chapter 21

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Schweigend fuhr ich also auf die Bühne, wo Andreas gerade den Act einleitete und von meinem angeblich verlorenen Führerschein sprach. Wie geprobt spielten wir das kleine Spielchen, dass nun Andreas fahren musste, da ich ja doch gar nicht durfte und ich stellte mich an den Rand, um Andreas die sogenannten Burnouts fahren zu lassen. Dass dabei Funken flogen und Qualm aufstieg war zwar normal, doch für meinen Körper zu viel. "Andy", brachte ich gekrächzt raus ehe mich auch die letzten Kräfte verließen und mir die Hitze zu stark wurde.

Mir wurde schwarz vor Augen, mein Sichtfeld wurde immer kleiner und ich wusste mir nicht zu helfen. Andreas sah kurz zu mir, raunte ein leises 'Reiß dich zusammen' und fuhr in Richtung des Podests. Mein hilfloser Blick ging zu Manu oder zumindest in die Richtung, wo ich ihn vermutete. Ich zeigte ihm einen Daumen runter, doch konnte ich schon nicht mehr erkennen, ob er was antwortete oder etwas tat. Ich setzte mich hinter Andy, als er mit dem Quad auf dem Podest war und hielt mich an ihm fest. "Es geht nich mehr", nuschelte ich in seine Richtung, während mein Griff um seine Taille immer lockerer wurde. "Halt den Mund verdammt.".

Ich hielt mich weiterhin fest, bekam noch den Funkspruch an uns mit, dass etwas nicht stimmte, doch zu spät. Wir 'verschwanden' erneut unter enormen pyrotechnischen Aufwand, der heute jedoch deutlich näher an uns war. Es knockte mich aus, ich bekam gar nichts mehr mit. Mein Griff um Andreas ließ komplett nach und ich schloß die Augen, ich spürte nur das Ruckeln des Quads als mein Bruder es von der Plattform und durch die Halle fuhr. Der Helm drückte mir die Luft ab und ich rang verzweifelt nach Atem. "Chris?". Andreas vor mir war aufgestanden, ich jedoch sackte nun komplett in mich zusammen. "Chris!?".

Jemand fing mich auf und ich konnte die Hektik, die Panik um mich herum hören. Kurz darauf wurde an meinem Helm gefummelt, sodass er abgenommen werden konnte. "Hey, hörst du mich?!". Ich nickte schwach. "Wir bringen ihn nach hinten.". "Ich mach das schon.". Ich wurde hochgehoben und mein Kopf fiel an die Brust der Person. "Ich hab dir gesagt du musst runterkommen, wenn es nicht mehr geht.". Ich brummte nur leicht, spürte aber noch den leichten Kuss auf meine Stirn bevor ich mich endgültig der Ohnmacht hingab.

"Geh Manuel! Du bist keine Familie!". "Andreas, lass mich bitte einfach, er ist mein bester Freund!". Mein Kopf dröhnte. "Sicher nur das?!". Mir war schlecht, ich bekam alles gedämpft mit. "Vielleicht auch nicht aber selbst wenn! Es ist unsere Sache und ich mache mir gerade Sorgen! Er braucht mich!". "Er brauch dich nicht Manu! Zieh jetzt ab, du bist erstmal beurlaubt. Ich will dich nicht in der Halle sehen!". "Nein", schwach murmelnd wehrte ich mich gegen die Aussage. "Nein, Manu hier.". Kurz war es still, dann hörte ich ein lautes Knallen. "Hast du mich gehört?!".

Ich öffnete leicht die Augen und versuchte mich zu orientieren. Es sah aus wie eine kleinere Garderobe, vielleicht ein Sani-Zimmer. An der Tür konnte ich zwei Personen erkennen, an den Stimmen konnte ich auch hören wer es war. "Geh jetzt. Und halt dich von ihm fern, du bist genau so ne Schwuchtel wie er und das können wir hier nicht gebrauchen.". Wieder ein Knallen und diesmal konnte ich grob erkennen, was es war. Manu zuckte weg von ihm, meinem Bruder. Andreas öffnete ihm die Tür, doch Manu kam nochmal in meine Richtung.

"Hör nicht auf die, ja? Bitte. Ich werde mich melden.". Ich konnte nur nicken und spüren wie mir Tränen hochkamen. Schon verließ er das Zimmer und ich war alleine. Alleine mit meinem Bruder, der jetzt zu mir kam. Ich versuchte mich etwas aufzusetzen, doch mein Kreislauf war total eingesunken. "Kommst du ihm auch nur noch einmal zu nah", raunte er und griff grob an mein Kinn und drehte es zu sich. "Ich weiß, was bei euch ablief und noch immer läuft. Wie ihr euch anseht, euch Zeichen gebt, wie du seine Sachen trägst und mit ihm in einem Bett schläfst.". Noch nie hatte ich ihn so verachtend reden hören, so sauer und bedrohlich.

"Du wirst ihn erstmal nicht mehr sehen.". Er stand wieder auf und hielt mein Handy hoch. "Verabschiede dich schonmal von ihm und dann komm wieder zur Besinnung. Und spiel nich so ein Affentheater hier, du hast kaum Fieber und deinem Kreislauf geht's auch gut. Komm mal wieder auf den Boden der Tatsachen und verhalt dich nich wie'n Weichei.". Er drehte sich um und verließ das Zimmer. Zurück ließ er mich, alleine in meinen Gedanken und Gefühlen. "Manu", flüsterte ich nur und konnte nun die aufsteigenden Gefühle nicht mehr zurückhalten.

Mir liefen unkontrolliert die Tränen, mein Körper bebte während mich jede neue Welle an Schmerz überkam. Ich schrie nach ihm, schrie seinen Namen und wollte einfach, dass er mich in den Arm nahm und mir sagte, dass alles gut war und er bei mir wäre. Doch ich konnte nichts tun. Alleingelassen lag ich hier, so nah und doch so fern von ihm. Mein Herz verlangte nach ihm, ebenso wie mein Kopf und mein gesamter Körper. Doch was tun wenn alle dagegen sind? Dir den Umgang miteinander verbieten? Euch auseinander reißen, beleidigen und bedrohen?

Ich weiß nicht, wie lange ich hier lag und mir den Schmerz und die Sehnsucht aus der Kehle schrie und weinte. Ich brauchte ihn, und nur ihn. Dass ich ihn bald noch dringender brauchte war fast unmöglich-

Oder etwa nicht?

Straight Against The FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt