📍Jungkook
Taehyung greift auf einmal meinen Ärmel, so sachte, dass ich es fast nicht bemerke. Ich drehe mich zu ihm. Er sieht gestresst aus und fummelt hastig mit dem Arm an seiner Hosentasche. „Alles Gut?", frage ich.
So wie ich stehenbleibe, rempeln mich Personen von der Seite an. Ich stelle mich enger an ihn, damit wir keine Blockade inmitten des Gehwegs darstellen. Meine Brust drückt sich gegen seine Schulter. Ich spüre seinen Körper fast gar nicht, denn er trägt viele Stoffschichten und es ist weich.
Einen Inhalator zieht er hervor und benutzt ihn. Seine Finger lösen sich von meinem Parka und er zeigt mir, dass ich warten soll.
„Ja", sagt er nach einer Weile. Er antwortet auf meine Frage. Ja, mir geht es gut. Aber er sieht gar nicht so aus. „Sicher?" Vielleicht sind es auch nur die Schläuche, an die ich mich gewöhnen muss.
„Ja. Alles Gut." Er schüttelt meine Nachfrage mit der Hand ab. Beschwerlich atmet er ein, nach einigen Atemzügen reguliert es sich jedoch wieder.
Ich will ihn fragen, was das war. Ich rede nicht gerne darüber, kommen mir seine Worte in den Kopf. Ich muss mich zusammenreißen ihn nicht länger anzustarren, bevor er sich noch aufregt. Ich soll ihn doch wie einen normalen Menschen behandeln. Das sollte ich.
Taehyung scheint es peinlich zu sein, denn er redet nicht mehr mit mir. Wir kommen unter dem großen Weihnachtsbaum an und bleiben stehen.
Er schaut hoch und mustert die Weihnachtskugeln. „Paare küssen sich hier", bemerke ich und deute auf den Mistelzweig, der über uns hängt. Mit seinen drei Ästen teilt er uns mittig, wie eine Barriere, die zwischen uns steht. Was ist diese Barriere? Und warum fühle ich mich trotz ihr, dir so angezogen?
„Hm?" Er versteht mich nicht, so abwesend wie er ist. Vielleicht spreche ich auch zu leise.
„Paare küssen sich hier", wiederhole ich lauter und zeige mit dem Finger nach oben. Sein Blick folgt ihm. „Ein Mistelzweig", bemerkt er.
„Ja."„Du bist irgendwie anders", sage ich.
„Wie meinst du das?" Kein blöder Kommentar, kein ja und nochmals ja. Ich denke aber ja.„Das muss ich noch rausfinden."
Da steht er vor mir und sieht mich einfach nur an. Unergründlich, nachdenklich, als würde er in meinem Gesicht nach etwas suchen, es aber nicht finden. Er zieht sein Handy aus seiner Manteltasche und ließt die Uhrzeit ab: „18:57 Uhr."
„Du musst los, oder?", frage ich.
„Ja." Ja.Wir gehen den Weg zurück zur Busstation. Als wir neben dem Halteschild warten, stoße ich mich immer wieder von der Ferse auf die Zehen und andersherum. An Taehyungs Augen erkenne ich, dass er müde ist.
Der Bus kommt, wir sitzen wie bei der Hinfahrt vorne. Nachhause brauche ich von hier eine Dreiviertelstunde, er zehn Minuten weniger.
Es dauert nicht lange und seine Augen fallen zu. Knittern meines Parkas, sein Kopf rutscht auf meine Schulter. Kaum Gewicht und ich höre kein Atmen. Ob es ihm gutgeht, so auf meiner Schulter? Ist sie bequem? Weich wie ein Kissen? Mein Parka ist nur wenig gepolstert, da mir nur selten kalt ist. Gerade wünschte ich aber, er hätte echte Federn implantiert.
Ich halte meine Hand vor seine Nase. Da, sachte trifft Luft auf sie. Erleichtert lasse ich sie sinken. Auf dem Sitz liegt sie nun wenige Zentimeter von seinem Bein entfernt. Meine Gedanken sind leer, als ich seine Oberschenkel anstarre.
Das zweite Mal diese Woche.Zwei Stationen vor seiner tippe ich ihn am Arm. Rasch zieht er seinen Kopf hoch und schaut mich verschlafen an. Ich weißt nicht, was ich sagen soll, also halte ich mich pragmatisch: „Du musst gleich aussteigen."
„Woher weißt du, wo ich wohne?"
„Erik", sage ich nur.
„Ach ja," er reibt sich das Gesicht - „stimmt."Ich stehe auf um ihn rauszulassen. Zum Abschied lächle ich ihm nur zu, was er nicht erwidert. „Tschüss", sagt er nur und verschwindet in der Dunkelheit. Wie ein Schatten fügt er sich in sie ein und als ich weiterfahre, spüre ich noch immer seinen Kopf an mir.
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Hitze | Vkook
FanfictionLuft, Sauerstoff, Co2 - etwas, das jeder Mensch zum Leben braucht. Taehyung fehlt es, denn er ist krank. Kalt - Das ist das Erste, was Jungkook über seinen neuen Mitschüler denkt. Der aufgeschlossene neunzehnjährige ist fasziniert von ihm, nicht zu...