfreude.

Um 20 Uhr war es endlich soweit.
Die Jungs von Sunrise Avenue betraten die Bühne und lösten regelrechte Hysterie bei den weiblichen Fans aus.
Mit jedem Song wurde ich mehr mitgerissen.
Ich bewegte mich gemeinsam mit Anna im Takt der Musik, klatschte, wenn der Sänger der Band das Publikum dazu aufforderte, und summte die Texte mit, die ich kannte.

Meine beste Freundin hatte definitiv nicht zu viel versprochen.
Dieser Samu Haber war wirklich heiß.
Er war groß, hatte breite Schultern und wuschelige blonde Haare, die ihn zeitgleich sexy, aber auch irgendwie verspielt aussehen ließen. Abgesehen davon zeichneten sich unter seinem schweißnassen weißen T-Shirt die Ansätze seiner Bauchmuskeln ab.
Vermutlich hatte er es extra deshalb angezogen. Ich hatte keinen Zweifel daran, dass er genau wusste, was er tun musste, um das weibliche Publikum zu begeistern.

Der Song 'Nasty', den sie fast als letztes spielten, schien wie dafür gemacht zu sein.

'Put your hands on me
I wanna feel the hungry fingers on my skin
Lets see how you love me
I wanna make you a mess inside

Put your hands on me
I wanna feel the fever and the beat inside you
When you look me with those eyes
You say you wanna be all mine'

Bei diesen Worten machte er eindeutige Gesten, die die Mädels begeistert jubeln ließen.
Dieser Mann wirkte selbstsicher und irgendwie arrogant. Allerdings auf charmante und witzige Art und nicht wie ein schmieriger Vollidiot.

Ich war mir sicher, dass er genau wusste, was er tun muss, um zu bekommen, was er will.
An eindeutigen Angeboten mangelte es ihm sicher nicht.

Doch nicht jeder Rockstar war immer nur darauf aus, reihenweise Frauen flachzulegen, rief ich mir in Erinnerung und musste instinktiv lächeln.
Ich hatte unzählige Bücher gelesen, in denen sich unscheinbare Mädchen in heiße Rockstars verliebten, die ihr Aufreißer-Dasein beendeten, weil sie die Liebe ihres Lebens gefunden hatten.

Ich mochte Happy Ends dieser Art, doch ich hätte nie daran geglaubt, dass mir selbst einmal etwas ähnliches widerfahren würde.

Forever Yours / Samu & TaleaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt