60.

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Es war ein schöner Tag.

Ein herrlicher Tag.

Ein Tag, der gerade zu danach schreit, rauszugehen.

Ein Tag, den Elly im Haus verbrachte, um den Haushalt zu schmeißen.

Natürlich war das nicht ihre Aufgabe. Solange sie ihr Zimmer sauber hielt, war Remus zufrieden, aber seit den Beginn der Sommerferien hatte Remus einen neuen Job, der ihn viel Kraft raubte. Er schien sich plötzlich große finanzielle Sorgen zu machen, vor allem, wenn es um die Zukunft von Elly ging.

"Ich werde nicht immer da sein", meinte er irgendwann mal beim Abendessen. Elly sah, mit der Gabel im Mund hängend, auf. "Mhm?"

"Eines Tages bin ich nicht mehr da, um für dich zu sorgen. Weshalb ich beschlossen habe einige Vorkehrungen zu treffen."

Elly sah ihn sprachlos an. "Dad, du bist noch keine hundert-"

"Voldemort ist zurück. Hast du nicht die ganzen Morde mitbekommen? Ich könnte der Nächste sein, was gar nicht so unwahrscheinlich ist, da ich nun mal dich hier habe."

"Ich dachte, wir haben klar gestellt, dass er mich hasst und sich nicht für mich interessiert."

"Er hat dich letztes Jahr entführt, Elly."

"Ah, stimmt. Da war ja was.", murmelte Elly. Remus nickte. "Genau, deshalb habe ich einen neuen Job angenommen, damit du etwas Geld vorrätig hast, wenn mir was geschehen sollte."

"Du musst dich nicht wegen mir abrackern.", versuchte Elly ihm die Idee auszureden. Sie wollte die Ferien mit ihrem Dad verbringen, da der letzte Sommer nicht so berauschend ausgefallen war. "Ich würde es schon schaffen. Außerdem wirst du nicht sterben. Niemals."

Remus lachte. "Naja, unsterblich bin ich nicht."

"Du weißt schon, was ich meine", erwiderte Elly. "Du wirst erst sterben, wenn du mich zum Altar irgendwann geführt hast. Wenn du deine Enkelkinder in den Armen gehalten hast. Wenn du deine Urenkelkinder gewogen hast. Und so weiter."

Remus sah auf den Tisch und seufzte. "Ich weiß, dass es noch nicht soweit für mich ist. Aber man weiß nie, Elly. Es sind nur Vorsichtsmaßnamen. Ich will nicht, dass dein Leben den Bach runter geht, nur weil ich nicht mehr da bin.", seine Stimme brach ab.

"Aber mein Leben würde den Bach runtergehen, wenn du nicht mehr da wärst.", Ellys Stimme zitterte. Remus hob seine Hand und streichelte ihr Wange. "Elly, Liebes. Bitte entschuldige, ich hätte das alles gar nicht ansprechen sollen.", Elly schniefte. "Wahrscheinlich, Dad."

Er klatschte in die Hände. "Okay. Themenwechsel.", er stand auf und legte seinen Teller in die Spüle. "Hast du deine Tasche schon gepackt?", Elly verschluckte sich an ihr Wasser. "Wa-has? Sind die Sommerferien schon zu Ende?"

"Nein, du hast noch Zeit.", er fing an zu spülen. "Du musst nächste Woche zu deinem Onkel."

"Warum?"

"Vollmond, Elly.", er seufzte. "Ich will nicht, dass du auch nur bei einer Verwandlung die Beherrschung verlierst. Ich will dir das alles ersparen."

"Was ist mit dir?", fragte Elly. "Ich will nicht, dass du die Beherrschung verlierst."

"Die eine oder andere Verwandlung ändert bei mir nichts mehr. Es wissen eh alle.", Remus legte den Teller beiseite und sah Elly an. "Du aber bist noch jung. Ich will nicht, dass dir dieselbe Zukunft vorliegt, wie mir."

"Was meinst du?", Elly war jetzt ebenfalls fertig und nahm ihren Teller. "Ich meine, dass ich möchte, dass du ein erfülltes Leben lebst. Ich will, dass du Drachen studieren gehst. Ich will, dass du Fred heiratest - oder jemand anderen. Ich will nicht, dass dich alle nur wegen deiner Narben absondern, wenn du verstehst, was ich meine."

"Ich habe aber bereits Narben-"

"Und du hast exzellente Ausreden für sie gefunden. Aber wenn du im nächsten Schuljahr mit noch mehr Narben erscheinst, werden einige gewiss misstrauisch."

"Ach, was.", Elly lehnte sich an den Kühlschrank. "Und was meintest du damit, dass du willst, dass ich Fred heirate oder jemand anderen?", Remus seufzte und massierte sich die Schläfen. "Ich meinte damit, dass ich will, dass du glücklich wirst. Nicht alle Werwölfe haben das Glück jemanden zu haben, der sie trotzdem haben will."

"Du könntest aber, wenn du nur wollen würdest."

"Wen denn?", fragte Remus skeptisch. "Tonks.", sagte Elly, bevor sie nochmal darüber nachdachte. Remus' Gesicht verdüsterte sich. "Geh bitte deine Sachen packen."

Elly wusste, dass sie wohl in ein Fettnäpfchen getreten war.


Remus klopfte an die Tür des grauen und leblosen Backsteinhauses. Elly seufzte leise und blickte sich um: In der Nähe war ein Fluss, der aber völlig verschmutzt war. Wenn man sich anstrengte, konnte man einen mächtigen alten Schornstein durch den dichten Nebel sehen, der ein Überbleibsel einer verlassenen Fabrik war, sehen. Die Straße war war düster und menschenlos. Elly mochte ihren Onkel zwar, aber Spinner's End verabscheute sie zutiefst.

"Ich verstehe einfach nicht, warum Onkel Severus hier wohnen bleibt. Es ist richtig deprimierend hier.", Remus zuckte mit den Schultern und zog den Mantel fester um sich. "Vielleicht findet er ja, dass der Ort hier seine Persönlichkeit wiederspiegelt."

"Was-?", fing Elly an, aber da öffnete sich die Tür einen Spalt. Ein Mann mit langen schwarzen Haaren blickte hindurch. Als er sie erkannte, öffnete er die Tür weiter auf, sodass Licht hinaus fiel. "Elly!", Severus hörte sich erfreut an. "Ich hatte eher mit dir erwartet."

"Meine Tochter konnte sich nicht wirklich für einen Pullover entscheiden, Severus.", sagte Remus kühl und betonte die ersten beiden Worte. Severus richtete sich auf und überragte Remus so um einige Zentimeter. "Jetzt ist sie ja aber da. Du wirst nicht mehr gebraucht, Lupin. Bis nächste Woche.", Severus wollte Elly reinziehen und die Tür schließen, aber Remus gab nicht so schnell nach. "Warte mal, Severus. Ich will erstmal einige Dinge klar stellen.", er legte schützend den Arm um Elly. "Erstens: Hier werden keine deiner Todesser-Freunde auftauchen, während meine Tochter hier ist. Zweitens: Elly wird nach Einbruch der Dunkelheit das Haus nicht mehr verlassen. Nicht mal in deiner Begleitung. Drittens: Ich hoffe, dass niemand sonst im Haus ist, außer dir."

Severus stöhnte. "Warum immer so höflich, Lupin? ", er beugte sich runter, so dass seine Hakennase fast die von Remus berührte. "Ich würde niemals in meinem Leben etwas tun, was Elly schaden würde. Sie ist das einzige, was ich noch habe."

"Ach, ja?"

"Ja", knurrte Severus. "sie ist die Tochter meiner Schwester, meine Nichte. Sie ist die letzte Snape, die einzige, die von meiner Familie noch lebt!"

"Letztes Familienmitglied oder nicht. Du hast sie letztes Jahr in die Fänge von Greyback geführt!", fauchte Remus zurück.

"Hätte ich eingegriffen, wären wir beide jetzt tot, Lupin!", die beiden waren kurz davor sich zu prügeln, so dass Elly einfach eingreifen musste. "Hey, ähm ... mir ist kalt, also könnten wir jetzt bitte reingehen?"

Remus besinn sich als erstes. "Ja. Ja, natürlich.", er küsste Elly auf den Kopf. "Bis in eine Woche, mein kleiner Hüpfer.", Elly umarmte ihn. "Tschüss, Dad."

Remus drehte sich um und ging die Straße entlang, bis er schließlich in eine Ecke lief und dort apparierte.

"Na, dann.", sagte Severus und nahm ihren Koffer. "Bist du bereit für eine Woche voller Bücher und ekligen Zaubertrank?"

"Aber sowas von.", grinste Elly und folgte ihm ins Innere des Hauses.

Elly Riddle - das Mädchen, das lachteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt