Chapter 26

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Zufrieden lehne ich mich zurück und betrachte die Buchung auf meinem Bildschirm. Natasha sitzt neben mir, ein Bein über das andere geschlagen und überfliegt ebenfalls nochmal die wichtigen Informationen, die abgebildet sind.

Es ist Freitag. Endlich Wochenende. Seit Dienstag ist James wieder da, der mich ununterbrochen mit Fragen löchert, was zwischen Nat und mir passiert ist, während er weg war. Natürlich bekam er wie immer so ziemlich jedes einzelne Detail, ausgenommen der Tatsachen, die sich in meinem Bett abspielten, denn ohne die Einverständnis der Rothaarigen würde ich nur recht ungerne darüber sprechen, immerhin ging es eigentlich nur sie und mich etwas an.

Dafür war die Woche recht ruhig verlaufen. Bis auf ein paar intensive Blicke und eher nebensächliche Berührungen war kaum etwas interessantes passiert. Mein Höhepunkt war es bisher, dass wir dieses mal augenscheinlich zu sechst nach Sydney fliegen würden. Wir hatten zusätzlich den Auftrag bekommen ein weiteres Einzelzimmer für Colonel James Rupert Rhodes zu buchen, auch bekannt als Rhodey. Ein guter Freund von Tony, der bei der Air Force tätig war.

Pepper hatte uns sogar angeboten, dass auch wir jeweils ein Einzelzimmer nehmen könnten, doch mit der Ausrede, dass es billiger sei und uns sowieso nichts ausmachte, hatten wir das Doppelzimmer behalten.

Die Woche verlief sogar halbwegs harmonisch. Natürlich waren die ein oder anderen üblichen Kabbeleien vorhanden, aber mich ließ das Gefühl nicht los, dass die Russin mich mittlerweile regelrecht akzeptierte. Ein, um ehrlich zu sein, tolles Gefühl.

„Druckst du das noch aus und Mailst es Pepper? Ich denke dann können wir heim.", schlug meine Partnerin vor, während sie sich erhob und um mich herum zu ihrer Seite vom Schreibtisch lief. Dabei strich sie mir minimal mit den Fingerspitzen über die Schultern. Eine spürbare Gänsehaut breitete sich auf meinem Rücken aus und während ich ihren Anweisungen folgte, blieb sie vor der großen Fensterfront stehen. Nur noch ein schmaler, dunkelroter Streifen war am Horizont zu sehen.

Dadurch, dass es immer später im Jahr wurde, ging auch die Sonne immer früher unter, sodass wir die Woche über immer erst im dunkeln den Tower verlassen hatten. Nachdem ich die Mail verschickt hatte, musste ich nur noch auf den Drucker warten. Das Papier reichte Natasha mir an, ich lochte es und heftete es in den Ordner den wir für unsere Reise schon vorbereitet hatten.

„Möchtest du wieder mit zu mir kommen?", erfragte ich vielleicht etwas zu unüberlegt, in die sich bildende Stille hinein, während wir unsere Mäntel anzogen und Taschen packten. Kurz hob sie den Kopf, strich sich eine rote Locke zurück und legte ein Schmunzeln auf.

„Ich bin heute bereits bei Clint zum Essen verabredet.", offenbarte sie mir, was mich dazu brachte dann doch mehr als nur erstaunt die Augen aufzureißen. Wer zum Teufel war Clint...?! Ihr nächster Blick ging eher beiläufig zur Uhr, während ich in meinen Bewegungen innegehalten hatte. Bisher hatte sie nie irgendjemand anderes erwähnt. Lediglich einmal ihren Boss. Natürlich hatte auch eine Natasha Romanoff ein soziales Umfeld außerhalb des Stark Towers, aber sie hatte nie darüber gesprochen. Dementsprechend hatte ich über sowas nicht wirklich nach gedacht.

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. „Er müsste eigentlich schon da sein.", bemerkte sie und schulterte ihre Tasche, während ich kläglich daran scheiterte durch ein Räuspern meine Fassung wiederzuerlangen. „W- wer ist Clint?", versuchte ich es möglichst beiläufig zu fragen und folgte ihr aus dem Büro hinaus mit dem bereits gewohnten griff zum Lichtschalter. Als hinter uns abgeschlossen war, setzte sie zu einer Antwort an.

„Ich kenne ihn von der Arbeit. Also meiner richtigen Arbeit.", erklärte sie. Innerlich hatte ich gehofft, dass sie jetzt offenbaren würde, dass sie verwandt waren, oder sonst irgendwas, aber das klang verdächtig nach einer Arbeitsromanze wie sie im Buche stand.

Oder war er für sie auch nur eine Ablenkung? Genau wie ich? Eine Person von vielen anderen, die ihr irgendwie halfen? Eine vollkommen umzwanghafte Beziehung? Mal wieder ließ es sie wesentlich erwachsener wirken. Wir hatten nur ein paar Jahre Altersunterschied und trotzdem bekam ich immer wieder das Gefühl, dass sie so viel mehr Lebenserfahrung und Reife hatte. Mehr als ich jemals besitzen würde.

„Dann wünsche ich euch viel Spaß...", versuchte ich irgendwie eine ähnliche Reife an den Tag zu legen, doch vermutlich scheiterte ich Genaus kläglich wie bei meinem Versuch vor ein paar Minuten meine Stimme unter Kontrolle zu bringen. „Den werden wir haben.", versprach die Rothaarige und zog kurz einen Mundwinkel hoch. Der Aufzug brauchte irgendwie länger als sonst um uns in die Lobby zu bringen, zumindest kam es mir so vor. „Verbringst du den Abend mit James?", wollte sie wissen. Entweder war ihr die Stille auch unangenehm, oder sie versuchte tatsächlich höflich zu sein.

Für mich war ihre Körpersprache immer noch eines der größten Mysterien. Ich konnte sie nichtmal ansatzweise einschätzen. Weder was sie tuen oder sagen würde, noch wie ernst sie etwas nahm. Natürlich, sie musste darin geprobt sein und vermutlich war alles was ich mit ihr tat ein Spiel mit dem Feuer. Sie könnte mir alles erzählen und ich würde es ihr glauben, weil sie unfassbar überzeugend wirkte.

Ich hätte damals wirklich bei der Physik bleiben sollen. Ich hätte meinen Doktor machen sollen, mir einen Laborjob suchen können und mich dann dort verbarrikadieren bis mir eine süße Experimentalphysikerin über den Weg lief. Oder Astrophysikerin. Meinetwegen auch eine Biologin. Oder eine Sandwichverkäuferin. Wirklich alles wäre besser gewesen. Aber nein, ich hatte mir die Agentin rausgesucht, die wohl für die Geheimste aller Geheimorganisationen tätig war. Naja okay so geheim war diese Organisation nun auch wieder nicht.

Im Endeffekt konnte ich es sowieso nicht ändern und ganz so schlecht war es nun auch wieder nicht gelaufen. Mittlerweile liefen wir aus dem Tower. Bereits jetzt konnte ich das schwarze Auto erkennen, die Fenster waren getönt, aber die zwei vorderen waren runtergelassen. Leise Rockmusik dudelte aus den Lautsprechern und da er sowieso in meiner Laufrichtung geparkt hatte, konnte ich nach ein paar Schritten bereits den Kerl erkennen der drinnen saß.

Gestylte braune Haare, ein nicht streng zugeknöpftes Hemd, eine Lederjacke, und doch tatsächlich ein recht niedliches Gesicht, das uns nun entgegen sah. „Tasha deine Arbeitszeiten sind ein Albtraum!", verkündete er mit einem gewitzten lächeln und blinzelte zu uns rüber. „Ich weiß, tut mir leid.", sie näherte sich dem Fenster aus dem er sich lässig rausgelehnt hatte, beugte sich kurz zu ihm und gab ihm einen Kuss auf die Wange, was er lediglich mit hochgezogenen Augenbrauen quittierte. „Hast du mich etwa vermisst?" „Würde ich nie.", damit wirft sie mit einer Kopfbewegung ihre Locken wieder nach hinten.

„Bis Montag, Scarlett.", verabschiedet sie sich, während sie um das Auto herum stöckelt und sich auf den Beifahrersitz setzt. Kurz zwinkert ‚Clint' mir nochmal zu, als er den Motor startet und die beiden davon fahren. Irritiert, ein klein wenig enttäuscht und minimal eifersüchtig sehe ich dem Auto hinterher. Nun, das hatte ich nicht erwartet. Aber gut, wie hätte ich das auch? Ich wusste von seiner Existenz erst seit zehn Minuten.

Vielleicht wäre es übertrieben zu sagen, dass mir soeben das Herz gebrochen wurde, doch genau so ein Gefühl legte sich nun über meinen Körper. Den Kopf gesengt, die Arme um den Bauch geschlungen und niedergeschlagen trat ich meinen Heimweg an. 

Say You Like Me [Black Widow x OC]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt