Witch Hunt || Yoonmin ✔

86: Die Gerichtsverhandlung

Das Ratsgebäude der Hexenwelt war eine prunkvolle, altertümliche Villa im Barockstil.

Links und rechts der riesigen, mit schnörkeligen Ornamenten verzierten Doppelflügeltüren, befanden sich die beiden anmutigen Statuen von berüchtigten Hexenmeistern, die ihrem Reich einst ehrenvoll gedient hatten.

Ein imposanter Springbrunnen plätscherte auf dem moosbewachsenen Vorplatz des Anwesens, wo sich schon bereits einige Schaulustige tummelten.

Suga sah muskelbepackte, in zerissene Fetzen gesteckte Trolle, die Mr. Choi gar nicht mal so ähnlich waren und ihn mit zusammen gekniffenen, roten Augen musterten, während er vorbei schritt.

Hoseok stieß hörbar die Luft aus und wies auf eine zierliche beinah menschlich aussehende Waldnymphe, deren flammend rotes Haar und giftgrüne Haut ihn völlig in den Bann gezogen hatten.

Glücklicherweise trat Jin nun neben die beiden und flüsterte:

"Sieh sie nicht an, Hoseok. Wesen wie die da verführen dich nur und locken dich in den tiefen Wald, wo du dann eines qualvollen Todes stirbst - also guck woanders hin!"

Hoseok schluckte und wandte entsetzt den Blick ab, hätte jedoch schwören können, dass die Nymphe ihm zum Abschied noch eine Kusshand zu geworfen hatte.

Wenig später öffnete sich das Eingangstor zum Ratsgebäude und die verschiedenen Kreaturen, darunter auch die Waldgeister, Trolle und die Nymphe strömten nacheinander in den Sitzungssaal.

Es schien beinahe, als hätte sich die gesamte Zwischendimension und die Hexenwelt aufgemacht, um diesem spannenden Ereignis beizuwohnen.

Dabei war es doch nur ein Prozess, der zufällig über das Schicksal eines der wohl mächtigsten Hexenjäger entscheiden sollte, wie Namjoon sich betitelt hatte...

Und dieser Hexenjäger war noch vor kurzem Sugas eigener Vater gewesen.

Der Teenager spürte, wie sich abermals flammender Zorn in ihm breit machte.

Das alles hätte einfach nicht passieren dürfen...

Doch nun war die Gefahr gebannt, Kim Namjoon würde das bekommen, was er verdiente und niemand musste mehr in Angst vor ihm leben.

So schnell wie seine Wut gekommen war, so schnell war sie auch wieder vorbei und Suga holte tief Luft.

"Du brauchst nicht nervös zu sein!", meinte Jimin und drückte seine Hand ganz fest, gab ihm einen Schmatzer auf die Wange.

"Glaub mir, alles wird gut!"

Suga lächelte:

"Alles wird gut!"

Dann betraten sie das Ratsgebäude, ließen einander nicht los, bis Jimin und Suga endlich im Saal neben Hoseok, Taehyung, Jungkook und Jin ihre Plätze eingenommen hatten.

Der Oberste Hexenrichter saß auf einem erhöhten Podium und trug eine wallende Robe, die ihm beinahe bis zu den Knien reichte.

Namjoon, der wieder seine normale Größe angenommen hatte, hockte in sich zusammen gesunken und in schwere Ketten gelegt auf einem kleinen Podest, gut sichtbar für die Zuschauer.

Was den Rat selbst anging, hatte er keinesfalls übertrieben, bis vielleicht auf ihre Unfähigkeit:

Er bestand aus zehn - wirklich - spitzbärtigen Hexenmeistern, die lange Gewänder und spitz zulaufende Hüte auf dem Kopf trugen, auf die sie offenbar sehr stolz waren.

Sie alle hockten mit ernsten und gelangweilten Mienen da, darauf wartend, dass der Prozess endlich begann.

Und da ertönte auch schon eine Fanfare, die die Sitzung einläutete und das Publikum mit einem Mal verstummen ließ.

Alle starrten wie gebannt auf den Obersten Hexenrichter, der nun seine donnerartige Stimme erhob und sprach:

"Verehrte Damen und Herren, liebe Manyeos und Wesen der Zwischenwelt. Wir haben uns heute hier versammelt, um den Prozess gegen den Hexenjäger Kim Namjoon zu beraten, der die junge Manyeo Park Jimin aus dieser Welt verschleppt und in seine Gewalt gebracht hat. Mr. Kim, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?"

Namjoon grummelte etwas, machte jedoch keine Anstalten, irgendetwas zu sagen.

Er war so oder so schuldig.

Als er nicht antwortete, redete der Oberste Hexenrichter munter weiter.

"Wenn Sie nichts zu sagen haben, bitte ich nun Park Jimin um seine Aussage, laut meinen Unterlagen eine sehr talentierte Manyeo aus gutem Hause und Schüler der berühmten Manyeo Academy unter der Leitung von Madam Sakura. Park Jimin, Ihnen wird nun Gehör geschenkt!"

Jimin erhob sich von seinem Stuhl, blickte in die Runde.

Nach einer kurzen Weile sagte er:

"Vor nicht allzu langer Zeit hat mir Kim Namjoon im Wald aufgelauert und mich durch das Portal in die Menschenwelt geschickt. Ich wusste nicht, was mich dort erwartete und habe gedacht, es wäre nur mein Leichtsinn gewesen, der zu einem kleinen Ausrutscher geführt hatte...doch nach und nach erkannte ich den wahren Grund: Kim Namjoon ist der Sohn des Seelenbrechers und hat mir meine Hexkraft abgezapft, um so zu werden wie er - stark, kaltblütig und blutrünstig. Ein wahres Monster."

Der Oberste Hexenrichter richtete seinen Blick auf Namjoon.

"Ist das wahr, Kim Namjoon? Reden Sie!"

Namjoon nickte:

"Es ist wahr. Ich habe Park Jimin entführt, Furunkel in meinen Besitz gebracht, meine Familie belogen, Kinder kontrolliert...das ist alles, was ich zu sagen habe. Und wissen Sie was?"

Sein Kopf zuckte hoch, ein fiebriges Grinsen umschloss seine Mundwinkel.

"Ich habe jede Minute genossen. Ihr werdet das noch bereuen, ihr alle. Verflucht sollt ihr sein, bis in alle Ewigkeit und eure Körper mögen im Schlund der Hölle verrotten - viel Glück mit dem weiteren Verfahren, euer Ehren!"

Der Richter entrang sich ein gequältes Lächeln, während ein empörtes und zugleich schreckhaftes Raunen durch den Saal hallte.

Die grausamen Verbrechen des Seelenbrechers, mochte es noch so weit zurück liegen, verursachten bei allen Anwesenden schiere Panik.

Noch dazu, dass er einen Sohn haben sollte, dessen Taten die seines Vaters widerspiegelten.

"Ich bitte um Ruhe!", rief der Oberste Hexenrichter und ließ einen Hammer neben sich in der Luft erscheinen, der zweimal laut auf das Pult sauste und das Publikum einen Wimpernschlag später zum Schweigen brachte.

"Nun wollen wir doch mal hören, was die einzelnen Zeugen zu berichten haben. Kim Seokjin, laut meinen Unterlagen sind Sie Vater von drei Kindern und sollen Park Jimin über seinen Aufenthalt in der Menschenwelt in Ihr Haus aufgenommen haben. Außerdem hätten Sie über all die Jahre nicht gewusst, was Kim Namjoon für schreckliche Dinge hinter Ihrem Rücken treibt. Stimmt es, dass Sie beide einst Freunde waren? Ihnen wird nun Gehör geschenkt!"

Mit zitternden Fingern stand nun Jin von seinem Stuhl auf und entgegnete:

"Jawohl, euer Ehren. Ich bin mit Kim Namjoon einst zur Universität gegangen und habe eigentlich gedacht, dass er mich nie im Stich lässt oder gar belügt. Das genaue Gegenteil ist eingetreten und ich wusste es erst, als es zu spät war."

Er atmete tief durch.

"Was Kim Namjoon getan hat, ist über alle Maßen unverzeihlich und sollte mit dem Tod bestraft werden."