chapter 88

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"Sie können ihn mit nach Hause nehmen", meinte der Arzt in der Notaufnahme. Mein Bruder würdigte mich eines kurzen Blickes und nickte. "Ganz viel Wärme geben und unter uns gesagt-", die Stimme des Mannes wurde leiser und ernster, "-lassen Sie ihn nicht mehr aus den Augen.". Genervt rollte ich mit den Augen und stand auf schwachen Beinen auf. "Können wir dann?". Andreas nickte und legte den Arm um mich. Wir beide hatten neue Klamotten bekommen nachdem der RTW uns ins Krankenhaus gebracht hatte. Andreas kam mir vorhin nachgesprungen, sprach nun aber kein Wort mehr mit mir.

Wir stiegen zu Enrico ins Auto. "Ab nach Hause, zu mir.". "Ich brauch keinen Babysitter.". Enrico beobachtete uns kurz und fuhr los. "Offenbar schon!". Ich schnaubte und zog den Hoodie höher. "Mensch, merkst du denn nicht was du anstellst?! Wir machen uns alle Sorgen um euch beide! Und du gehst mit deiner Gesundheit um als wäre sie dir egal!". "Das ist sie auch!". Kopfschüttelnd sah er mich an. "Du checkst es auch nich. Wie willst du für Manu da sein wenn du vorher wegbrichst?". "Sie lassen ihn doch eh sterben.". "Tu doch mal was dagegen und versuch mit ihnen zu reden statt so pessimistisch zu sein!". Ich schwieg und sah aus dem Fenster. "Er braucht dich. Aber dafür musst du vernünftig sein.". Ich atmete leise durch und beugte mich vor. "Fährst du mich bitte nach Bielefeld?". Enrico nickte und sah durch den Rückspiegel kurz zu Andreas, der das abnickte.

"Jungs, wir wären jetzt da.". Ich öffnete leicht meine Augen und nickte. "Danke dir.". Sogleich stieg ich aus und ging zum Krankenhaus. "Komm gut heim! Warte auf mich Chris!". Ich drehte mich kurz um, nur um zu sehen, dass Andreas mitkam. "Du?". Er nickte. "Ich bin viel zu selten hier.". Ich nickte lediglich und ging weiter. Der Weg hatte sich mittlerweile fest eingeprägt, ich grüßte die Krankenschwestern auf dem Weg und ließ die Fragen nach meinem Empfinden zu. Hier wussten alle wohin ich gehörte und wie Manu und ich zueinander standen. Hier war es Okey, dass Manu und ich ein Paar waren.

"Guten Morgen Herr Reinelt", begrüßte mich Herr Doktor Pauls und gab auch Andreas die Hand. "Unverändert?". Er nickte und seufzte etwas. "Die Werte sind noch immer gleich, der Scan gestern hat auch nichts Neues hervorgebracht. Herr und Frau Josting geben langsam die Hoffnung auf, ich fürchte, dass Sie sich bald verabschieden müssen.". Mit tränennassen Augen sah ich zu ihm auf. "Ich kann doch nicht", flüsterte ich und spürte, wie mir übel wurde. "Er wacht wieder auf, ganz sicher.". Sanft legte sich Andreas Hand auf meine Schulter. "Na komm, wir gehen mal rein hm.". Der Arzt nickte ihm zu und ließ uns alleine. Andreas öffnete mir die Tür, langsam ging ich rein und fand mich augenblicklich wieder in unserer kleinen Welt.

"Guten Morgen Schatz", flüsterte ich und setzte mich an sein Bett. "Andy ist heute auch mal mit, wollte dich sehen.". Mein Bruder stand noch an der Tür und beobachtete uns stumm. Ich legte meinen Kopf aufs Bett und atmete durch. "Ich geh uns Kaffee holen", brachte Andy raus und schon verließ er das Zimmer. "Ihm gefällt das Ganze hier auch nicht. Er hasst Krankenhäuser ebenso sehr wie ich, liegt wohl in der Familie.". Behutsam nahm ich seine Hand. "Die Shows liefen ganz gut. Pascal mag nich schlecht sein, aber er nervt mich mit seiner bloßen Anwesenheit. Janik genauso.". Seufzend betrachtete ich ihn. "Wann kommst du wieder zu mir? Das Bett ist so leer ohne dich, das Haus viel zu groß und die Stille unerträglich.".

Die Tür öffnete sich. "Ich hoffe Kaffee ist ok.". Ich nickte nur und nahm den Becher, der mir hingehalten wurde. "Tschuldigung, war mir etwas zu viel eben.". Ich nickte wieder und nippte an meinem Kaffee. "Ich hab auch noch Brötchen falls du magst.". "Klar.". Ich nahm ihm die Tüte ab und aß eins der belegten Brötchen. "Sprich mit mir. Du verwirrst mich vollkommen Chris. Zuhause und auf Tour isst du nichts, du sagst nichts und reagierst nicht und hier-?". "Hier ist Manu. Hier fühle ich mich wohl, höre seinen Herzschlag und bin nicht alleine.". Er nickte und stellte seinen Becher ab.

"Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie schwierig die Situation für dich ist aber bitte versuch dich nicht wegzustoßen. Wir alle sind für dich da und wenns nur eine Umarmung ist. Zieh erstmal zu uns bis er aufwacht, dann bist du nicht alleine und die Kinder würden sich auch freuen.". Ich nickte und sah auf Manu." Ist gut.". Dankbar nickte Andy und nahm sein Handy raus, um Steffi zu schreiben. "Wegen vorhin-". Ich atmete leise durch und strich über Manus Wange. "Tut mir leid, ich hab nicht nachgedacht und wollte einfach nur diesen Schmerz los werden. Danke fürs Hinterherspringen.". "Schon gut Kleiner. Nur leg dich nächstes Mal einfach ins Bett statt zur Elbe zu gehen. Oder sprich mit Nadine, du weißt, dass sie dir auch helfen kann.". "Ja, vielleicht.".

Straight Against The FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt