chapter 13

223 20 4
                                    

Ich holte noch Gläser raus und füllte jedem etwas ein, dann nahm ich Andreas Stück für Stück die befüllten Teller ab. Die Beiden hatten sich mal wieder selbst übertroffen, es gab traditionell Ente und dafür wurden im Hause Reinelt immer größte Vorbereitung und Präzision verlangt. Andreas und ich hatten von unserem Vater gelernt dieses Weihnachtsessen zu kochen und mein Bruder lebte diese heimliche Leidenschaft fürs Kochen an Weihnachten gerne aus.

Ich hielt mich etwas zurück und sah kurz aufs Handy. Eine Nachricht hatte ich nicht, jedoch konnte ich beim Öffnen des Chats sehen, dass Manuel es gelesen hatte. Ich seufzte leise auf und steckte es zurück. Ich beobachtete, wie Andreas Steffi neckte, die Kids saßen schon ungeduldig am Tisch und meine Mama beobachtete sie liebevoll. Ich setzte mich zu ihnen und spielte etwas an der Tischdecke rum. "Essen!", rief meine Schwägerin und stellte letzlich nun die Platte mit der Ente auf den Tisch. Das ließ sich natürlich keiner zweimal sagen, sodass wir nun in Ruhe zusammen essen konnten.

Nachdem die Kids schon fertig waren, erlaubten ihre Eltern ihnen noch spielen zu gehen oben. Andreas lächelte Steffi liebevoll an und gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Mir schossen die Bilder aus der Nacht, als Manu bei mir geschlafen hatte, in den Kopf und ich musste mir schnell eine Träne von der Wange wischen. Mein Bruder hatte dies wohl gemerkt und sah mich spöttisch an. "Was los? Fehlt dir jemand?". Ich schüttelte bloß den Kopf und aß meinen Nachtisch weiter. "Sicher? Ich dachte gestern noch gehört zu haben, dass dir jemand fehlt.".

Er grinste mich an und ich sah zu ihm. Wütend schnaubte ich und schüttelte den Kopf. "Sei einfach still.". "Jungs, ich bitte euch", meinte meine Mom seufzend. "Er fehlt dir Christian, gibs doch zu. Mama kanns doch ruhig wissen.". "Halt den Mund Andreas.". "Redet Klartext oder lasst es sein.". Unsere Mutter wurde nun laut und sah uns beide ernst an. "Dein Sohn ist schwul.". Ich gab ihm eine Backpfeife. "Halt dein Maul, das stimmt nicht!". Er erhob sich. "Das sah aber anders aus als du Manuel deine Zunge in den Hals gesteckt hast!".

Ich zog ihn am Kragen hoch, die Wut stieg immer weiter. "Wir haben gar nichts getan!". Er drückte mich von sich und raunte grinsend: "Ihr habts getrieben, er hats erzählt.". Ich spürte mein Herz kurz aussetzen und sah ihn verletzt an. "Er ist aber keine Schwuchtel-", lachend stieß er mich von sich, "-nicht so, wie du.". "Als ob ich was dafür könnte!?". "Andreas und Christian Reinelt!". Ich atmete schwer durch und sah zu unserer Mama. "Hinsetzen, durchatmen und beruhigen!". Ich setzte mich ans andere Tischende und strich mir durchs Gesicht. Andreas setzte sich zurück zu Steffi und warf mir ein selbstgefälliges Grinsen zu.

"Stimmt es was er sagt?". Ich nickte leicht. "Du bist also schwul.". Ich konnte den genervten Unterton in ihrer Stimme deutlich hören, ebenso wie die Enttäuschung. "Warst du deshalb immer unterwegs?". Ich schüttelte sofort den Kopf. "Ich war wirklich mit Freunden unterwegs und wenn dann lief nur was mit Frauen.". "Also bist du doch nich schwul? Und was soll das mit Manu sein?". Ich schluckte schwer und spielte mit meinen Fingern. "Ich hab doch gesagt, die beiden haben rumgemacht.". "Haben wir nicht!". Ich sah zu Andreas und konnte die aufsteigenden Tränen nicht mehr verhindern.

"Ja, ich bin schwul, okey?!". Meine Mutter schüttelte den Kopf und sah mich an. "Du weißt nicht, was du erzählst. Dir steigt der ganze Stress nur zu Kopf.". "Nein!". Ich griff meine Schlüssel von der Arbeitsplatte und steckte ihn ein. "Ich liebe Manu!". Ich schluchzte auf. "Ich liebe ihn und niemand akzeptiert das, wir streiten nur und es ist absolut beschissen ständig runtergemacht zu werden!". Mir liefen unkontrolliert die Tränen über die Wangen und ich spürte, wie mir langsam schwindlig wurde. "Niemand akzeptiert meine Identität, wer ich sein will und wie es sich richtig anfühlt.".

Andreas stand erneut auf und zeigte Richtung Flur. "Geh, Schwuchtel.". Missbilligend betrachtete mein Bruder mich, meine Mutter sah mich enttäuscht an und meine Schwägerin einfach verständnislos. Ich sah ihn an, ich fühlte gerade nichts außer Schmerz. Schmerz über die Situation zu Manu, über die Reaktion meiner Familie und über meine innere Leere. Ich drehte um und verließ das Haus, ließ mein Auto stehen und ging rüber in die Halle, wo ich mich ins Büro verzog. Mein Handy schmiss ich ausgeschalten in den Schreibtisch und dann brach es auch mir heraus. Ich begann zu weinen, unaufhörlich und voller Schmerz und Leid.

Ein leichtes Klopfen ließ mich hochschrecken, ehe ich Alec im Türrahmen erkennen konnte. "Hey Chef, alles ok? Warum bist du hier und nich drüben?". Ich schüttelte den Kopf und stand auf. Ohne weitere Worte nahm ich ihn in den Arm und weinte stumm. Er hielt mich einfach, drückte mich an sich und strich über meinen Rücken. "Es wird alles wieder gut Chris", flüsterte er und sah mich an. "Versprochen.". Ich sah zu ihm hoch und wischte mir einige Tränen aus dem Gesicht. Bevor ich noch irgendwie etwas dagegen unternehmen konnte, begann er seine Lippen auf meine zu pressen.

Straight Against The FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt