chapter nine

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Ich machte später als gewöhnlich Feierabend, verschloss alle Türen und stieg letzlich in meinen Wagen. Der restliche Tag war anstrengend, ich habe mit niemandem gesprochen und mich total zurückgezogen. Ich hing nur meinen Gedanken nach, dachte an Manu und wie ich heimlich mit ihm sprechen konnte, falls er das denn überhaupt wollte. Ich seufzte und startete den Motor. Glücklicherweise war morgen ein richtiger Off-Day und ich konnte die Nacht länger machen. Mein Weg führte mich also in den nächstbesten Club.

Ich steuerte zur Bar und bestellte mir einen Shot. Und es kam wie es kommen musste und mit der Zeit floss immer mehr Alkohol, immer mehr Hochprozentiges und zwischendurch ein paar Mal ne Cola. Ich saß etwas am Rand der Bar und ließ meinen Blick durch den Saal gleiten. Eine kleine Gruppe Männer, schätzungsweise in meinem Alter, tanzten einige Meter von mir entfernt und mein Blick blieb an ihnen hängen.

Ich biss mir etwas auf die Lippe und nippte an meinem Glas, während ich den rhythmischen Bewegungen einer der Männer folgte. Ich starrte förmlich und je länger ich ihn beobachtete, desto mehr schwand mein Verstand. Einer der anderen Männer tippte ihm auf die Schulter und deutete in meine Richtung, woraufhin er sich umdrehte. Sein Blick war eiskalt als er auf mich zu kam und ein Stück vor mir stehen blieb. "Hör auf mir auf den Arsch zu glotzen Schwuchtel", rief er über den Lärm hinweg.

Das brachte die Sicherung vollends zum Durchbrennen. "Schwuchtel ja?". Ich stand auf und stellte mich vor ihn. "Ich glaube da fühlt sich jemand in seiner Männlichkeit verletzt", raunte ich wütend und trat noch einen Schritt näher. "Ach ja? Meinst du das wirklich?". Ich nickte grinsend und nahm mein Glas. "Mach dir nichts draus Großer. Lass lieber deine ganzen Weiber an dir rum-". Der Schlag in mein Gesicht unterbrach mich. Ich taumelte zurück, lachte aber. Der Alkohol ließ mich mehr Mut ansammeln, als ich gegenüber meinen Bruder je haben werde.

"Du Mädchen!". Ich lachte ihn aus und es gab schon genug Leute, die um uns herum Platz machten und uns zu sahen. "Angst vorm Gegenschlag?". Er holte erneut aus und ich bereitete mich schon auf den Schlag vor. "Paul, lass gut sein!". Einer seiner Freunde zog ihn ein Stück zurück. Ich lachte nochmal auf. "Die Pussy hat Angst vorm Kampf.". Jetzt kam der Schlag und ich begann mich zu wehren. Wir schlugen aufeinander ein, brüllten uns an und ich hörte irgendwann auf zu zählen, wie oft das Wort 'Schwuchtel' fiel.

Mit jeder dieser Beleidigungen wurde ich aggressiver, spürte die Wut auf all das Geschehene des heutigen Tages und schlug noch härter. "Auseinander!". Laute Stimmen hoben sich über die Musik und keinen Augenblick später wurden sowohl er als auch ich weggezogen. "Sie beruhigen sich jetzt erstmal!". Ich sah hinter mich und konnte nur die dunkelblaue Uniform erkennen. FUCK. Ich atmete tief durch und stellte mich ordentlich hin. "Alles gut, wir kommen klar.". Ich löste mich aus dem Griff des Beamten und strich mir die Klamotten glatt.

"Alles cool", meinte ich noch außer Atem und wollte umdrehen und gehen. "Hiergeblieben.". Ich seufzte und sah die beiden Herrschaften an. "Sie beide kommen mit raus. Es reicht wohl für heute.". Ich rollte genervt mit den Augen, verließ aber zusammen mit ihnen den Club. "Wollen Sie Anzeige erstatten?". Ich sah meinen Gegenspieler an und schüttelte den Kopf. Er tat es mir gleich. "Wie kommen Sie heim?". Der andere Mann, Paul, erklärte, dass sein Kumpel nichts getrunken hätte und ihn heimbringen würde.

Mich sahen die Polizisten zweifelnd an. "Ich bin mit Auto und wollte mir ein Taxi rufen.". Die Beamten sahen sich an. "Wohnen Sie alleine?". Ich nickte seufzend. "Haben Sie Familie oder Bekannte zu denen wir Sie bringen können?". "Ich hol mir ein Taxi, ich komm klar.". Ich ging einige Schritte, hatte tatsächlich aber Mühe mich auf den Beinen zu halten und schnaubte genervt. "Bringen Sie mich einfach zu meinem Bruder.". Beide nickten und begleiteten mich zum Wagen, wo ich auf der Rückbank Platz nahm.

"Danke, ich komm selbst rein", meinte ich und stieg aus. Ohne nochmal zu schauen, ging ich zum Tor und trat aufs Grundstück. Ich nahm mein Handy und rief meinen Bruder an. "Jo? Was gibt's um diese Uhrzeit?". "Mach mal Tür auf, danke.". Und schon legte ich auf und ging zur Haustür, welche mir Andreas auch schon öffnete. "Wasn mit dir passiert?!". Ich sah kurz an mir hinab. "Schlägerei, kann ich bei euch schlafen?". Er trat zur Seite und ließ mich rein. "Erzähl.". "Ich war im Club und da hat einer angefangen zu schubsen und aufzumucken.".

Er nickte und begleitete mich noch ins Gästezimmer. "Geh dich abduschen, ich bezieh dir das Bett.". Ich nickte und ging ins anliegende Bad. Nach einer kurzen, kalten Dusche ging ich zurück und ließ mich sogleich ins Bett fallen. "Danke Andy", murmelte ich und zog die Decke hoch. "Kein Ding", er ging zur Tür, blieb aber nochmal stehen. "Ich bin froh, dass du dich noch besonnen hast Chris. Immerhin wollen wir doch noch mehr Reinelt-Kinder.". Er lächelte mich sanft an und schloss dann langsam die Tür hinter sich.

Schön zu wissen, dass mein Bruder mich nur lieb hatte solang ich auf Frauen stand. Danke Andreas.

Straight Against The FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt