Hitze | Vkook

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📍Taehyung

Die Schulwoche zieht sich und ist ungewohnt stressig. So kurz vor den Klausuren scheint jeder eilig durch den Schulflur zu wollen und meint mich dabei anrempeln zu müssen. Erst am Freitag muss ich mich nicht hüten.

In der Mittagspause hält mich Seungmin im Flur auf. „Bist du später beim Weihnachtsmarkt von unserer Schule?", fragt er.

Der Weihnachtsmarkt beginnt um 17 Uhr. Eltern backen Kuchen und Kekse, die wir zusammen mit heißer Schokolade und alkoholfreiem Glühwein verkaufen. Die unteren Jahrgänge lesen Gedichte vor, ich glaube um 18:30 Uhr ist auch eine Chor-Aufführung mit anschließender Band.

Meine Mutter hat zwei ganze Bleche Lebkuchen gebacken, den ich nachher verkaufen muss. Auf der Liste, die am schwarzen Brett aushängt, habe ich mich für 17:00-17:30 Uhr eingetragen. Es war Pflicht in irgendeiner Weise an der Schulveranstaltung teilzuhaben. So bin ich früh raus und kann früh Nachhause, zumindest für Verkaufs-Verhältnisse, der erst ab dieser Uhrzeit startet. Denn eher Schulklassen betreuen, wollte ich wirklich nicht.

„Ja, aber nur am Anfang", antworte ich.
„Cool, ich auch."

Mir fällt erst jetzt auf, dass Seungmin einen Lacrossestick in der Hand hält. „Spielst du?", frage ich und nicke zum Schläger.

„Mmh, in Vancouver war ich sogar im Kader. Nach der Pause habe ich ein Probetraining, da muss ich mich fürs Schulteam behaupten." Er sagt es theatralisch, ich merke ihm aber an, wie viel es ihm bedeutet.

„Na dann, viel Erfolg."
„Danke. Bis später!" Er winkt mir zum Abschied zu und eilt den Flur hinunter, ehe er im Sporttrakt verschwindet.

Am Nachmittag habe ich eine Doppelstunde Englisch. Analyse von Shakespeares Hamlet, langweiliger geht es nicht. Heute Abend muss ich eine Zusammenfassung und Interpretationsansätze googeln, ansonsten verstehe ich nur Bahnhof von dem Stück.

Das Buch fällt mir fast aus der Tasche als ich zur Aula gehe, um den Lebkuchen von meiner Mutter abzuholen. Nur gerecht, denke ich.

„Wo ist Erik?", fragt sie als wir uns treffen und drückt mir eine große Tupperdose in die Hand.
„Beim Lacrossetraining. Wenn du ihn sehen willst, musst du zum Sportplatz hinter die Schule."
„Schon Gut, ich finde das ehrlich gesagt nicht all zu interessant." Sie zwinkert mir unauffällig zu.

Dankbar zucken meine Mundwinkel nach oben. Immerhin bin ich nicht der einzige in unserer Familie, der nichts mit Lacrosse anfangen kann.

„Ich komme dann gegen 17 Uhr wieder."
„In Ordnung, bis dann."

Ich setze mich auf eine Sitzbank an der Fensterwand und baumle vor der Heizung mit den Beinen, während Schüler des Aufbaudienstes Tische und Stühle von Klassenräumen in die große Halle tragen. Ich stöpsle mir meine Air Pods ein und höre die Acoustic Chill-Playlist von Apple Music, bis es kurz vor 17 Uhr ist und ich mich zu den fertigen Ständen begeben muss.

Ich öffne die Tupperdose und stelle das Preisschild auf. Eine bunte Lichterkette liegt geschwungen auf dem Tisch, sodass ich sie etwas beiseite schieben muss, um den Lebkuchen abzustellen.

Nach zehn Minuten merke ich, dass es wirklich entspannter ist als ich dachte. Ich nehme auf einem Stuhl platz und muss gerade mal alle zwei Minuten irgendwelche Eltern oder Schüler abkassieren. „Der schmeckt richtig lecker!", sagt eine Schülerin aus meinem Jahrgang. Langes, schwarzes Haar - Ich glaube sie heißt Marie. Aus ihrer Tasche ragt ebenfalls Hamlet heraus. Im Gegensatz zu meinem kleben dutzend kleine bunte Zettelchen in ihrem Buch. Das muss ich auch noch machen.

„Hat meine Mutter gebacken", entgegne ich.
„Deine Mutter kann aber toll backen."
„Danke, werde ich ihr ausrichten."

Sie verabschiedet sich und dreht sich nochmal zu mir, nachdem sie schon ein paar Meter gelaufen ist.