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Niemand erfuhr, was im Büro des Schulleiters geschah, nachdem Elly später auf ihre Klassenkameraden traf. Sie wollte es ihnen nicht erzählen, weil es die Sache nur noch realer gemacht hätte. Sie wollte nicht glauben, dass Snape tatsächlich seine Hand gegen sie erhoben hatte. Sie hätte ihm das nicht zugetraut.

Natürlich ist ihr bewusst, dass sie keine einfache Person ist. In den letzten Jahren hatte sie sich zu einer sehr frechen und vorlauten Persönlichkeit entwickelt und es war nur eine Frage der Zeit, bis bei jemanden der Geduldsfaden riss. Dennoch hatte sie nie gedacht, dass dies schon so schnell passieren würde.

Ihr kam ein unwillkommener Gedanke auf: War das eine überraschende Reaktion Snapes gewesen oder kämpfte er schon seit Jahren mit dem Drang, ihr eine zu verpassen?

Erging es anderen auch so?

Sie schüttelte sich bei der Vorstellung, dass Fred oder Remus in Wahrheit von ihrer Anwesenheit genervt waren und insgeheim alles dafür tun würden, dass sie still blieb.

Es waren falsche Gedanken. Gedanken, die nicht in ihrem Kopf erwünscht waren. Gedanken, die sie nie wieder loswerden würde.

Sie würden jetzt für immer in ihrem Hinterkopf bleiben und vielleicht irgendwann wieder auftauchen und alles schrecklich machen, egal, was.

„Erde an Elly", sagte Neville und schnipste mit den Fingern vor ihrem Gesicht herum. „bist du noch da?"

„Was? Ja", Elly drehte sich zu ihm und grinste. „Auch wenn ich wünschte, ich wäre es nicht. Wir haben jetzt Dunkle Künste, oder?", Neville nickte. „Das wird lustig."

„Oh ja", meinte Elly und Neville seufzte. „Aber bitte leg dich nicht mit den anderen Carrow an, ja? Einmal Nachsitzen müsste dich erstmal genügen, oder?"

„Kommt ganz darauf an, wie es heute Abend wird", widersprach Elly. „vielleicht werden wir ja nur Tee trinken und kleine süße Kränzchen aus Blumen basteln."

„Genau das sollst du eben nicht machen", sagte Neville kopfschüttelnd.

„Was?", fragte Elly. „Kränzchen flechten? Zu Schade, ich hätte eines für dich gemacht. Würde dir bestimmt gut stehen."

„Du sollst nicht immer aus allem Spaß machen. Es gibt auch ernste Dinge, Elly, und unser Schulalltag gehört jetzt leider mit dazu.", erklärte Neville.

Elly erinnerte sich flashbackartig an all die Dinge, die ihr bereits widerfahren sind; die Wiederkehr ihres Vaters, die Entführung, die Foltermethoden – darunter auch der Biss – und natürlich Dumbledores Tod, den sie mit ansehen musste.

Wahrscheinlich gab es noch mehr, aber sie schien wohl einiges verdrängt zu haben – man beachte den Billywig-Stich.

„Ich weiß", murmelte sie finster. „Ich bin mir sehr im Klaren darüber, dass diese Welt abscheulich ist. Und wenn alles zum kotzen ist, dann braucht man Humor, um es etwas erträglicher zu machen. Humor ist eben meine Methode, um all das Übel zu verdrängen oder zu ertragen. Stell dir doch mal vor, wie langweilig und schlimm es sonst wäre. Oder – noch besser – stell dir vor, wie toll es hier wäre, wenn Fred und George noch hier wären. Ich versuche doch nur dieses Schuljahr so angenehm wie möglich für alle zu gestalten."

„Ich versteh dich ja", sagte Neville. „aber ich will nicht, dass du dich alle paar Tage in Schwierigkeiten bringst, weil du unbedingt einen Kommentar zu allem und jeden abgeben musst. Das ist es nicht wert."

„Neville, das soll jetzt nicht böse und so klingen", sagte Elly. „aber ich bestimme immer noch selbst, was für mich einen Wert hat und was nicht.", sie machte sich weiter auf den Weg. „Lass uns gehen, oder wir kommen zu spät."

Elly Riddle - das Mädchen, das lachteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt