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Die nächsten Tage der Osterferien waren ziemlich hektisch und schlaflos. Teddy war ein sehr lautes Baby, das nichts anderes tat, als zu schreien. Die Nächte waren am schlimmsten. Elly hörte ihn so gut, als wäre er in ihrem Zimmer. Nichts schien ihn ruhig zu stimmen - obwohl, es gab da was, was er wahnsinnig toll fand: Er liebte es, wenn Ellys Haare über seinem Gesicht hingen. Sie konnte sich nicht erklären, warum, aber er beruhigte sich dann immer und jeder im Haus war dankbar dafür. 

Aber Elly war schließlich nicht für immer da, weshalb Andromeda eine andere Methode suchte, aber bislang war sie gescheitert. 

Dora war noch Tage später stark von der Geburt erschöpft und schlief die meiste Zeit. Elly nahm es ihr nicht übel. Sie würde auch wochenlang schlafen, wenn sie so ein Ding aus sich herauspressen müsste. Es war kraftraubend und schmerzhaft und so, wie es sich anhörte, gab es nichts tolles oder angenehmes darüber. 
Klar, Elly hatte die verschiedenen Stufen der Schwangerschaft nicht mitbekommen, aber sie stellte sich auch diese als nicht sehr schön vor. Aber vielleicht fehlte ihr einfach auch nur die Erfahrung. 

Remus tat sein bestes, um Dora und Andromeda zu unterstützen. Irgendwas schien ihm ein schlechtes Gewissen zu machen, weshalb er sich besonders viel Mühe gab, bis Andromeda eines Tages den Schlussstrich zog: "Hör zu, Remus", sagte sie. "ich weiß, dass Teddy noch sehr, sehr klein ist, aber denke bitte auch mal an dich, und auch an Elly. Schau sie dir mal an, sie ist so blass geworden. Wie wäre es, wenn ihr einen Spaziergang im Wald macht? Ich komme hier schon klar." 

Remus zuckte mit den Schultern. "Wenn du meinst, aber nicht lange.", er nahm sich seine Jacke und ging zu Elly, die die Aufforderung von Andromeda zwar gehört und verstanden hatte, sich aber nicht die Mühe machte, aufzustehen. "Komm, Hüpfer", sagte Remus. "Wir gehen ein bisschen raus." 

"Aber draußen ist soo anstrengend", quengelte sie wie ein kleines Kind. 

"Keine Ausreden", Remus zog sie auf die Füße, warf seine Jacke über ihre Schultern und schob sie hinaus. "Ahh, Sonne", machte sie und verdeckte sich das Gesicht mit der Jacke. 
Remus schüttelte grinsend den Kopf. "Du bist ein Werwolf, kein Vampir. Stell dich nicht so an.", sie streckte ihm die Zunge raus. 

Sie liefen durch den Wald, den Elly schon tausende Mal durchquert hatte. Sie konnte einfach nicht glauben, dass ihre Kindheit so gut wie vorbei war und sie sogar bald ihren Schulabschluss haben würde. Es war alles noch so unwirklich und Elly wollte es auch gar nicht wahrhaben. Sie war noch nicht bereit. 

"Alles in Ordnung?", fragte Remus sie. Sie zuckte mit den Schultern. "Ich musste nur zurück denken. Damals, als wir noch allein und ich ein Kind war" 

"Das ist schon ziemlich lange her", meinte Remus. 

"So lange nun auch wieder nicht", widersprach Elly, aber Remus schüttelte den Kopf. "Nein", sagte er. "Auch wenn es dir vielleicht nicht so vorkommt, aber du bist schon sehr früh erwachsen geworden. Du hast schon so viel Leid erfahren, dass dir keine andere Möglichkeit blieb. Wärst du weiterhin ein Kind geblieben, hättest du es wohl kaum so gut verarbeitet, wie du es nun einmal gemacht hast. Ich bin stolz auf dich, Elly." 

Elly lächelte. "Erinnerst du dich noch daran, wie du mich immer stundenlang hier suchen musstest?" 

"Wie könnte ich das je vergessen?", lachte Remus. Sie gingen noch weiter, als sie eigentlich geplant hatten und redeten über die Vergangenheit, als würde die Zukunft nicht an die Tür klopfen und ein Unheil nach dem anderen ankündigen. 

  

Das Unheil, was die Zukunft an der Tür ankündigen wollte, war, dass nun auch Ginny nicht im Zug zurück nach Hogwarts saß, sondern nur Neville und Elly selbst - jedenfalls dachte Elly das. Dass etwas noch viel schlimmeres in naher Zukunft passieren würde, ahnte sie nicht. 

"Warum verschwindet immer jemand von uns nach den Ferien, Neville?", begrüßte sie ihn, als sie in das Abteil kam. 

Neville zuckte mit den Schultern. "Ich habe keine Ahnung, aber wohl fühle ich mich dabei nicht." 

"Denkst du ich?", Elly schloss die Abteiltür und setzte sich ihm gegenüber. "Ich meine, Remus hatte mir erzählt, dass Bill meinte, Ginny würde wohl eher nicht zurück nach Hogwarts kommen, aber trotzdem ... hätten wir noch mehr Ferien, würde es bald keine Schüler mehr geben." 

Neville nickte. "Meine Oma hat übrigens von unserer Aktion gehört", sagte er. Elly sah ihn neugierig an. "Und?", fragte sie. "Was hat sie gesagt?" 

"Sie fand es gut, dass ich mich wehre. Ich mache meinem Nachnamen alle Ehre, sagte sie und sie meinte auch, dass sie stolz auf mich ist.", er sprach voller Stolz und lächelte von einem Ohr zum anderen. 

"Aber das ist doch klasse!", rief Elly und hielt ihm die Hand zum Einschlagen hin. Er schlug ein. "Und wie hat dein Dad reagiert?", fragte er. 

"Er war nicht so begeistert, wie deine Oma", sagte Elly. "Er hat irgendwas von Respektlosigkeit und Wahnsinn gelabert ... ich habe das meiste bereits wieder vergessen. Aber warum sollen wir Snape mit Respekt gegenüber stehen, wenn er uns behandelt, als wären wir kleines Ungeziefer, das er nur all zu gerne mit seinen Schuhen zertreten würde.", sie zögerte kurz. "Ich gebe ja zu, dass Widerworte und Stehlen nicht die beste Idee war, aber wie sollen wir uns denn sonst wehren? Wir sind doch alle noch Kinder! Mehr oder weniger, jedenfalls." 

"Du solltest richtig Reden halten, Elly", meinte Neville anerkennend. "Du kannst das echt gut."

"Danke", sagte Elly. "Aber ich habe doch recht, oder? Wir sind Kinder, die in einen Krieg geworfen wurden, und, wenn der Krieg endet? Was werden wir dann sein? Genau, ein Haufen Kinder, die mit Traumata geplagt und zu schnell erwachsen geworden sind - falls wir überhaupt überleben. Verdammt, wir könnten jeden Moment sterben in dem ein Todesser beschließt, dass überflüssig sind. Und das schlimmste ist, dass es mir keine Angst macht. Mir macht viel eher Angst, dass ich - und so viele andere - bereit bin zu sterben, obwohl ich noch so jung bin.", sie holte tief Luft. "Wir sind doch nur ein Haufen von Teenager. Wir können - wir sollten mit sowas nicht umgehen können."





Dieses Kapitel ist etwas kürzer, als die anderen davor und es tut mir leid. Das nächste wird länger, vielleicht kommt es auch schon heute.


Elly Riddle - das Mädchen, das lachteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt