chapter 56

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"Wir möchten eine Zeugin aufrufen.". Marcels Anwalt, Herr Krüger, hatte sich zu der Richterin gedreht, die seiner Aussage zustimmte. "Frau Brauer", rief er durch den Saal und keine Sekunde später kam sie herein. Mir lief es eiskalt den Rücken runter, als ich sah wie sie sich setzte und mich voller Verachtung betrachtete. "Nina?", murmelte ich und sah sie schockiert an. "Frau Brauer, erzählen Sie uns bitte etwas über die Beziehung zu Herr Reinelt und Herr Hofmann.". Sie nickte und setzte sich aufrechter hin. "Marcel und ich sind schon lange befreundet, kennen uns gut und haben ein lockeres Verhältnis zueinander. Keine romantischen Gefühle, einfach gute Freunde. Chris und ich waren lange Zeit Freunde, kannten uns schon jahrelang und dann hat er das ziemlich versaut.".

"Inwiefern das?". "Er hat mit mir geschlafen und war am Morgen weg und was soll ich sagen-", sie sah genau zu mir und grinste, "-ich war schwanger von ihm und hab das Kind verloren.". Geschockt starrte ich sie an. "Das stimmt nicht!". Hinter mir wurde Andreas laut und sprang auf. "Das war ausgedacht, um meinem Bruder eins auszuwischen!". "Herr Reinelt, setzen Sie sich und seien Sie ruhig sonst müssen wir Sie bitten zu gehen.". "Einen scheiß muss ich! Sie hat sich das ausgedacht damals!". Die Richterin nickte den beiden Beamten im Saal zu, welche zu meinem Bruder gingen. "Ich kann es beweisen!". Unter lautem Protest brachten sie ihn raus. Mit einem schweren, lauten Knall schloß sich die Tür.

"Herr Reinelt, wussten Sie davon?". Ich starrte Nina an, unfähig zu reagieren, weshalb Timo für mich diese Frage antwortete. "Frau Brauer, ich möchte Sie bitten über die besagte Nacht zu sprechen.". "Ich war alleine zuhause. Ich wohne nur einige Straßen von Christian entfernt und mitten in der Nacht klingelte es an meiner Tür, das muss so gegen 2 Uhr gewesen sein. Marcel stand vor mir und erzählte, dass er von Chris kam. Er wollte was von ihm, Marcel jedoch nichts von ihm.". Verständnislos schüttelte ich den Kopf und atmete schwer durch. Herr Krüger beendete seine Befragung und Timo stellte noch einige Fragen, jedoch war es viel zu ausgeklügelt als dass sie sich versprechen konnte.

"Timo, ich brauch eine Pause", flüsterte ich und versuchte die aufkommenden Emotionen noch zurückzudrängen. Er nickte leicht und wartete noch bis Nina verabschiedet wurde. "Entschuldigen Sie bitte, ich würde mich gerne einige Minuten mit meinem Mandanten besprechen.". Die Richterin nickte und erhob sich. Sie verschob die weitere Verhandlung auf eine Stunde und verließ den Saal. Sobald sie weg war, brach es aus mir heraus und die Tränen schossen mir in die Augen. Manu war auch sofort auf dem Weg und nahm mich fest in den Arm. "Sie wird damit nicht durchkommen Süßer, ich sag doch auch noch aus.". Ich schluchzte schwer und vergrub den Kopf an seinem Hals. "Ey Reinelt", Marcels kratzige Stimme erklang hinter mir und ich kniff die Augen vor Angst zusammen. "Denk bloß nich, dass sie dir glauben werden.". "Sei still!". Manu drückte mich fester und strich über meinen Rücken. "Ich will zu Andy, wo ist er überhaupt?".

Ich ließ Manu los und sah mich suchend um. "Sie haben ihn des Saals verwiesen, er darf nicht mehr reinkommen.". Ich schüttelte leicht den Kopf und sah Manuel weinend an. "Ich brauch ihn hier.". Er nickte leicht und seufzte. "Ich lass euch kurz alleine, jemand möchte etwas von mir.". Timo legte mir kurz die Hand auf die Schulter und verließ eilig den Saal. "Du machst das super Chris", flüsterte Manu sanft und sah mich an. "Ich bin gleich dran mit Aussagen und deine Ärztin auch noch, wir packen das. Er kommt damit nicht durch.". Stumm nickte ich und kuschelte mich erneut an seine Brust. "Was wenn doch Manu?". "Denk da nicht dran.".

Mit einem sanften Kuss verabschiedete er sich als Timo wieder da war und nahm schon seinen Platz ein. Wir besprochen uns noch bis die Richterin erneut den Saal betrat und die Verhandlung fortgesetzt wurde. Die Beweisbilder aus dem Krankenhaus wurden nun aufgeführt und besprochen, die Ärztin sagte ebenfalls über meinen Zustand aus und erläuterte die Verletzungen und die Art, wie sie mir zugefügt wurden. All das hörte ich nicht, ich wollte es nicht hören und hatte mich weggedreht. Timo stellte noch einige Fragen, ebenso wie Marcels Anwalt und doch konnte ich erkennen, wie die Richterin sich immer weiter einlullen ließ und schon gar nicht mehr auf unsere Aussagen einging.

Seufzend strich ich mir durchs Haar als gerade Manu aufgerufen wurde. "Herr Josting, bitte.". Er ging an uns vorbei und setzte sich, auch er musste schwören die Wahrheit zu sagen. "Herr Josting, in welcher Beziehung stehen Sie zu den beiden Herrschaften?". "Ich kenne Herr Hofmann nicht persönlich, nur aus Erzählungen.". Er spielte nervös mit seinen Fingern, das tat er immer wenn er sich unsicher war. "Und Herrn Reinelt?". "Er ehm-", ich konnte ihn durchatmen sehen, "-er ist mein Partner.". Timo nickte und begann nach der Nacht zu fragen.

"Er sollte mir schreiben wenn er heim ist, diese Nachricht kam jedoch nie. Ich machte mir also Sorgen und fuhr gegen ca. 5 Uhr zu ihm, wo ich die Wohnung als Schlachtfeld wiederfand. Sachen lagen verstreut, das Wohnzimmer war total durchwühlt und dann kam ich ins Schlafzimmer und-". Schwer atmend brach er ab. "Er lag auf dem Boden vor seinem Bett, nackt und voller Blut.". Seine Stimme wurde brüchig: "Er hatte total Panik vor mir, hat gezittert und wir haben fast eine Stunde gebraucht ehe wir ins Krankenhaus fahren konnten.". Timo nickte ihm leicht zu und ich konnte den nun wieder interessierten Blick der Richterin sehen.
Absofort stand Aussage gegen Aussage. Sowohl Manuels Schilderung als auch die meiner Ärztin stimmten über ein, jedoch galt dies auch für Marcels und Ninas. Während Manu von Herrn Krüger noch befragt wurde und ich Marcels triumphierendes Grinsen beobachten konnte, bereitete sich im Hintergrund jedoch eine weitere Person auf die Aussage vor.
Welche Aussagekraft diese Person tatsächlich hatte, konnte jetzt noch niemand wissen.

Straight Against The FeelingsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt