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Lizzy
Ich legte meinen Kopf auf den Tisch, bevor einer der Polizisten in den Verhörsaal kam.

Er war ziemlich klein und auch etwas kräftiger, weshalb ich ihn nie für einen Polizisten gehalten hätte, ohne die Uniform.

Er setzte sich mir gegenüber. Seine langen blonden Haare fielen ihm dabei ins Gesicht.

„Elizabeth Skelton."

„Nur Lizzy", widersprach ich gelangweilt und legte mich in meinem Stuhl zurück.

„Sie haben diesen Mann angeschossen. Aus Notwehr?" Wieder nickte ich.

„Wieso?"

Und dann fing ich an zu erzählen. Ich wollte ihn zur Rechenschaft ziehen.

„Vor etwa zwei Wochen, hat er, bei meinem festen Freund eingebrochen und dabei das Handy verloren", sagte ich wahrheitsgemäß.

„Wir haben uns nichts dabei gedacht und sind ein paar Passwortkombinationen durchgegangen, bis wir dann auf das richtige gestoßen sind. Wir sind-"

„Ich kann Ihnen bis da folgen, Frau Skelton, aber ich verstehe nicht, wieso Sie nicht schon vorher zur Polizei gegangen sind. Nach dem Einbruch."

„Weil wir Angst hatten", sagte ich schnell und es war irgendwie auch nicht ganz gelogen.

„Okay und nachdem ihr das Handy-"

Diesmal war ich diejenige, die ihn unterbrach. „Wir wollten am nächsten Tag zur Polizei gehen, aber ich habe mich dazu entschieden, es selber in die Hand zu nehmen. - Ich mache manchmal ziemlich unüberlegte Entscheidungen", fügte ich noch schnell hinzu.

Er kaute auf seiner Unterlippe herum.

„Sie sind bis auf weiteres entlassen", entschied er dann aber und ich lächelte ihn dankbar an.

Ich habe ihm gesagt, er hätte mich vorher angegriffen und da sah ich keine andere Möglichkeit, ihn anzuschießen.

Irgendwie war ich stolz auf mich. Irgendwie hatte ich all das geschafft. Ich habe es überlebt und ich habe tatsächlich die Antwort auf die meisten Fragen gefunden.

Brandon hat eine Schwester.

Ich konnte nicht mehr warten damit, ich musste es ihm sagen.

Doch als ich aus dem Raum hin, traf mein Auge auf drei ungewollte Gestallten. Meine Familie.

Ich verdrehte die Augen, während ich wortlos an ihnen vorbei ging und versuchte sie bestens zu ignorieren.

„Elizabeth", drang die schrille Stimme meiner Mutter, in meinem Ohr.

Aber ich wagte nicht, mich umzudrehen. Ich wollte einfach für den Rest bei Brandon bleiben und jeden Tag mit ihm verbringen. Komplett ohne meine Familie.

Etwas traf mich am Arm und als ich mich umdrehte, war es Jackson, der mich mit einem sanften Blick anschaute. Die Anspannung ließ etwas nach, als ich seinen besorgten Gesichtsausdruck sah.

Ohne etwas zu sagen, nahm er mich einfach nur in den Arm und ich weiß nicht was es war, aber auf einmal füllten sich meine Augen mit Tränen. Ich war so kurz davor einfach loszuheulen. Letztendlich ist er immer noch mein Bruder.

Ich atmete laut auf, versuchte irgendwie, zu verhindern, dass ich nicht weine.

„Hey ist okay." Er streichelte meinen Rücken beruhigend und ich war mir nicht sicher, ob es wirklich Jackson vor mir war, oder einfach nur meine Fantasie, durch den Schlafentzug. Jackson war noch nie so lieb und vor allem fürsorglich, mir gegenüber.

„Können wir fahren?", fragte ich schnell.

„Ich habe kein Bock auf Mom und Dads Geschrei."

Jackson nickte bloß und wir verschwanden schnell durch den Ausgang.

Ich wusste nicht, wann Jackson und ich uns das letzte Mal so gut verstanden haben.

Vor dem Polizeirevier stand Brandon's Auto, in welches wir schnell verschwanden und dann auch Brandon mich schließlich in seinen Arm zog.

„Fahr Declan", rief mein Bruder, der sich neben uns setzte.

„Hast du eine Ahnung, was du getan hast?", fragte Brandon auf einmal völlig plötzlich und sein lauter Ton ließ mich zusammenzucken.

„Ich wollte Antworten, bevor er verhaftet wird", erklärte ich schnell.

„Nein, ich meinte, weißt du was du mir angetan hast?" und seine Stimme wurde wieder etwas weicher.

Ich konnte genau sehen, wie Jackson uns aus den Augenwinkeln beobachtete, aber das war mir egal.

In meinem Bauch fing irgendetwas an zu kribbeln.

Ich lehnte mich gegen seine Schulter und sofort zierte sich wieder ein Lächeln auf meinen Lippen.

Die restliche Fahrt über erzählten wir Jackson von dem Vorfall, dem Handy und dann erzählte ich von meinem Einbruch.

Brandon hielt meine Hand die ganze Zeit und ich fühlte mich ihm so nah, wie noch nie zuvor.

Bei ihm zu sein fühlte sich fast so an wie nach einem langen Tag endlich nach Hause zukommen. Sein Geruch und, wie er mich behandelte, waren so - gewohnt.

Schließlich kamen wir vor dem Krankenhaus zum stehen und traten alle nacheinander ein.

Rebecca zerrte mich in ihren Arm, als ich durch die Tür trat und auch Zach tat es ihr nach.

Und doch war da diese eine Sache, von der ich Brandon dringend erzählen musste. Er musste wissen, dass er eine Schwester hat.

„Brandon", flüsterte ich und zog ihn etwas von den anderen weg.

Er zog eine Augenbraue hoch.

„Ich muss dir etwas sagen." Er zog den Vorhang wieder zu, sodass wir uns ungestört auf das Bett setzten konnten.

Ich fummelte an meinen Händen rum, nicht genau wissend, wir ich ihm diese Nachricht überbringen sollte und wie er es aufnehmen würde.

„Dein Vater hat deine Mutter betrogen", fing ich an um das schlimmste Vorweg zu nehmen.

Er nickte nur. „Ich weiß", erwiderte er und ich sah ihn schockiert an. Dass sein Vater das seine Mom angetan hat, war unglaublich. Sie ist so lieb und verdiente ihn wirklich nicht. Nichts davon hat sie verdient.

„Und du hast eine Schwester", sagte ich schluckend und sah dabei zu wie sich seine Augen weiteten.

„Das ist nicht möglich", widersprach er jedoch schnell.

„Doch."

„Wir können heute nacht nochmal zu dem Haus fahren. Vielleicht finden wir da noch mehr Antworten."

Er nickte betrübt.

flying high Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt